#Gut ausgebildet, ohne Kind
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„Gut ausgebildet, ohne Kind“
Seit der Abschaffung der Ein-Kind-Politik vor fünf Jahren versucht die chinesische Regierung, junge Paare zum Kinderkriegen zu bewegen. Ohne Erfolg: 2020 ging die Zahl der Geburten sogar um 15 Prozent zurück. Das geht aus vorläufigen Daten des Ministeriums für öffentliche Sicherheit hervor. In manchen Städten wurde ein Rückgang von mehr als 30 Prozent verzeichnet. Das Ministerium ermittelt die Zahl der Neugeborenen, die im Hukou-System, einer Art Einwohnermeldesystem, angemeldet wurden. Das sind nicht alle Geburten; die umfassendere Statistik wird im April veröffentlicht. Schon jetzt aber lässt sich sagen, dass die Geburtenzahl so niedrig ist wie zuletzt 1961, zu Zeiten der großen Hungersnot mit Dutzenden Millionen Toten.
Als Grund für den ungewöhnlich starken Rückgang vermuten Beobachter die Corona-Krise. Wegen der unklaren Zukunftsperspektive und der wirtschaftlichen Einschnitte könnten viele Paare ihre Familienpläne zurückgestellt haben. Der Trend an sich ist aber nicht neu. Schon im vierten Jahr in Folge sinkt die Geburtenzahl. Ein oft genannter Grund sind die immensen Kosten für Bildung und Wohnraum in den Metropolen. Der Wettbewerb um die Studienplätze an den besten Universitäten beginnt für die Mittelklasse schon im Kindergarten, so dass Eltern hohe Summen für außerschulische Fortbildungskurse aufbringen müssen. Ein weiterer Grund ist der hohe Bildungsgrad und die finanzielle Unabhängigkeit junger Frauen, die ihre Freiheit und Karriere nicht oder nicht allzu früh einschränken wollen. Familienunfreundliche Arbeitsbedingungen tragen dazu bei.
Ein Überschuss an Männern
Hinzu kommen die Folgen der Ein-Kind-Politik: Sie hat zu einem Überschuss an Männern geführt, die keine Partnerinnen finden. Auch für das vergangene Jahr ermittelte das Ministerium für öffentliche Sicherheit, dass unter den rund zehn Millionen Neugeborenen 52,7 Prozent Jungen waren. Da die meisten jungen Eltern wegen der Ein-Kind-Politik selbst als Einzelkinder aufgewachsen sind, ist außerdem der Wunsch nach einem zweiten Kind womöglich nicht so groß.
Für China ist das eine tickende demographische Zeitbombe. Fachleute nehmen an, dass die chinesische Bevölkerung in den nächsten Jahren in eine Phase des Negativwachstums eintreten wird. Andere sehen diese schon erreicht. Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung sinkt, während die Lebenserwartung mit dem Wohlstand kontinuierlich gewachsen ist. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Alterssicherung, die Arbeitsproduktivität, den Bedarf an Fachkräften, den Konsum, die Kosten für das Gesundheitssystem und damit die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Trotzdem keine Abschaffung der Zwei-Kind-Politik
Um das Problem zu lösen, experimentieren die Zentralregierung und verschiedene Provinzregierungen mit Anreizen wie Steuererleichterungen, Zuschüssen für Bildung und Wohnen, Elternzeit. Um die Scheidungsrate zu senken, wurde kürzlich eine einmonatige Wartezeit eingeführt, in der Scheidungsanträge nicht bearbeitet werden. Der Minister für zivile Angelegenheiten, Li Jiheng, forderte in einem Aufsatz im Dezember wesentlich höhere Investitionen in Bildung, sozialen Wohnungsbau und das Gesundheitssystem, um junge Familien finanziell zu entlasten.
Zur Abschaffung der Zwei-Kind-Politik konnte sich China trotzdem bisher nicht durchringen. Noch immer gibt es Fälle, in denen Familien für ein drittes Kind mit hohen Geldbußen und dem Verlust des Arbeitsplatzes bestraft werden oder vor der Geburt zur Abtreibung ermahnt werden. Dieser Widerspruch erklärt sich daraus, dass die frühere Familienplanungsbehörde zwar umbenannt wurde, deren Mitarbeiter aber noch immer über viel Einfluss verfügen und die Verfügungsgewalt über die Geldbußen haben.
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