Wo der heiße Jupiter WASP-121b entstand

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Der Exoplanet WASP-121b ist ein ultraheißer Gasriese, der seinen Mutterstern sehr eng umkreist. Neue Daten des James-Webb-Teleskops liefern nun neue Informationen darüber, wie und wo dieser heiße Planet einst entstanden ist. Wie die Astronomen ermittelten, liegen die Anteile einiger Elemente in der Gashülle von WASP-121b, darunter Kohlenstoff, Silizium und Sauerstoff, deutlich über den entsprechenden Werten seines Muttersterns. Dies spricht dafür, dass der Planet nicht in Sternennähe gebildet wurde, sondern sehr viel weiter außen, jenseits der Schneegrenze für Wasser, aber noch innerhalb der Zone, ab der auch Methan gefriert. Erst nachdem der Gasplanet schon den größten Teil seiner Atmosphäre angesammelt hatte, wanderte er in seinem System weiter nach innen in seine heutige Position.
Der rund 850 Lichtjahre entfernte Planet WASP-121b ist ein heißer Jupiter – ein Gasriese, der seinen Mutterstern sehr eng umkreist. Für einen Umlauf benötigt er nur rund 30,5 Stunden und kehrt seinem Stern dabei immer dieselbe Seite zu. Dadurch ist seine Nachtseite „nur“ gut 1.200 Grad heiß, das ist noch genug, um die meisten Metalle zu schmelzen und Wolken und Regen aus geschmolzenen Metalltröpfchen zu bilden. Die Tagseite von WASP-121b wird dagegen vom nahen Stern auf Temperaturen von mehr als 2.700 Grad aufgeheizt – genug, um Moleküle zu zerreißen und selbst Feststoffe wie Silizium oder Metalle zu verdampfen. „Damit bietet WASP-121b eine Gelegenheit, auch die Häufigkeiten und Anteile seiner Grundkomponenten durch atmosphärische Beobachtungen einzugrenzen“, erklären Thomas Evans-Soma vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und seine Kollegen. Denn in der extremen Hitze der Tagseite sind selbst die chemischen Elemente und Minerale gasförmig, aus denen der feste Kern des Gasplaneten besteht.
Erster Nachweis von Siliziumoxid in einer Exoplanetenatmosphäre
Für ihre Studie haben Evans-Soma und sein Team das hochauflösende Nahinfrarot-Spektrometer NIRSpec des James-Webb-Weltraumteleskops genutzt. Mit ihm beobachteten sie den Planeten knapp 38 Stunden lang und damit während einer ganzen Umkreisung seines Muttersterns. In dieser Zeit kehrte WASP-121b dem Teleskop verschiedenen Bereiche seiner Oberfläche zu, so dass die Astronomen die Bedingungen und die chemische Zusammensetzung der Tag- und Nachtseite des Planeten messen konnten. Mithilfe der Spektraldaten und einem gekoppelten Atmosphärenmodell bestimmten sie unter anderem die Menge an Wasser, CO2, Kohlenmonoxid (CO), Siliziumhydrid (SiH), Siliziumoxid (SiO) und von ionisiertem Wasserstoff (H–). Die Ergebnisse bestätigten, dass die Hitze der Tagseite selbst Moleküle wie Wasser und molekularen Wasserstoff auseinanderreißt.
Außerdem detektierten Evans-Soma und sein Team eine schwache Spektralsignatur gasförmigen Siliziumoxids. Diese Verbindung war aufgrund früherer Beobachtungen im UV-Bereich zwar schon vermutet worden, die neuen Daten des Webb-Teleskops belegen nun jedoch die Präsenz von Siliziumoxid in der Gashülle von WASP-121b. „Der Nachweis von Siliziumoxid in der Atmosphäre von WASP-121b ist bahnbrechend – es ist die erste eindeutige Identifizierung dieses Moleküls in einer Planetenatmosphäre“, sagt Co-Autorin Anjali Piette von der University of Birmingham. Spannend ist dies vor allem deshalb, weil der Anteil von Silizium und anderen verdampften Feststoffen Aufschluss über die Zusammensetzung des Planeten und damit auch über seinen Bildungsmechanismus und Entstehungsort liefert. Die Auswertung der spektralen Elementsignaturen ergab einen im Vergleich zum Mutterstern des Planeten erhöhten Anteil von Silizium, Sauerstoff und Kohlenstoff.

Planet entstand weit außen statt nahe am Stern
Diese neuen Daten liefern Hinweise darauf, wo der Gasriese WASP-121b einst gebildet wurde. „Insbesondere die Kohlenstoff/Sauerstoff- und die Kohlenstoff/Wasserstoff-Verhältnisse deuten darauf hin, dass WASP-121b den größten Teil seiner Gashülle jenseits der Wassereis-Grenze, aber diesseits der Methaneis-Grenze angesammelt hat“, schreiben Evans-Soma und sein Team. In dieser Region der protoplanetaren Scheibe des Sterns war es demnach kalt genug, um Wasser zu gefrieren, aber noch nicht so kalt, dass auch das gasförmige Methan zu Eis wird. Auf unser Sonnensystem übertragen wäre WASP-121b demnach weit außen zwischen den Bahnen von Jupiter und Uranus entstanden. Das bestätigt bestehende Annahmen zur Bildung heißer Gasriesen wie WASP-121b. Denn schon länger vermuten Astronomen, dass diese Planeten ihre mächtige Gashülle vorwiegend in den äußeren Bereichen ihrer Planetensysteme erworben haben müssen. Erst nachdem sie schon eine gewisse Größe erreicht hatten, wanderten sie dann weiter nach innen und gerieten in die heute oft extreme Nähe zu ihrem Stern.
Dieses Szenario erklärt auch, warum die Gashülle von WASP-121b einen erhöhten Anteil von Kohlenstoff zu Sauerstoff aufweist: Auf seinem Weg ins innere Planetensystem zog der Planet Unmengen stein- und eisreicher Bröckchen an. Diese „Kiesel“ bewegten sich spiralig durch die heranwachsende Gashülle des Planeten und stürzten schließlich auf seiner Oberfläche ab. Die Zusammensetzung der Brocken und der Abstand des Planeten vom Stern bestimmte dabei, ob diese „Kiesel“ schon auf ihrem Weg durch die Gashülle verdampften oder nicht. Bei WASP-121b verrät der erhöhte Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre, dass methanhaltige Kiesel verdampften, Wassereis-Brocken aber intakt blieben, wie Evans-Soma und seine Kollegen erklären. Das deutet darauf hin, dass der Gasriese den größten Teil seines Wachstums in der Zone zwischen Wassereis- und Methaneis-Grenze absolvierte.
Quelle: Thomas Evans-Soma (Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg) et al., Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-025-02513-x)

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