#Wie der Streit um den EU-Haushalt Polen und Ungarn spaltet
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„Wie der Streit um den EU-Haushalt Polen und Ungarn spaltet“
Vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag haben die Regierungen Polens und Ungarns noch einmal bekräftigt, dass sie eine Verknüpfung des 1,8 Billionen Euro schweren Pakets aus EU-Haushalt und europäischem Corona-Aufbaufonds mit einem Rechtsstaatsmechanismus nicht akzeptieren wollten. Beide ostmitteleuropäischen Länder hatten mit einem Veto gedroht. Am Dienstagnachmittag traf Ungarns Regierungschef Viktor Orbán überraschend zu seinem zweiten Besuch binnen acht Tagen in Warschau ein.
Gerhard Gnauck
Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.
Inzwischen erweckt allerdings die Regierung Polens den Eindruck, auf der Suche nach Kompromissmöglichkeiten zu sein. Der stellvertretende Regierungschef Jarosław Gowin sagte dieser Zeitung am Dienstag, der Ausweg könne die Verabschiedung einer „interpretierenden Erklärung“ des Mechanismus sein. Sie solle verhindern, dass der Mechanismus „künftig zu willkürlichem Druck auf immer neue EU-Länder ausgenutzt werden kann“.
Zum möglichen Inhalt einer solchen Erklärung sagte er, nicht er selbst, aber ein Teil der politischen Klasse Polens habe aufgrund immer neuer Vorstöße von EU-Institutionen zu den Rechten von LGBT-Personen die Befürchtung, dass das Land eines Tages unter Druck gesetzt werden könnte, sein Familienrecht zu ändern. Das müsse „schwarz auf weiß“ ausgeschlossen werden. „Unsere Verfassung definiert die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau. Dass die EU-Mittel als Hebel eingesetzt werden, um eine Verfassungsänderung zu erreichen, wäre für uns inakzeptabel.“
Budapest drängt auf gemeinsame Linie
Gowin erinnerte auch daran, dass sein politischer Gegner Donald Tusk sich als EU-Ratspräsident 2018 gegen die Verknüpfung der EU-Finanzen mit einem neuen Rechtsstaatsmechanismus ausgesprochen habe. „Schade, dass die anderen Politiker in der EU damals nicht auf ihn gehört haben. Seitdem ist der politische Streit in Polen eskaliert.“ Warschau sei nie gegen eine Koppelung der EU-Mittel an transparente Regeln bei deren Nutzung gewesen. Polen gilt in der transparenten und rechtmäßigen Verwendung von EU-Mitteln als führend in der Gemeinschaft, während die Bilanz Ungarns und auch der Tschechischen Republik in dieser Frage schlechter ausfällt.
Um Polen in der Vetofrage bei der Stange zu halten, verweist Budapest immer wieder auf die Rückversicherungsformel, die nach einem Treffen der Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki und Viktor Orbán Ende November festgehalten wurde: Demnach wird keine der beiden Regierungen einem Beschluss zustimmen, der für die andere inakzeptabel ist. Orbán lässt kommunizieren, auf einen EU-Budgetbeschluss vor Jahresende nicht unbedingt angewiesen zu sein.
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