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#Wie Berlin für arabische Intellektuelle im Exil zur wichtigsten Stadt wurde

Wie Berlin für arabische Intellektuelle im Exil zur wichtigsten Stadt wurde

Für viele jüdische Menschen in den 1930er-Jahren war New York die Rettung. Lateinamerikanische Verfolgte flüchteten in den 1970er-Jahren nach Paris. Für Menschen aus dem Nahen Osten, Vertriebene, Geflüchtete und Ausgewanderte, verheißt hingegen Berlin Freiheit – als Wahlheimat und Zufluchtsort. Die Stadt ist zentral für arabische Intellektuelle und Kulturschaffende. Vier von ihnen hat Alex Pichaloff getroffen.

Der ägyptisch-australische Soziologe Amro Ali hat die arabische Kulturszene Berlins in den letzten Jahren aufblühen sehen. Foto: Persönliche Aufnahme
Der ägyptisch-australische Soziologe Amro Ali hat die arabische Kulturszene in Berlin in den letzten Jahren aufblühen sehen. Foto: Persönliche Aufnahme

Mit dem 11. September 2001 kam das Interesse

Leila Chammaa war es nie gewohnt, in Berlins aktivster und beliebtester Szene zu leben. Als Studentin der Islamwissenschaft und Arabistik an der HU Berlin in den späten 1980er-Jahren entschied sie sich damals, in den Arabisch-Kursen der Volkshochschule zu unterrichten. „Ich habe dort angerufen und sie haben gesagt: ‚Die Volkshochschule in Wilmersdorf ist die einzige, die einen Arabisch-Kurs anbietet, aber das reicht, mehr brauchen wir nicht!‘“

Chammaa brachte das nicht aus der Ruhe. Nachdem sie die Universität in den frühen 1990er-Jahren abgeschlossen hatte, begann die heute 55-Jährige – die in Beirut geboren, jedoch mit zehn Jahren nach Berlin gezogen war – literarische Arbeiten vom Arabischen ins Deutsche zu übersetzen. Sehr gefragt waren ihre Kenntnisse nicht. „Damals war das Interesse an arabischer Literatur marginal. Es gab nur sehr wenige Leute, die interessiert daran waren, und mit Blick auf mein Einkommen dachte ich schnell, dass ich das Falsche studiert hatte“, sagt sie lachend.

Die Situation änderte sich erst mit den Anschlägen vom 11. September 2001. Bei dem aufkommenden Interesse der Leute ging es jedoch lediglich darum, arabische Bücher zu lesen, um zu verstehen, was in New York passiert war, und nicht um aufrichtiges Interesse an Strömungen der arabischen Literatur. Ein weiteres Jahrzehnt verging, bis sie eindeutige Veränderungen bemerkte. Nach der Gegenreaktion auf die Serie von Aufständen gegen autoritäre Regierungen im Nahen Osten und Nordafrika, die Ende 2010 und 2011 stattfanden und als Arabischer Frühling bekannt wurden, waren viele Kritiker:innen gezwungen, ihre jeweiligen Länder zu verlassen.

Plötzlich gab es eine arabische Literatur-Szene in Berlin

Daraufhin kamen viele arabischsprachige Menschen nach Berlin und brachten ihre Liebe für Literatur mit sich. „Auf einmal entstand eine richtige Szene, die die es vorher nicht gegeben hatte“, sagt Chammaa. „Es gab Zeiten, da konnte ich nicht an Events oder Lesungen teilnehmen, weil ich bereits bei einer anderen Veranstaltung in der Stadt war. Zuvor war es bereits großartig, wenn es ein oder zwei arabische Literatur-Events im Jahr gab.“

Chammaa war jedoch nicht die Einzige, die diese Veränderungen bemerkte. Während eines Berlin-Besuchs im Herbst 2011 erhielt der ägyptisch-australische Soziologe Amro Ali einen ersten Vorgeschmack auf Berlins noch entstehende arabische Kulturszene. Als er 2015 für ein Stipendium des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zurückkehrte bemerkte er die offensichtlichen Veränderungen. „Es war die Kombination aus kleinen Dingen: Du konntest zu einem Theaterstück gehen, dann zu einer Kunstausstellung, dann zu einer Filmvorführung“, sagt er. „Ich wurde gebeten, Veranstaltungen zu moderieren. Ich sah, wie sich viele Dinge herauskristallisierten und zeigten, was sie sein könnten.“

Arabischer Frühling an der Spree

Vieles war seit Alis erstem Besuch in Berlin geschehen. Die Proteste in der arabischen Welt, die 2011 so vielversprechend waren in vielen Ländern zum Teil brutal niedergeschlagen worden, und viele der Menschen, die auf mehr Rechte und Freiheiten drängten, fanden sich schließlich aus ihren eigenen Ländern vertrieben. Die Regime nahmen viele Künstler:innen, Schriftsteller:innen, Aktivist:innen und andere arabische Intellektuelle ins Visier – viele von ihnen landeten in Berlin. Als dann die Konflikte außer Kontrolle gerieten, bot Bundeskanzlerin Angela Merkel Asylsuchenden eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung. Mehr als eine Millionen Menschen kamen – hauptsächlich aus Syrien – allein im Jahr 2015 nach Deutschland.

Kulturelles Kraftzentrum der arabischen Exilwelt

Während sich Horror und Tragödien in den Herkunftsländern abspielten und viele Menschen auf ihrem Weg nach Europa traumatisiert wurden, wuchs die arabische Bevölkerung in Berlin und führte zu einem beispiellosen Ausbruch kultureller Aktivitäten. Neben Theaterstücken, Filmen und Kunstausstellungen gab es eine Reihe von ersten Malen – von „Abwab“, Europas erster arabischsprachiger Online-Zeitung, die 2016 online ging, bis zu Baynatna, der ersten arabischen Bibliothek, eröffnet im selben Jahr. Obwohl die Stadt seit langem eine große arabische Population – vor allem aus Palästina und dem Libanon – beherbergt, entwickelt sie sich nun zu einem kulturellen Kraftzentrum in der arabischen Exilwelt.

Ali beobachtete die Entwicklungen mit dem Auge eines Soziologen. Eines Tages, während er in einem Kreuzberger Café saß, entdeckte er ein Buch auf einem Tisch. Das historische Werk, das er sah, stammte vom australischen Autor Stuart Braun, der nun in Berlin lebte, und hieß “City of Exiles”. „Ich sah den Titel und verband ihn mit allem“, sagt Ali. „Denn das ist es, was Berlin ist – eine Stadt der Vertriebenen. Also verknüpfte ich diese Idee mit allen Ereignissen, die um mich herum geschahen.“ Dies brachte ihn dazu, den Essay „On the Need to Shape the Arab Exile Body in Berlin“ zu schreiben, der im Januar 2019 vom Online-Magazin „dis:orient“ veröffentlicht wurde.

In seinem Essay vertritt Ali den Standpunkt, dass so wie New York in den 1930er-Jahren ein Zufluchtsort für jüdische Exilant:innen auf der Flucht aus Nazideutschland war und Paris lateinamerikanischen Intellektuellen in den 1970er- und 1980er-Jahren Schutz bot, Berlin die Stadt der Wahl für arabische Intellektuelle ist geworden ist, die aus ihren Ländern vertrieben wurden.

Andere Städte sind zu starr und zu teuer

Viele hätten erwartet, dass nach 2011 Städte mit großem arabischen Bevölkerungsanteil wie London, Paris, New York und Istanbul die Exil-Zentren wären. Ali argumentiert jedoch, dass Berlin genau aufgrund seiner blühenden Kultur und einzigartigen Geschichte politischer Proteste es geschafft hatte, alle anderen Städte zu übertrumpfen. „Die Besonderheit an Berlin ist die junge, mobile Bevölkerung. Somit unterscheidet sie sich von älteren Städten, wie Paris, New York und London, die starrer, viel zu teuer und sehr institutionalisiert sind – sie sind sehr old school. In den anderen Städten gibt es nicht diese rigorose Bewegung wie in Berlin.“

Ali ist nicht der Einzige, der diese Einstellung teilt. „Traditionell war Paris das Mekka für Menschen aus Syrien, das früher eine französische Kolonie war“,sagt die 43-jährige syrische Filmemacherin, Dramatikerin und Dichterin Liwaa Yazji. „Viele Intellektuelle hatten gute Beziehungen und ein Standbein dort. Aber im Großen und Ganzen habe ich das Gefühl, dass die ältere Generation nach Frankreich gegangen ist und die jüngere nach Berlin geht.“

Der Flug eines Dichters in die Freiheit

Der Dichter und Journalist Ramy al-Asheq war Mitbegründer des deutsch-arabischen Kulturmagazins Fann, arbeitete als Kurator am Literaturhaus Berlin und baute das Festival Arabisch-deutsche Literaturtage mit auf. Foto: Persönliche Aufnahme
Der Dichter und Journalist Ramy al-Asheq war Mitbegründer des deutsch-arabischen Kulturmagazins „Fann“, arbeitete als Kurator am Literaturhaus Berlin und baute die arabisch-deutschen Literaturtage mit auf. Foto: Persönliche Aufnahme

Obwohl die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung im Jahr 2015 ein wesentlicher Faktor für die Verwandlung der Stadt in ein wichtiges arabisches Exilzentrum war, so war das nicht die einzige Ursache. Bereits vor dem Konflikt 2015 kamen zwischen 2011 und 2014 circa 80.000 Syrer:innen nach Deutschland. Die Regierung gewährte bestimmten verfolgten Personen aktiv Asyl – wie zum Beispiel dem syrischen Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivisten Anwar al-Bunni und dem türkischen Journalisten Can Dündar.

Aufgewachsen im Flüchtlingslager

Genauso erhielt der Dichter und Journalist Ramy al-Asheq Unterstützung von den Behörden. Als Sohn eines palästinensischen Flüchtlings und einer syrischen Mutter wuchs der heute 32-jährige im Flüchtlingslager Jarmouk am Rand von Damaskus auf. Er erinnert sich an das Lager – welches 2018 im Kampf zerstört wurde – als einen ungefähr zwei Quadratkilometer großen Schmelztiegel voll politischer Energie. „Es war sehr multiethnisch, multireligiös und multisektiererisch“, sagt al-Asheq. „In gewisser Weise war es ein Ort, an dem man sich organisieren und über Politik sprechen konnte; nicht komplett frei von Diktatur, aber mit einem gewissen Maß an Freiheit. Viele politische Bewegungen haben sich dort tatsächlich versteckt oder getroffen.“

Nachdem er 2011 über regierungsfeindliche Demonstrationen berichtete, wurde al-Asheq von den Behörden verhaftet und verbrachte kurze Zeit im Gefängnis. Als er freigelassen wurde, floh er 2012 nach Jordanien. Zwei Jahre lang lebte er dort mit vier gefälschten Ausweisen, um den Behörden zu entgehen, bevor er 2014 einen Künstleraufenthalt von der Heinrich-Böll-Stiftung in Köln erhielt. Als jemand, der staatenlos geboren wurde, war seine Reise nach Deutschland jedoch nicht ganz einfach, und obwohl er unter deutschem Schutz stand und die Erlaubnis hatte, Jordanien zu verlassen, war al-Asheq nervös, als sein Flugzeug von Amman abhob.

„Also blieb ich still und dachte ‚Fuck it!’“

„Ich hatte Angst, bis zu dem Moment, als mein Flugzeug in Düsseldorf landete. Ich befürchtete, dass das Flugzeug jeden Moment umdrehen und die mich zurück nach Jordanien bringen würden”, sagt er. „Außerdem war es mein erster Flug in einem Flugzeug. Ich hatte vom Luftdruck ziemlich starke Kopfschmerzen bekommen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte mich nicht beschweren, wollte nicht schreien, obwohl ich ziemliche Kopfschmerzen hatte. Ich wollte die Aufmerksamkeit nicht auf mich ziehen. Also blieb ich still und dachte ‚Fuck it!’”, fügt er lachend hinzu.

Nach zweieinhalb Jahren in Köln zog er 2017 nach Berlin. Mit seiner großen Brille und den lockigen schwarzen Haaren macht al-Asheq eine auffällige Figur, aber es ist seine Arbeit, die die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Seit 2014 hat er fünf Gedichtbände auf Arabisch veröffentlicht, einige wurden ins Deutsche und Englische übersetzt. Seine Werke erschienen in zahlreichen Sammelbänden. Al-Asheq unterstützt ebenfalls interkulturelle Projekte: So war er Mitbegründer des deutsch-arabischen Kulturmagazins „Fann“, arbeitete als Kurator im Literaturhaus Berlin und half beim Aufbau der arabisch-deutschen Literaturtage.

Für arabische Intellektuelle ist Berlin wichtiger als New York

Während viele – wie al-Asheq – Deutschland als Zufluchtsort sahen, entschieden sich andere aus freien Stücken für Berlin. So etwa Liwaa Yazji. Als Kind syrischer Eltern in Moskau geboren und später in Aleppo und Damaskus aufgewachsen, lehnte 2015 die Gelegenheit ab, in New York zu bleiben, als sie einen dreimonatigen Aufenthalt in der berühmten literarischen Institution, dem Poets House, absolvierte.

„Das war sehr zuvorkommend, hätte ich länger bleiben wollen“, sagte sie. „Aber ich hatte das Gefühl, zu weit weg vom Ort des Geschehens zu sein.“ Der Ort des Geschehens war damals Berlin. 2015 war der Höhepunkt der Flüchtlingsaufnahme in Deutschland, und Yazji – obwohl sie selbst keine Geflüchtete war – hatte den Plan, eine Fernsehserie zu drehen, die auf den Erfahrungen der Geflüchteten basierte, die im ehemaligen Flughafen Tempelhof untergebracht waren. Als regelmäßige Besucherin von Film- und Theaterveranstaltungen in Europa hatte sie Anspruch auf ein Visum für Vielreisende im Schengen-Raum. Nachdem sie ein dreijähriges Visum erhalten hatte, zog Yazji nach Berlin.

In Syrien wird sie auf Schritt und Tritt überwacht

Anders als diejenigen, die zunächst in Tempelhof untergebracht waren, ist Yazji nicht komplett aus ihrem Land vertrieben. Zwar ist sie eine Kritikerin der syrischen Regierung von Bashar al-Assad, doch ihre Mutter Salwa Abdullah ist derzeit Syriens Ministerin für Arbeit und Soziales, was ihre Geschichte besonders kompliziert macht. „Ich habe immer noch die Möglichkeit, zurückzugehen, aber jedes Mal ist es ein Risiko“, sagt sie. „Trotz der politischen Ausrichtung meiner Familie muss ich immer noch sehr vorsichtig sein, wenn ich dort bin. Im Grunde muss ich an Ort und Stelle bleiben oder, wenn ich mich bewege, jeden meiner Schritte beobachten“, erklärt sie. „Als ich das letzte Mal dort war, um einen Film zu drehen, bekam ich Nachrichten von den Sicherheitsdiensten, die mir sagten, ich solle aufhören, was ich tue. Es wurde immer gefährlicher, also habe ich das Land verlassen.“

Aufgewachsen in Aleppo und Damaskus, wurde Liwaa Yazjis Stück "Goats" 2017 am Royal Court Theatre in London uraufgeführt. Foto: Florian Reimann
Aufgewachsen in Aleppo und Damaskus, wurde Liwaa Yazjis Stück „Goats“ 2017 am Royal Court Theatre in London uraufgeführt. Foto: Florian Reimann

Auch wenn sie in Syrien nicht frei arbeiten kann, bleibt das Land doch die überwältigende Inspiration für ihre Arbeit. Inspiriert von den Ziegen, die den Familien toter syrischer Soldaten als Entschädigung gegeben wurden, wurde 2017 ihr Theaterstück Goats am Royal Court Theatre in London uraufgeführt. Ihre TV-Serie Heim, die auf den Flüchtlingen in Tempelhof basiert, erhielt Fördergelder des Doha Film Institute und wird derzeit in Deutschland produziert. „Obwohl ich die Menschen hier anspreche, möchte ich nicht damit aufhören, die Menschen in Syrien anzusprechen. Ich habe das Gefühl, dass das eine sehr wichtige Orientierung für mich ist, und der Ort, an dem ich Inspiration für meine Arbeit bekomme“, sagt sie.

Arabische Intellektuelle in Berlin sind kein einheitlicher Block

Während Berlin als neues kulturelles Zentrum für arabische Exilant:innen gefeiert wird und dabei mit berühmten früheren Gemeinschaften emigrierter Intellektueller verglichen wird, gibt es einige wichtige Faktoren, die Berlin heute von seinen historischen Vorgängern unterscheidet. „Bei den vergangenen Gruppen hatte ich das Gefühl, dass es eine Ideologie gab, die sie als Block vereinte, aber das sehe ich hier nicht“, sagt Yazji.

„Ich sehe keine literarischen Salons, ich sehe keine Treffen, ich sehe nicht, dass wir Clubs bilden und zusammenarbeiten und so weiter. Ich sehe mehr individuelle Erfahrungen. Natürlich arbeiten einige Leute zusammen oder versuchen, etwas Gemeinsames zu schaffen, aber im Allgemeinen präsentieren wir uns der Stadt nicht als eine Einheit, wie es bei den alten intellektuellen Diasporagemeinschaften der Fall war.“

Al-Asheq stimmt zu und bemerkt, dass die mehr als 200 arabischen Schriftsteller:innen in Deutschland zahlreich genug wären, um einen einflussreichen Verband oder eine Schriftsteller:innenvereinigung im Exil zu gründen. „Aber diese große Anzahl von Autoren oder Künstlern zu haben, ist nicht immer positiv. Viele der Autoren, Künstler, Kulturschaffenden – sie arbeiten nicht wirklich zusammen, sie bekämpfen sich gegenseitig. Sie denken, dass der Erfolg des anderen ihre eigene Niederlage bedeutet.“ Vieles davon, so al-Asheq, hat mit den traumatischen Ereignissen zu tun, die viele erlebten.

Die Unterstützung für arabische Initiativen geht zurück

„Wir kommen aus einer besiegten Gesellschaft, das sollten wir nicht vergessen. Menschen aus besiegten Gesellschaften haben eine schwierige und sehr spezielle Art, sich zu verteidigen: einen Mechanismus, bei dem sie um ihre eigene Existenz kämpfen“, sagt er. „Und das ist verständlich, das ist ganz normal, würde ich sagen. Wir kommen aus einer Katastrophe, wir haben immer noch einen Traum, aber wir wollen etwas erreichen.“ Aber das ist nicht die einzige Herausforderung. Al-Asheq merkt an, dass nach einem Anstieg des Interesses im Jahr 2015 die Unterstützung für viele arabische Kulturinitiativen in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, sodass viele ohne Finanzierung dastehen.

Trotz der Herausforderungen ist Ali der Meinung, dass Zusammenarbeit unerlässlich ist, wenn diese Exilgemeinschaft ihr volles Potenzial ausschöpfen soll. Er glaubt, dass die arabischen Intellektuellen in Berlin aus dem „Autopiloten-Modus“ herauskommen und eine Form, eine Gestalt oder einen Auftrag entwickeln müssen, um ihre kreative Energie zu bündeln und sie auf ein gemeinsames Ziel zu lenken. „Es gibt eine Menge Talent in Berlin, und das kann für etwas genutzt werden“, argumentiert er. „Es muss nicht heißen ‚Schritt A führt zu Schritt B‘, es geht eher darum, Bedingungen zu schaffen, damit etwas Besseres entstehen kann. Es könnte eine Denkweise sein, eine ideelle Bewegung oder eine Philosophie.“

„Politische Ideen sterben nie, sie machen einen Umweg“

Und obwohl es schon zehn Jahre her ist, dass Demonstrant:innen in der ganzen arabischen Welt auf die Straße gingen, um Reformen und größere Freiheiten zu fordern, glaubt Ali, dass der Geist der Bewegung lebendig ist und dass die Exilant:innen in Berlin ihren Teil dazu beitragen könnten, eines Tages ihre Ziele zu verwirklichen.

„Was 2011 passiert ist, ist immer noch bei uns. Es gab eine Bewegung von unten, die demokratisch, pluralistisch ist, die Räume für verschiedene Gruppen öffnet und versucht, die Welt besser zu machen“, sagt er. „Politische Ideen, die in die Welt getragen werden, sterben nie, sie machen einen Umweg. Vielleicht geraten die Ideen, Visionen und Praktiken, über die wir jetzt diskutieren, für 20 Jahre in Vergessenheit, aber dann könnten sich die Umstände wieder ändern und sie wieder zum Leben erweckt werden. Sie müssen da sein, sie müssen präsent sein, selbst wenn sie vorerst nur Staub ansammeln.“

  • Den Originaltext aus unserem englischsprachigen Schwestermagazin Exberliner findet ihr hier.

Mehr zum Thema

Unser Autor Yazan Natour hat Geschichten von der Flucht aufgeschrieben – auch von seiner eigenen. Was bedeutet Heimat? Wir haben einige Berliner:innen zu ihrer (Wahl-)Heimat Berlin befragt. Zwei LGBTI+ Geflüchtete aus Syrien erzählen uns ihre Geschichte und wie sie in Berlin frei leben können. Nicht nur arabische Intellektuelle zieht es an die Spree. Mit Chikiss sprachen wir über ihre Musik und die Diktatur in Belarus.

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