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#„Wir wissen nicht, wie sicher der Impfstoff bei Kindern ist“

„Wir wissen nicht, wie sicher der Impfstoff bei Kindern ist“

Viele Eltern sind verunsichert von den unterschiedlichen Äußerungen in Sachen Kinder und Impfung. Ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) nun eine klare Absage an alle, die ihre ansonsten gesunden Kinder gerne schützen wollen, oder wie sollen Eltern die Empfehlung verstehen?

Lucia Schmidt

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Von Kries: Wir sind als STIKO nicht grundsätzlich dagegen, Kinder gegen Covid-19 zu impfen. Und selbstverständlich ist es besser, Krankheiten zu verhindern, wenn man es kann. Aber man muss sich fragen, für welchen Preis? Und der einzige Grund, warum wir keine generelle Impfempfehlung ausgesprochen haben, ist, dass wir nicht wissen, wie sicher der Impfstoff bei Kindern ist. Die Daten zur Sicherheit der Covid-19-Impfung für Kinder und Jugendliche sind bisher noch begrenzt. Zum einen war die Zahl der in der kontrollierten Zulassungsstudie zu klein, um Impfkomplikationen, die seltener als eins in 100 auftreten, sicher ausschließen zu können. Zum anderen war auch die durchschnittliche Nachverfolgungszeit von rund zwei Monaten zu kurz, um gegebenenfalls erst später erkennbare Impfkomplikationen aufdecken zu können.

Andere Länder sehen das anders. In den Vereinigten Staaten etwa läuft die Impfkampagne bei Jugendlichen weitestgehend problemlos ab.

Die Tatsache, dass in Amerika geimpft wird, heißt für uns doch nicht, dass damit tatsächlich nach wenigen Wochen alle Nebenwirkungen schon erfasst sind. Wenn uns dort mehr Daten vorliegen, die einer kritischen Bewertung standhalten, werden wir die Lage neu bewerten. Wir müssen da aber die nötige Sorgfalt walten lassen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass im amerikanischen System Nebenwirkungen nicht immer so erfasst werden, wie wir das in Deutschland tun und erwarten würden.

Professor Dr. Rüdiger von Kries ist Mitglied der STIKO und der dortigen Arbeitsgruppe COVID-19-Impfung sowie Leiter des Instituts für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin 
an der Ludwig-Maximilians-Universität München.


Professor Dr. Rüdiger von Kries ist Mitglied der STIKO und der dortigen Arbeitsgruppe COVID-19-Impfung sowie Leiter des Instituts für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin
an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Bild: Kirchheim-Verlag

Gehen wir mal weg von Kanada und den USA. Auch die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat den Impfstoff zugelassen. Warum hat die STIKO eine andere Auffassung als diese?

Es ist natürlich sinnvoll, dass wir eine europäische Behörde haben, das erleichtert die koordinierte Arbeit in Europa immens. Aber STIKO und EMA sind nicht identisch und haben unterschiedliche Aufgaben. Wir schauen auf die nationale Lage und Erfordernisse in Deutschland. Auch andere Impfstoffe sind von der EMA zugelassen, von der STIKO aber – noch – nicht empfohlen. Die EMA schaut vor allem auf das globale Nutzen-Schaden-Verhältnis eines Impfstoffs. Die STIKO muss sich auch fragen, ist eine Impfempfehlung die richtige Maßnahme, Probleme im Land sinnvoll anzugehen?

Ungeimpfte Kinder müssen mit weiteren Einschränkungen und der Gefahr, neuen Mutationen besonders schutzlos ausgeliefert zu sein, leben. Ist das nicht Problem genug, um eine Impfung zu empfehlen?

Die STIKO ist für diese Einschränkungen nicht verantwortlich. Und man muss sich fragen, was ist da noch angemessen jetzt? Die STIKO sieht in der Pandemiebekämpfung derzeit kein tragfähiges Argument für die Impfung aller gesunden Kinder, vor allem weil gefährdete Gruppen unter den Erwachsenen und auch Lehrer und Erzieher sich jetzt impfen lassen und damit schützen können. Und sicher, wenn sich durch Mutationen die epidemiologische Lage ändert, wird die STIKO auch diese Frage neu bewerten. Aber im Moment spielt die Delta-Variante noch keine große Rolle hierzulande.

Ist Abwarten ein guter Rat an Eltern? Rechnen Sie damit, dass sich die Datenlage mit quantitativ mehr Impfungen an Kindern verändert und es einheitliche Aussagen von Politik, EMA und STIKO gibt?

Jede Familie kann und sollte die individuelle Impfentscheidung für das infrage kommende jugendliche Mitglied mit dem betreuenden Kinderarzt besprechen. Nur weil es keine generelle Impfempfehlung gibt, heißt das ja nicht, dass individuelle Entscheidungen nicht getroffen werden können. Als STIKO müssen wir sicher sein, dass auch am Ende der Nutzen der Impfung für die Kinder größer ist als der mögliche Schaden durch erst später erkennbare etwaige schwere Impfkomplikationen besonders bei einer Erkrankung, die bei Kindern deutlich milder verläuft als bei Erwachsenen. Erst dann können wir eventuell eine allgemeine Impfempfehlung geben.

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