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#Wollte die Royal Navy Russland vor der Krim provozieren?

Wollte die Royal Navy Russland vor der Krim provozieren?

Am Tag nach den noch immer rätselhaften Vorfällen im Schwarzen Meer verstärkte sich unter britischen Sicherheitsfachleuten der Eindruck, dass die Royal Navy bewusst ein Zeichen setzen wollte. Während in offiziellen Stellungnahmen von einer „routinemäßigen Durchfahrt“ auf einer üblichen Route die Rede war, betonten britische Korrespondenten, die an Bord der HMS Defender waren, dass der Zerstörer „absichtlich“ einen Kurs genommen habe, der nah an der Küste der ukrainischen, seit 2014 von Russland besetzten Halbinsel Krim vorbeiführte. Der Korrespondent der Daily Mail schätzte die Entfernung zur Küste auf drei Kilometer. „Wir haben eindeutig den russischen Bären gereizt, und dieser reizte zurück.“

Gerhard Gnauck

Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.

Tobias Ellwood, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, verteidigte die Aktion am Donnerstag mit dem britischen Recht auf Verteidigung internationaler Schifffahrtswege. Er sprach aber auch eine Warnung aus: „Wir sollten anerkennen, dass dies ein gefährliches Spiel ist.“ Die HMS Defender gehörte zu einem Flottenverband, der derzeit auf dem Weg ins Südchinesische Meer ist, und hatte sich – zusammen mit der niederländischen Fregatte HNLMS Evertsen – für die Mission abgesondert.

Wenige Tage vor dem Vorfall war der britische Zerstörer Schauplatz einer militärisch-diplomatischen Unterzeichnungszeremonie gewesen: An Bord trafen sich Regierungsvertreter der Ukraine mit britischen Politikern, darunter einem Staatssekretär aus dem Verteidigungsministerium, um eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit zu unterzeichnen. Darin sichert Großbritannien der Ukraine Hilfe beim Aufbau ihrer Marine zu. Auch will London das Land dabei unterstützen, neue Patrouillenboote zu produzieren, Werftgelände zu sanieren und am Schwarzen und am Asowschen Meer – dem Nebenmeer des Schwarzen Meeres östlich der Krim – je einen Marinestützpunkt aufzubauen.

„Das Recht, da zu sein, geltend machen“

Die britische Botschaft in der Ukraine sorgte dafür, dass die Präsenz der HMS Defender nicht unbemerkt blieb und stellte ein Bild des Zerstörers vor Odessa ins Netz. Die Times spekulierte in einem Leitartikel, dass die NATO-Schiffe nicht nur Solidarität mit der Ukraine in deren Konflikt mit Russland zeigen wollten, sondern auch Aufklärung am russischen Flottenstützpunkt Sewastopol betrieben haben könnten. Die Absicht der Mission sei gewesen, „das Recht, da zu sein, geltend zu machen“.

Im vergangenen Oktober hatte Moskau schon einmal behauptet, ein britisches Kriegsschiff im Schwarzen Meer auf einen anderen Kurs gezwungen zu haben. Damals bestritt das britische Verteidigungsministerium jede Art von Vorfall. Davor war es gelegentlich zu Verletzungen des britischen Luftraums durch russische Militärflugzeuge gekommen. Die Maschinen wurden jedes Mal durch die Royal Air Force aus dem Luftraum geleitet. Als 2017 ein russischer Flugzeugträger auf dem Weg zurück von Syrien Kurs durch den Ärmelkanal nahm, wurde er ebenfalls von der Royal Air Force und einer britischen Fregatte eskortiert.

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Die britische Regierung blieb am Donnerstag ihrer Linie treu, die Vorkommnisse vor der Krim herunterzuspielen. Umweltminister George Eustice bestritt, dass es gezielte Warnschüsse gegeben habe und berichtete lediglich von einer „nicht unüblichen Schießübung“ der Russen, die nicht allzu weit entfernt von der HMS Defender stattgefunden hätte. Von einer „Drangsalierung“ des Schiffs durch das russische Militär könne keine Rede sein. Auf die Frage, ob die Royal Navy die Gewässer abermals befahren werde, antwortete er: „Selbstverständlich. Wir haben die Annexion der Krim nie akzeptiert, und es handelt sich um ukrainische Gewässer.“

In Moskau pocht man darauf, die HMS Defender erst durch Warnschüsse und Bombenabwürfe auf den Kurs des Schiffes drei Kilometer vor dem Kap Fiolent an der Südküste der Krim zum Abdrehen gezwungen zu haben. In der russischen Hauptstadt hat man sich auf die Sprachregelung einer britischen „Provokation“ festgelegt und beklagt eine Verletzung „russischer“ Hoheitsgewässer. So äußerten sich unter anderem der Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow, die Marineführung und das Außenministerium. Hinzu kommen, wie in solchen Fällen üblich, Drohungen, die wehrhafte Entschlossenheit zeigen sollen. Der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow drohte für Wiederholungen mit Bombenangriffen „nicht einfach in den Kurs, sondern auf das Ziel“.

Auch Peskow sagte, man könne, wenn „solche Vorfälle zu weit gehen“, zum „rechtmäßigen Schutze“ Russlands „keinerlei Optionen ausschließen“. Man solle aber keine konzeptuellen Schlüsse aus dem Vorfall ziehen, schränkte Peskow zu einem russischen Vorstoß ein, Großbritannien nun auf die neue russische Liste „unfreundlicher Staaten“ zu setzen. Auf der stehen schon die Vereinigten Staaten und die Tschechische Republik. Es fiel auf, dass andere NATO-Länder am Donnerstag nicht mit Vorwürfen überzogen wurden.

Der britische Russland-Fachmann Mark Galeotti vermutete, womöglich steckten Moskauer „Falken“ hinter der Kraftdemonstration um die HMS Defender, die sich daran störten, dass das russische Außenministerium, das in den vergangenen Jahren keine führende Rolle mehr gespielt hat, gerade seit dem Genfer Gipfel zwischen Präsident Wladimir Putin und dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden wieder Morgenluft wittere. Der Moskauer Außenpolitiker Konstantin Kossatschow erklärte die „Provokation“ ebenfalls mit dem Versuch, angebliche Erfolge von Genf zu sabotieren. Er machte dafür aber getreu der russischen Darstellung allein London verantwortlich.

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