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#Wie zwei Frauen Gedichte auf die Straße brachten

Wie zwei Frauen Gedichte auf die Straße brachten

Ein Kind, das nicht einschlafen will. Was manche Eltern zur Weißglut bringt, war der Beginn des Projekts: „Heute schreibe ich Geschichte, heute schreibe ich Gedichte“. Statt zum hundertsten Mal Pipi Langstrumpf vorzulesen, griff Katharina Zorn zu dem Gedichtband „Was ich mir wünsche“ von Thomas Brasch. Dessen Gedicht „Halbschlaf“ ließ sie in dieser Nacht nicht mehr los – sie hatte „Gedankenkreisen“, genau wie das vom DDR-Autor Brasch beschriebene lyrische Ich, das einfach nicht mehr weiß, wohin es soll. Zorn konnte daraufhin nicht schlafen. Ihre Tochter fragte: „Hast du ein Aua?“ Sie antwortete: „Nein Schatz, schlaf weiter, alles gut.“ Das war nicht gelogen, aber auch nicht die Wahrheit. Zorn war aufgewühlt, ging ins Wohnzimmer und griff zu ihren Notizblock. Heraus kam ein Fließtext über ihren Weltschmerz, einen verrückten alten weißen Mann in Amerika, über diese absurde Zeit und über die Pandemie.

Die eigene Gedankenwelt teilen

Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse stellten sie und ihre Partnerin, die Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer, ihr Projekt vor. Zorn, die sich in jener Nacht von ihren Gedanken befreite, fragte sich, wie es wäre, wenn sie ihre Gedankenwelt teilen würde – nicht auf Instagram, auf einem Blog oder in einem Magazin, sondern auf der Straße, wo sie jeder lesen kann, der daran vorbei geht: „Was würde derjenige dabei fühlen?“ Aus dieser Frage und den Reaktionen aus dem näheren Umfeld der beiden Projektinitiatorinnen entstanden Plakate mit Gedichten oder auch Fließtexten von verschiedensten Personen – darunter Schauspieler und Musiker –, die es Zorn gleich taten. Diese Plakate klebten zuerst in Berlin, dann auch in Frankfurt wild im Stadtbild.

Im nächsten Schritt überlegten Zorn und Bauer, wie man diese alte Form des Gedichts von der Straße ins Netz transferieren und so ihre Reichweite vergrößern könnte. „Jeder hat eine Meinung und jeder fühlt etwas, also muss auch jeder ein Teil dieses Projekt sein können“, sagt Zorn. Sie hat die digitale Schnittstelle direkt auf den Plakaten eingebaut. Dort gelangt man durch Scannen eines QR-Codes auf die Homepage des Projekts, wo man selbst ein Gedicht verfassen kann. Die alte Form des Gedichts entführt mit Hilfe einer neuen Technik in eine Welt, in der Gefühle nicht durch Emojis oder Herzen ausgedrückt werden, sondern durch Worte.

Eine Art gesellschaftlicher Gefühlsspiegel

Aus den Einreichungen ist eine Art gesellschaftlicher Gefühlsspiegel geworden. Die Stimmen kommen aus verschiedenen Communitys und sie schaffen es, dass in dieser Zeit der räumlichen Trennung Menschen wieder ein Gefühl füreinander bekommen. „Was beschäftigt dich? Was bewegt dich? Wie geht es dir heute?“ Fragen, deren Antworten in geschriebener Form, diesseits von Twitter und Social Media, zum Nachdenken anregen.

„Ist das die neue Normalität?“

Als sie in jener Nacht vor rund vier Monaten wieder schlafen wollte, legte Katharina Zorn sich zu ihrer Tochter und fragte sich, was wohl in deren Kopf vorgeht: „Wie geht es Dir, Du kleiner Mensch? Was denkt sie wohl, was hier gerade passiert? Ist das die neue Normalität? Kannte sie mit ihren drei Jahren überhaupt eine andere?“ Aus ihrem kleinen Experiment ist eine Art Bewegung entstanden, die keine kreativen Grenzen kennt und Menschen jeden Alters anspricht. Denn viele fragen sich, wie es den Kindern in diesen Zeiten geht. Ihr Projekt „Heute schreibe ich Geschichte, heute schreibe ich Gedichte“ wollen Zorn und Bauer deshalb auch in die Schulen bringen und dort herausfinden, ob auch Schüler es spannend finden, ihre Gefühle in Gedichten mitzuteilen.

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