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#Wir sollten genau hinschauen, woher unsere Früchte kommen

„Wir sollten genau hinschauen, woher unsere Früchte kommen“

Der Garten des Alkinoos, den Odysseus auf seiner Heimreise von Troja nach Ithaka besucht hatte, war für spätere Generationen ein Sinnbild märchenhafter Schönheit und immerwährender Fruchtbarkeit. Homer hat ihn im siebten Buch der „Odyssee“ verewigt: „Jenseits des Hofes aber liegt ein großer Garten, nahe dem Tor, vier Morgen groß.“ Von allen Seiten war er von einem Zaun umgeben. Dort wuchsen große Bäume, die zahlreiche Früchte trugen: Birnen und Äpfel, Feigen und Oliven, und auch Granatäpfel fehlten nicht. „Hier verdirbt niemals die Frucht, noch gibt es Mangel, weder im Winter noch im Sommer, über das ganze Jahr hindurch nicht. Sondern der ständig wehende Westwind lässt die einen Früchte wachsen und bringt die anderen zur Reife. Birne reift auf Birne und Apfel auf Apfel, aber auch Traube auf Traube und Feige auf Feige.“

Am Anfang der europäischen Literatur steht, so könnte man folgern, die Beschreibung eines Obstgartens, der Kulturpflanzen, die im gesamten Mittelmeerraum und im Vorderen Orient verbreitet und geschätzt waren, versammelt. Doch Homer hat keinen historischen Ort dokumentiert, sondern einen idealen Garten imaginiert, der die anhaltende Sorge des Phaiakenkönigs Alkinoos um die Ernährung und damit um das Wohlergehen seiner Untertanen spiegelt.

Der Umgang mit antiken Zeugnissen zu Obstbau und Hortikultur erfordert Kenntnisse über ihre literarische Funktion und auktoriale Intention. Bernd Brunner entwirft in seiner ausgesprochen kurzweiligen und aufwendig illustrierten Kulturgeschichte des Obstgartens ein beeindruckendes Panorama, das sich von den frühen Hochkulturen über das Mittelalter und die Neuzeit bis in die Gegenwart erstreckt und reiht mit stupender Belesenheit Zitat an Zitat, ohne allerdings sich und dem Leser immer über deren historischen Kontexte Rechenschaft zu geben. Solche quellenkritische Abstinenz kann gerade bei der Betrachtung vormoderner Zeiten die Grenzen zwischen Fakten und Fiktionen verwischen und anachronistische Erscheinungen in Literatur und Kunst unreflektiert fortschreiben.

Genormte Bäume sind für Krankheiten anfällig

Brunner erzählt anschaulich von der sich in der Menschheitsgeschichte kontinuierlich entfaltenden «Kunst, die Früchte zu zähmen». Wollte man etwas modischer formulieren, könnte der Titel auch «Vom Anbau des Obstes im Anthropozän» lauten, denn das durchgängige Motiv ist die mehr oder weniger erfolgreiche Gestaltung der Natur durch den Homo sapiens über Jahrtausende hinweg.

Bernd Brunner: „Von der Kunst, die Früchte zu zähmen“. Eine Kulturgeschichte des Obstgartens.


Bernd Brunner: „Von der Kunst, die Früchte zu zähmen“. Eine Kulturgeschichte des Obstgartens.
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Bild: Knesebeck Verlag

Am Beginn der Entwicklung stehen für Brunner die hoch wachsenden Dattelpalmen, die in Oasen entlang der alten Handelsrouten nicht nur Menschen, sondern auch anderen Kulturpflanzen Schatten spendeten und wohl zuerst an der Ostküste der Arabischen Halbinsel angebaut wurden. Sie lieferten nicht nur Datteln zum Süßen der Speisen, sondern auch Bast, Palmblätter und Blattrispen zur Herstellung von Seilen, Matten und Körben. Am Ende des Buches ist die rasant fortschreitende landwirtschaftliche Optimierung Gegenstand kritischer Reflexionen. Im Alten Land bei Hamburg, der größten zusammenhängenden Obstplantage Nordeuropas, die zu drei Vierteln von Apfelbäumen bestanden ist, mussten die traditionellen Hochstämme den leichter zu bewirtschaftenden Buschreihen weichen. Die genormten Bäume sind für allerlei Krankheiten und viele Schädlinge anfällig, und um makellose Früchte zu ernten, bedarf es des massiven Einsatzes von Chemikalien. Mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer, zu den wilden Früchten zurückzukehren, spricht Brunner jedem Biogärtner aus der Seele.

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