Wovon die Militärparade in den USA überschattet wurde

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Es ist acht Jahre her, dass ein begeisterter Donald Trump seinen Mitarbeitern auf dem Rückflug aus Paris sagte, auch er wolle eine Militärparade abhalten, wie er sie gerade zum französischen Nationalfeiertag gesehen hatte. In seiner ersten Amtszeit kam es nicht dazu. Doch am Samstag erfüllte sich der Wunsch des amerikanischen Präsidenten: eine Militärparade in Washington, zum 250. Gründungstag des Heeres und zugleich an Trumps 79. Geburtstag.
Trump begann den Tag auf seiner Plattform „Truth Social“ nicht wie üblich mit Pöbeleien gegen politische Gegner, sondern mit der Bemerkung, es sei ein „großer Tag für Amerika“. Am Ende wurde die Parade trotz eines reibungslosen Ablaufs aber von anderen Themen überschattet.
Parallel zur Schau mit 6000 Soldaten, fünfzig Hubschraubern und 150 Panzern demonstrierten in amerikanischen Städten Hunderttausende gegen den Präsidenten. Keine 24 Stunden vor der Parade war in Minnesota eine demokratische Abgeordnete des Landesparlaments aus politischen Motiven erschossen und ein weiterer Senator schwer verletzt worden. Und im Nahen Osten verschärfte sich der Konflikt zwischen Israel und Iran mit jeder Stunde.
Wenigstens das Wetter hielt
Zumindest eine Hiobsbotschaft bestätigte sich am Samstag nicht: ein befürchteter Regenschauer just zum Zeitpunkt der Parade am Abend. Es blieb bei einem grauen Himmel, der Waldbränden in New Jersey geschuldet war. Und auch die Anti-Trump-Demonstration in Washington verlief sich, bevor die Feierlichkeiten begannen. Stattdessen trugen viele Besucher ihre Begeisterung über Trump zur Schau, mit Kappen, T-Shirts und Accessoires. Zwanzig Dollar für die Aufschrift „The Big Beautiful Military Parade“, eine Anspielung auf Trumps „großes, wunderschönes“ Steuer- und Ausgabenpaket, das Kernvorhaben seiner Regierung enthält und das er gegen viel Widerstand durch den Kongress bringen will.
Dave hatte für die Parade die Reise aus North Carolina auf sich genommen. Fünfeinhalb Stunden mit dem Auto bei schwerstem Regen, obwohl er Trump gerade erst gesehen hatte. Der 23 Jahre alte Mann, Soldat auf der Militärbasis Fort Bragg, hatte im Publikum gestanden, als Trump dort in der vergangenen Woche unter dem Jubel der Soldaten eine Rede hielt, die in ihrer Schärfe einer Wahlkampfrede glich.
Dave konnte daran nichts Anstößiges finden. „Der Jubel war echt, das kann ich versichern“, sagte er. Die Leute seien begeistert gewesen. „Als Trump seinen typischen kleinen Tanz hingelegt hat, sind alle ausgerastet.“ Der junge Mann findet, Trump sei viel mehr am Militär gelegen als seinem Vorgänger Joe Biden. Er habe in Fort Bragg schließlich auch die Familien gefallener Soldaten geehrt. In Washington wollte er dem Präsidenten Respekt zollen: „Er ist mein Oberbefehlshaber.“ Und für seinen Geburtstag könne Trump ja nichts.
Überraschungsmoment nach der Parade
Trump war während der Parade bildmächtig platziert: auf einer golden und schwarz dekorierten Tribüne auf der Constitution Avenue, die eine Sichtachse zum Weißen Haus freiließ. Rechts neben ihm Verteidigungsminister Pete Hegseth, links Frau Melania. Die knapp zwei Stunden lange Schau, die über Strecken von einem Moderator kommentiert wurde und mit Musik unterlegt war, führte durch die verschiedenen Epochen des Heeres. Vom ersten Weltkrieg mit historischen Uniformen bis hin zur modernen Zeit mit Stryker-Radschützenpanzern und Abrams-Panzern – und Hunde-Robotern, die als Zukunft der Armee ausgewiesen wurden. Über die National Mall flogen Militärhubschrauber. Ein Spektakel, das rund 45 Millionen Dollar gekostet haben soll.
Der größte Überraschungsmoment kam jedoch mit Trumps Ansprache zum Ende der Parade. Statt den großen Moment, von dem er über Wochen geschwärmt hatte, für sich zu nutzen, hielt der Präsident sich ungewohnt zurück. Mit acht Minuten sprach Trump so kurz wie wohl noch nie bei einem politischen Auftritt. Außerdem fiel kein böses Wort über seine politischen Gegner, Migranten oder Demonstranten, die er im Falle von Los Angeles in Fort Bragg „Tiere“ genannt hatte. Üblicherweise verläuft nicht einmal eine spontane Fragerunde mit Journalisten im Oval Office ohne heftige politische Angriffe oder Beleidigungen.
Zu Zurückhaltung geraten?
Auf der Tribüne begann Trump seine kurze Ansprache hinter einer kugelsicheren Schreibe mit der Bemerkung, „alle anderen Länder“ feierten ihren Erfolg. „Es ist Zeit, dass wir das auch tun. Und das machen wir heute Nacht.“ Das brachte im Applaus ein. Er fuhr fort, die Armee schütze die amerikanische Freiheit. „Ihr macht uns stark und heute Abend habt ihr alle Amerikaner sehr stolz gemacht.“ Dann dankte der Präsident „allen Veteranen“ für ihren uneigennützigen Dienst. An die Feinde der Vereinigten Staaten gewandt sagte Trump, ihr „Untergang“ sei gewiss, denn amerikanische Soldaten gäben niemals auf. Es folgte eine Anspielung auf seinen Wahlkampfslogan: Sie „kämpfen, kämpfen, kämpfen und gewinnen, gewinnen, gewinnen.“
Die Befürchtung von Kritikern, Trump könne dem Heer an dessen Ehrentag die Schau stehlen, erfüllte sich nicht. In seinem Umfeld dürfte man dem Präsidenten zur Zurückhaltung geraten haben, auch wenn er derlei Warnungen häufig in den Wind schlägt. Doch die Proteste in Los Angeles, die sich an Trumps Migrationspolitik entzündet hatten, eskalierten nicht zuletzt weiter, weil er eine Woche vor der Militärparade gegen den Willen des Bundesstaates erst 2000 und schließlich insgesamt 4000 Nationalgardisten geschickt hatte, zusammen mit etwa 700 Marineinfanteristen.
Von Trumps Wahlkampfversprechen, gleich zu Beginn „aufzuräumen“ und Ordnung nach Amerika zurückzubringen, ist dieser Tage nicht viel zu sehen. Stattdessen gingen am Samstag im Zuge der im ganzen Land angekündigten „No King“-Proteste gegen ihn Hunderttausende auf die Straße. In Seattle waren es laut Medienberichten 60.000, in New York etwa 50.0000 und in Los Angeles mehr als 20.000 Demonstranten. Das sind die größten Proteste seit Trumps Amtsantritt im Januar. Insgesamt sollen laut den Veranstaltern in den ganzen USA bis zu fünf Millionen Menschen gegen Trump auf die Straße gegangen sein. Und so endete die Parade in Washington gerade mit einem Feuerwerk, als die Polizei in Los Angeles einen gewalttätigen Kern von Demonstranten wiederum mit Tränengas und Blendgranaten auseinandertrieb.
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