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#Alles nichts ohne Gas

„Alles nichts ohne Gas“

Alles hängt mit allem zusammen – dieses mehrfach von Maybrit Illner erinnerte innere Band aller Dinge machte das Bedrohliche dieser Sendung aus. So hatte man es sich bisher noch gar nicht klargemacht: Alles hängt am Gas! Ob das Leben gelingt oder zuschanden wird, mag mit allem möglichen zu tun haben, mit Gesundheit oder Krankheit, mit der Leere, die uns anstarrt oder mit der Fülle, die einen mit niemandem tauschen lassen möchte.

Aber was ist das alles ohne Gas? Nichts aus unserer Lebenswelt schien grundsätzlich davon ausgenommen zu sein, in Maybrit Illners Gassendung hineingezogen zu werden, sich dort als Menetekel wiederzufinden. Ob es um Wohnungen ging, die vielleicht schon bald nicht mehr zu bezahlen sein würden oder um Tabletten, für die diese kleinen Glasbehälter, in denen sie normalerweise stecken, knapp werden könnten: alles hängt im Medium des Gases miteinander zusammen.

Dass jetzt die Alarmstufe nach dem Notfallplan Gas ausgerufen wurde, lässt die Parole „Frieren für den Frieden“ wie Folklore zurück. Mit der Alarmstufe sind wir Teil eines Szenarios geworden, in dem alles und nichts möglich ist. Bei Maybrit Illner sprachen die Gäste aus einer unheilschwangeren Latenz heraus, in der Fakten und Befürchtungen immer wieder schwer unterscheidbar zusammenflossen. Jede Maßnahme des Notfallplans wurde auf ihre etlichen Implikationen hin sichtbar, bis auch der zufälligste Zuschauer die Frage begriff, die hinter allen Wortmeldungen sich zu verstecken schien: Werden wir an der Katastrophe knapp vorbeischrammen oder mitten in sie hineinsteuern?

Der Finanzminister zeigte die Instrumente zwischen Inflation und Rezession, machte Mut mit den 15 Milliarden Euro, die er frühzeitig als Garantien eingeplant habe, damit der Staat jetzt durch zusätzliche Einkäufe die Gasspeicher befüllen könne. Zugleich sagte Christian Lindner aber auch (und ließ offen, wie dieser Satz aufs Ganze durchschlagen würde): man erkenne nun, „dass auch die fiskalischen Möglichkeiten dieses Landes begrenzt sind“. Wie bitte, begrenzt? Hatte man richtig gehört: Schuldenmachen sei zu teuer geworden? Man stehe vor einer Steilwand?

Das Ringen nach Energielösungen mit Putin am Drücker

Jetzt, wo sich die Vulnerabilität des Daseins im Ganzen abzeichnet, möchte man nichts mehr davon wissen, selbst noch vor wenigen Wochen zu denen gehört zu haben, die die russischen Gaslieferungen zurückweisen wollten. Monika Schnitzer vom Sachverständigenrat nannte es denn auch ein Glück im Unglück, vier Monate lang Vorkehrungen getroffen haben zu können, ohne dass Putin schon früher das Gas gedrosselt oder gar abgestellt hätte.

Letzteres sei freilich von Mitte Juli an zu befürchten, wenn üblicherweise die Wartung der Gasleitungen anstehe, und sich danach zeigen werde, ob sie von Putin überhaupt wieder hochgefahren würden, auf die derzeitigen 40 Prozent der Gaszufuhr, auf 100 Prozent – oder bei den wartungsbedingten 0 Prozent verbleiben würden. Im Ungefähren blieb auch die sich anschließende Frage nach der kompensatorischen Nutzung von Kohlekraftwerken und der verbliebenen Atommeiler. Die Expertenmeinungen gehen hier auseinander, die Implikationen sind in jedem Fall so weitreichend, dass keine einfachen Lösungen erwartbar sind.

So hatte man sich das, bei Maybrit Illner vorbeischauend, nicht vorgestellt: im Nu einem Notfallplan Gas unterworfen zu sein, dessen Frühwarnstufe schon vor Wochen heimlich gegriffen hatte, dessen Alarmstufe nun mit einem öffentlichen Paukenschlag erreicht wurde, die wiederum nur die Vorstufe für die Notfallstufe sein könnte, in der das Gas per Verordnung rationiert wird und – wegen des Ineinanders der Weltbezüge im Gas – alles unfassbar teuer wird.

Eine Welt der Fakten und Befürchtungen

Ruhe in den Fernsehkarton brachte dann doch Klaus Müller, der zugeschaltete Präsident der Bundesnetzagentur, der als Regulierungsbehörde eine entscheidende Rolle für die Versorgungssicherheit des Landes zukommt. Müller schaffte den rhetorischen Spagat zwischen Alarm und Entwarnung beinahe bis dahin, dass man die ausgerufene zweite Stufe des Notfallplanes für eine lediglich präventive Strategie halten könnte, um Schlimmeres, den noch gar nicht eingetretenen Notfall selbst nämlich, zu verhindern.

„Momentan reden wir darüber, die Gas-Notlage zu vermeiden.“ Die Lage sei angespannt und eine Verschlechterung der Situation könne nicht ausgeschlossen werden, so Müller. Die Gasversorgung in Deutschland sei aber im Moment stabil, die Versorgungssicherheit derzeit weiter gewährleistet. Das erdete Mabrit Illner als Katastrophenkino ein wenig, und sei es nur dadurch, dass sich wieder ein Gefühl dafür einstellte, dass Fakten und Befürchtungen im Grundsatz zweierlei sind. So oder so ließ Müller keinen Zweifel: Auch wenn die Bundesnetzagentur noch im Modus der Vermeidungsstrategie unterwegs sei, müssten Unternehmen und private Verbraucher sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen. Es gelte, so viel Gas wie möglich einzusparen und einzuspeichern.

Einstweilen wird die Wartung der NordStream1 Mitte Juli zur Schicksalsfrage. Während der sommerlichen Inspektion der Gasleitung floss auch in den Vorjahren kein Gas, ein technischer Routine-Aussetzer sozusagen. Erst in diesem Sommer hält man den Atem an. Nie zuvor hatte man den Eindruck, dass Maybrit Illners Stimmengewirr derart in die Seele greift wie diesmal.

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