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#Amerika und Russland reden wieder über Atomwaffen

Amerika und Russland reden wieder über Atomwaffen

Zu den mageren Ergebnissen, die das jüngste Treffen zwischen den Präsidenten Biden und Putin in Genf hervorgebracht hat, gehört ein „Dialog über strategische Stabilität“. Damit wollen beide Seiten in der kommenden Woche beginnen. Was im Einzelnen beredet werden soll, war bisher nicht zu erfahren.

Der Geist, in dem die Gespräche stattfinden sollen, wurde aber in einer Erklärung zum Genfer Treffen benannt: „Wir bekräftigen den Grundsatz, dass ein Atomkrieg nie gewonnen werden kann und nie geführt werden darf.“ Das ist ein Zitat von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow, aus einer Zeit also, als man um Entspannung bemüht war. Und es wurden erste Arbeitsaufträge angedeutet: Der Dialog, so hieß es, solle die Grundlage für künftige Maßnahmen zur Rüstungskontrolle und Risikoverminderung legen.

Das klingt abstrakt, hat aber sehr reale Hintergründe. Die Welt der nuklearen Rüstung, für die sich die breite Öffentlichkeit kaum noch interessiert, hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges erheblich verändert – und zwar nicht in die friedenspolitische Richtung, auf die besonders in Deutschland so viele gehofft haben.

Mehr Atomwaffenstaaten als früher

Die beiden früheren Supermächte haben abgerüstet, besitzen aber immer noch riesige Arsenale: die Vereinigten Staaten 5550 Sprengköpfe, Russland 6255. Die Zahl der Atomwaffenstaaten ist auf neun gestiegen; zwei von ihnen, nämlich Indien und Pakistan, haben schon Krieg gegeneinander geführt, wenn auch „nur“ mit konventionellen Waffen. Vor allem aber werden die Systeme überall modernisiert, allen voran die der beiden großen Nuklearmächte.

Mit „strategischer Stabilität“ ist in der nuklearen Rüstung ein Zustand gemeint, in dem ein Land keinen entscheidenden Vorteil über ein anderes hat. Klassische Instrumente, um das zu erreichen, sind Rüstungskontrollverträge. Washington und Moskau haben in Genf und davor dargelegt, dass sie darüber reden wollen, wie es mit dem New START-Vertrag weitergeht, den sie erst kürzlich bis 2026 verlängert haben. Er begrenzt die Zahl der Raketen und Bomber für jede Seite auf 700 und die der einsatzbereiten Gefechtsköpfe auf je 1550.

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Dass der Vertrag die vielen Spannungen überlebt hat, die es zwischen Russland und Amerika in den vergangenen Jahren gab, zeigt, dass beide Länder ihre wachsende Rivalität nicht auch auf diesem Feld austragen wollen, auf dem es um existentielle Fragen geht.

Trotzdem bestehen auf beiden Seiten Sorgen, dass einzelne Entwicklungen zum eigenen Nachteil ausfallen könnten. Russland hegt seit Jahren Misstrauen gegen die amerikanische Raketenabwehr, weil sie als mögliche Schwächung der eigenen Abschreckung gesehen wird. Tatsächlich halten die meisten Fachleute eine weitgehende Abschirmung Amerikas durch Abfangsysteme, wie sie Reagans gescheitertes SDI-Projekt einst vorsah, für unrealistisch.

„Neue und gefährliche Waffen“

Die gegenwärtigen amerikanischen Systeme sind außerdem nur darauf ausgerichtet, einzelne Raketen aus Ländern wie Nordkorea oder Iran abzuschießen. Aber es gibt Berichte, dass die russische Führung wegen der amerikanischen Raketenabwehr die Zahl ihrer Waffen nicht unter die Grenzen von New START absenken will. Auf amerikanischer Seite wiederum beobachtet man die russischen Bemühungen auf diesem Gebiet, etwa das neue S-500-Abwehrsystem, das auch gegen Interkontinentalraketen einsetzbar wäre.

Biden erwähnte in Genf, dass sich seine Regierung für „neue und gefährliche und hochentwickelte Waffen“ interessiere, die die Reaktionszeit verkürzten und die Gefahr versehentlicher Kriege vergrößerten. Welche Systeme er meint, sagte er nicht, aber öffentlich sind einige bekannt, um die es gehen dürfte. Russland entwickelt eine Unterwasserdrohne mit nuklearer Bewaffnung („Poseidon“) und einen strategischen Marschflugkörper („Sturmvogel“) mit angeblich globaler Reichweite. Hinzu kommen neuartige Hyperschallwaffen wie der russische Gleitflugkörper „Awangard“ oder die von Flugzeugen aus startbare ballistische Rakete „Kinschal“.

In Russland ist man dagegen besorgt wegen des neuen amerikanischen Systems „Prompt Global Strike“. Es ist konventionell, kann aber so schnell Präzisionsschläge über lange Distanzen führen, wie das bisher nur mit ballistischen Interkontinentalraketen möglich war. Außerdem wollen die Russen über amerikanische Pläne reden, nach der Kündigung des INF-Vertrags neue konventionelle Marschflugkörper mittlerer Reichweite in Europa und Asien zu stationieren.

Ob diese Systeme wirklich das strategische Gleichgewicht stören würden, ist unklar. Die Hyperschallwaffen etwa gelten als Fortschritt, weil sie noch schneller fliegen als ballistische Raketen und gleichzeitig gelenkt werden können wie bisher nur Marschflugkörper. Aber dass sie ihre Besitzer zu einem Angriff verleiten könnten, erscheint nicht gewiss, denn diese müssten ja weiterhin mit einem verheerenden Gegenschlag rechnen.

Rose Gottemoeller, die unter Obama den New START-Vertrag aushandelte und später stellvertretende Generalsekretärin der NATO war, schrieb kürzlich, dass beide Seiten noch Mühe hätten, die Auswirkungen neuer Technologie zu verstehen. Sie nahm ein Beispiel aus dem All, das zunehmend militarisiert wird. Ein Satellit, der Reparaturen durchführe, könne auch Satelliten anderer Länder beschädigen oder zerstören.

Interesse zeigen beide Seiten auch daran, die anderen Atommächte in die Rüstungskontrolle einzubeziehen. Washington denkt da vor allem an China, Moskau zusätzlich an Frankreich und Großbritannien. Diese Länder haben wesentlich kleinere Arsenale als Amerika und Russland. China, das derzeit auf 350 Sprengköpfe kommt, gibt sich gesprächsbereit, vertritt aber traditionell den Standpunkt, dass erst einmal die beiden nuklearen Großmächte abrüsten sollten.

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