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#Buschbrände als Meeresdünger

Buschbrände als Meeresdünger

Die schlimmen Buschbrände in Australien im Sommer 2019/2020 zerstörten Millionen Hektar Wald und Buschland. Doch tausende Kilometer entfernt erwiesen sich der Rauch und die Schwebstoffe dieser Feuer als Lebensbringer: Sie förderten eine beispiellose Algenblüte im Südozean, deren Fläche die von Australien deutlich übertraf, wie Satellitendaten belegen. Ursache dafür ist ein Düngeeffekt der Feuer-Aerosole: Das im Rauch enthaltene Eisen ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und im Südozean normalerweise nur spärlich vorhanden. Die feuerbedingte Eisendüngung glich diesen Mangel aus und ermöglichte die in diesem Ausmaß noch nie beobachtete Algenblüte.

Dass es in Australien während der heißen Sommermonate zu Buschfeuern kommt, ist normal. Doch im Sommer 2019/2020 erreichten die Brände ein dramatisches Ausmaß. Schon im Oktober und damit vor Beginn der eigentlichen Feuersaison begannen vor allem entlang der Ostküste des Kontinents Brände zu lodern. Gefördert von extremer Hitze, langanhaltender Trockenheit und starken Winden, breiteten sich die Feuer in den Folgemonaten immer weiter aus. „Millionen Hektar Vegetation verbrannten, mit schweren Folgen für Ökologie, Umwelt und Sozioökonomie“, sagen Weiyi Tang von der Duke University in Durham und seine Kollegen. Schätzungen zufolge starben durch die Feuer fast drei Milliarden Tiere oder wurden vertrieben und der bis in die Stratosphäre aufsteigende Rauch der Brände setzte 715 Millionen Tonen CO2 frei – deutlich mehr als die jährlichen anthropogenen CO2-Emissionen Australiens, die im Jahr 2018 bei rund 537 Millionen Tonnen CO2 lagen.

Ruß und Rauch über tausende Kilometer

Der Rauch der Buschfeuer wurde vom Wind über tausende Kilometer hinweg verteilt und bedeckte große Bereiche des südlichen Pazifiks und des Südozeans. Mit diesen Rauchschwaden gelangten auch enorme Mengen an Ruß, Schwebstoffen und Aerosolen in die Atmosphäre. An diesem Punkt setzt nun die Studie von Tang und seinen Kollegen an. Denn aus früheren Untersuchungen war bekannt, dass solche pyrogenen Aerosole auch viele Spurenelemente wie Eisen enthalten, die wichtige Pflanzennährstoffe sind. Vor allem in den kühlen, nährstoffarmen Meeresgebieten des südlichen Pazifiks und Südozeans ist es meist der Mangel an Eisen, der das Algenwachstum der oberen Wasserschichten limitiert. „Schon früher gab es die Hypothese, dass das Absinken von Feuer-Aerosolen über dem Meer diesen Nährstoff-Mangel ausgleichen kann und die marine Produktivität erhöht – aber es fehlte bislang an direkten Beobachtungsdaten dazu“, schreiben die Forscher.

Für ihre Studie werteten Tang und sein Team Satelliten-Messdaten zur Ausbreitung des Rauchs und der Aerosole im Sommer 2019/2020 aus und ermittelten über weitere Satellitendaten die Phytoplanktondichte in verschiedenen Teilen des Südozeans. Ergänzend zogen sie Messdaten von Bojen hinzu, die Rückschlüsse auf das Ausmaß der auf der Meeresoberfläche niedergehenden Schwebstoffe erlaubten. Die Auswertungen ergaben: Die Buschfeuer-Emissionen aus dem Süden und Osten Australiens wurden vom vorherrschenden Wind innerhalb weniger Tage tausende Kilometer weit in südöstliche Richtung transportiert und großflächig zwischen dem 20. und 55. südlichen Breitengrad verteilt. In zwei Meeresgebieten unmittelbar südlich der australischen Südküste und südöstlich des Kontinents erreichten die Ruß- und Aerosolkonzentrationen historisch beispiellos hohe Werte, wie das Team berichtet. Die Rußkonzentrationen lagen dort um mindestens 300 Prozent über den klimatologischen Normalwerten.

Beispiellose Algenblüte

Das hatte Folgen: In diesen Meeresgebieten entwickelte sich eine anomal starke Algenblüte, die im Oktober 2019 begann und dann über vier Monate lang anhielt, wie satellitengestützte Chlorophyllmessungen ergaben. „Das Überraschende daran ist, dass sich dieser Phytoplankton-Zuwachs zu einer Zeit im australischen Sommer ereignete, in der es normalerweise eine saisonale Abnahme des Chlorophylls in diesen Meeresgebieten gibt“, berichten Tang und seine Kollegen. Denn zu dieser Zeit sei der Eisenvorrat in den oberen Wasserschichten des Südozeans meist schon von den Algen aufgebraucht. „Die Fläche, auf der die Chlorophyllkonzentrationen weit über dem historischen Monatsmaximum lagen, war mehr als zehn Billionen Quadratmeter groß und übertraf damit die Fläche Australiens“, schreibt das Team. „Das Ausmaß dieser von den australischen Bränden ausgelöste Phytoplanktonblüte ist in den Satellitendaten beispiellos.“

Nach Ansicht der Forscher liefern diese Ergebnisse starke Belege dafür, dass die pyrogenen Aerosole und insbesondere das im Rauch enthaltene Eisen als Eisendünger für umliegende Ozeane wirken können. Im Gegenzug führt das dadurch begünstigte Algenwachstum dazu, dass das Phytoplankton durch seine Photosynthese mehr CO2 aus der Luft aufnimmt und bindet als normalerweise der Fall wäre. Den Berechnungen der Wissenschaftler zufolge könnte die von den Buschfeuern des Jahres 2019/2020 geförderte Algenblüte zu einer zusätzlichen Aufnahme von rund 186 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Form von CO2 geführt haben. „Das entspricht rund 95 Prozent der Kohlenstoffemissionen, die von den Buschbränden des Sommers 2019/2020 freigesetzt wurden“, schreiben Tang und sein Team. Allerdings ist unklar, wie viel von dem aufgenommenen und in den Algengeweben gespeicherten Kohlenstoff bis in tiefere Meeresschichten gelangt ist und so dem Kohlenstoffkreislauf längerfristig entzogen wurde. „Es kann auch sein, dass der zusätzliche Kohlenstoff nicht in tiefere Schichten gelangte und die CO2-Sequestrierung daher nur kurzlebig war“, betonen sie.

Angesichts des Klimawandels und seiner verstärkenden Wirkung auf Wald- und Buschbrände weltweit sehen die Forscher in ihren Ergebnissen einen wichtigen Hinweis darauf, dass die Folgen großer Feuer weitreichender sein können als bislang in den Modellen bedacht. „Diese Brände zeigen uns eine unerwartete und zuvor unterschätzte Auswirkung des Klimawandels auf die marine Umwelt – mit potenziellen Rückkopplungen auch zu unserem globalen Klima“, sagt Tang.

Quelle: Weiyi Tang (Duke University, Durham) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-021-03805-8

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