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#Die Bilanz eines Bauministers in Teilzeit

Die Bilanz eines Bauministers in Teilzeit

Kommt er, oder kommt er nicht? Das war in den vergangenen Jahren die spannende Frage, wenn Horst Seehofer (CSU) in seiner Funktion als Bundesbauminister zu einer Veranstaltung der Immobilienwirtschaft eingeladen war. In den Programmen war sein Name regelmäßig zu finden, doch auf der Bühne stand am Ende oft einer seiner Staatssekretäre, weil sich wieder ein wichtiger innenpolitischer Termin in den Kalender des Ministers geschoben hatte. An diesem Dienstag aber wird sich Seehofer den Auftritt wohl nicht nehmen lassen. Diesmal hat er selbst eingeladen: zu einer „Bilanz der Wohnraumoffensive“ der großen Koalition. Dass die aus seiner Sicht gut ausfällt, hat er schon durchblicken lassen. Das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen innerhalb der Legislaturperiode werde erreicht.

Julia Löhr

Der Blick in die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigt allerdings: Diese Bilanz lässt sich nur mit einem Rechentrick ziehen. Im Jahr 2018 wurden 287.000 Wohnungen in Deutschland fertig, im Jahr darauf 293.000. Die Daten für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor, die für 2021 kommen erst nächstes Jahr, aber selbst wenn die Zahlen weiter nach oben gehen, wird die Zielmarke von 375.000 neuen Wohnungen im Jahr wohl nicht erreicht.

Seehofers Ministerium füllt diese Lücke, indem es den sogenannten Bauüberhang mit einrechnet. Dahinter verbergen sich die schon genehmigten, aber noch nicht gebauten Wohnungen. 600.000 bis 700.000 Wohnungen sollen das sein. Doch selbst Abgeordnete aus der Union sehen solche Zahlenspiele kritisch. „Es hat keinen Boom bei den Baufertigstellungen gegeben, das muss man ehrlich sagen“, konstatiert Jan-Marco Luczak, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Dabei wäre er dringend notwendig gewesen, um die Probleme auf dem Mietmarkt zu lösen.“

Eigentumswohnungen um ein Drittel teurer geworden

Dass der Immobilienmarkt vor allem in den großen Städten weiter angespannt ist, zeigt eine Auswertung des Analysehauses Empirica. Bis auf Berlin, wo seit einem Jahr der Mietendeckel gilt, sind die inserierten Mieten für Bestandswohnungen in den sieben größten deutschen Städten seit dem Antritt der großen Koalition Anfang 2018 weiter gestiegen. Zwischen 4 und 11 Prozent bewegt sich der Zuwachs. Noch stärker fällt der Preisauftrieb bei den Eigentumswohnungen aus: Diese haben sich teils um ein Drittel verteuert (siehe Grafik). Die Bundesbank warnte am Montag abermals, die Immobilienpreise lägen in den Städten zwischen 15 und 30 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau.

Allerdings beobachten Immobilienökonomen auch Anzeichen einer Besserung. In den sogenannten Schwarmstädten, in die es in den vergangenen Jahren viele Zuzügler zog, liegen die Mieten nicht mehr ganz so weit über dem bundesweiten Durchschnitt wie noch vor einigen Jahren, berichtet Empirica-Vorstandschef Reiner Braun. Diese Trendwende habe schon im dritten Quartal 2018 eingesetzt, also noch bevor die damaligen Beschlüsse des Wohngipfels der Bundesregierung ihre Wirkung entfalten konnten. Braun führt das auf die veränderte Nachfrage – die sich aus den Städten heraus Richtung Umland verlagert – und auf die schon erfolgten Fertigstellungen zurück. Für ihn zeigt das: „Der Markt regelt das – nur eben sehr langsam, weil das Angebot für baureifes Land von den Kommunen gesteuert wird und das zu langsam geht.“

Vier bis sechs Jahre Vorlauf braucht es laut Braun, um in Deutschland eine Wohnung zu bauen. Gemessen daran, dass zuletzt jährlich mehr als 300.000 Baugenehmigungen erteilt wurden, rund 100.000 mehr als vor zehn Jahren, könnte es also gut sein, dass das Angebot für Mieter oder Käufer in einigen Jahren nicht mehr so knapp ist wie aktuell. Vor allem die SPD will sich aber nicht damit abfinden, so lange zu warten. „Wohnen ist keine den Marktzwängen zu unterwerfende Ware“, sagt der baupolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Daldrup. Er würde die Mietpreisbremse in ganz Deutschland einführen und Ausnahmen für möblierte Wohnungen abschaffen. Ob die Partei mit der Forderung nach einem Mietendeckel in den Bundestagswahlkampf zieht, will sie davon abhängig machen, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum entsprechenden Berliner Gesetz ausfällt.

Seehofer hat noch einige Baustellen offen

Erst mal berät der Bundestag über das Baulandmobilisierungsgesetz aus Seehofers Ministerium. Der von Naturschützern heftig kritisierte Paragraph 13b, der das Bauen angrenzend an bestehende Wohngebiete erleichtert, soll bis Ende 2022 verlängert werden. Doch das Ziel, schneller mehr bezahlbares Bauland bereitzustellen, werde mit dieser Reform des Baugesetzbuches verfehlt, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Verbands der Wohnungswirtschaft (GdW): „Ein Hauptmanko ist, dass die notwendige Beschleunigung der Genehmigungsverfahren nicht ausreichend vorangetrieben wird.“

Ebenfalls umstritten ist der Passus, dass die Aufteilung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen bis Ende 2025 nur noch mit Genehmigung der Behörden vor Ort erlaubt sein soll. Aus Sicht der SPD ist dies nötig, um Mieter vor Verdrängung zu schützen. Mit Seehofer haben die Sozialdemokraten in dieser Hinsicht einen Verbündeten. Der Bundestagsfraktion geht dieser Eingriff in die Rechte von Immobilieneigentümern hingegen zu weit. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Umwandlungsverbot in dieser Form vom Parlament beschlossen wird“, sagt Luczak.

Und dann ist da noch die Frage, wie es mit dem CO2-Preis weitergehen soll, der seit Anfang des Jahres das Heizen verteuert. Nach jetzigem Stand müssen die Mieter den Aufschlag für die Nebenkostenabrechnung zahlen. Die SPD will zumindest die Hälfte der Extrakosten auf die Vermieter übertragen. Weil es zuletzt kaum Annäherung zwischen den beteiligten Ministerien gab, könnte ein Koalitionsausschusses nötig werden, um diese Frage zu klären. Auch wenn Seehofer seine Bilanz schon fertig hat: Bis September sind in der Wohnungspolitik noch einige Baustellen zu schließen.

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