Nachrichten

#Johannes Vetter ist erwachsen geworden

Johannes Vetter ist erwachsen geworden

Als Johannes Vetter vor vier Jahren in London Weltmeister wurde, hatte er so seine Schwierigkeiten mit der Freude. Grimm sprach aus ihm, als er sagte: „Ich glaube, die in Dresden werden sich jetzt gewaltig in den Arsch beißen. Das sollen sie auch.“ Er hatte seine sächsische Heimat verlassen, fühlte sich unterschätzt und missachtet. Das schmerzte selbst im Moment des größten Triumphes.

Inzwischen ist Vetter angekommen in Offenburg am Oberrhein, wo er einst vor allem die Arbeit mit Bundestrainer Boris Obergföll suchte – und bei sich selbst. „Ich hatte ein paar harte Jahre“, erzählt der 28-Jährige. „Ich musste geduldig sein und sehr hart arbeiten. Meine ganze Mentalität wurde erwachsen. Ich sehe den Sport anders als früher.“

Bei seiner Mutter wurde ein Hirntumor diagnostiziert; sie starb im November 2018. Ihm brach der Knöchel, er litt noch im folgenden Jahr unter Schmerzen, wenn er anlief. Die Familie Obergföll, die ehemalige Speerwurf-Weltmeisterin Christina und ihr Mann Boris, schienen Vetter zu adoptieren, zusätzlich zu ihren kleinen Kindern. „Boris war eines meiner Vorbilder als Speerwerfer“, sagt Vetter. „Auch als Mensch ist er so großartig. Manchmal versuchen wir, unsere Beziehung zu beschreiben. Mal sagen wir, es ist wie Vater und Sohn, manchmal ist es wie in einer Ehe. Wir gehen gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten einer sportlichen Karriere.“

Hoffen auf den „One clean hit“

Seit sieben Jahren lebt Vetter nun in Offenburg, einer Stadt von 60.000 Einwohnern. Er hat seine Lebensgefährtin dort gefunden, er ist seit zwei Jahren über die Liste der Freien Wähler Mitglied des Stadtrats und befasst sich, wie er sagt, mit Sport, Kindergärten und Schule. Sein Bruder und sein Vater sind ebenfalls in die Stadt gezogen. „Ich werde definitiv für immer in der Gegend bleiben“, sagt Vetter. „So eine hohe Lebensqualität, die Natur in der Umgebung, Freiburg, Straßburg und Karlsruhe nur einen Katzensprung entfernt. Und ich bin so gut vernetzt.“

Heimat und Familie tun Vetter gut. „Ich bin viel entspannter“, sagt er. „Ich kenne mein Potential. Vielleicht bin ich deshalb so stark.“ Als Favorit geht er an diesem Samstag (13.00 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zu Olympia, im ZDF und auf Eurosport) in den Wettbewerb, von dem er träumt, seit er mit sechs Jahren in Dresden zum ersten Mal in den Leichtathletik-Verein ging.

Mit 96,29 Meter ist Vetter der weiteste Wurf des Jahres gelungen, mit 97,76 Meter kam er im vergangenen Jahr dem Weltrekord von Jan Zelezny so nah wie niemand zuvor. Von den zwanzig ersten Würfen der Bestenliste stammen neun von Vetter, sechs von dem Tschechen. Dessen Rekord von 1996 in Jena, 98,48 Meter zu übertreffen, so gar einen Hundert-Meter-Wurf hält Vetter für möglich, aber nicht planbar. „One clean hit“ beschreibt er, wie das dreistellige Resultat aussehen muss, nach dem alle ihn fragen: „Der perfekte Wurf mit perfekter Technik. So viel muss stimmen: Winkel, Tempo, das ist wie ein Hauptgewinn im Lotto.“

„Robert Harting wäre der Beste“

Dies ist die optimistische Aussicht. Und es gibt die pessimistische, zumal die Würfe ihm in der Qualifikation nicht wirklich leicht von der Hand gingen. Wäre die erste Niederlage in zwanzig Wettbewerben, ausgerechnet im Finale der Olympischen Spiele die größte Enttäuschung? „Nein. Ich wäre sicher traurig, aber ich werde immer kämpfen“, erwidert Vetter. „So ist das Leben: Du kannst nicht immer gewinnen. Manchmal musst du verlieren, um besser zu werden. Aber das ist nicht mein Ziel in Tokio.“

Auf die Frage, ob er sich ein sportpolitisches Engagement vorstellen könne, weicht Vetter aus. Er wolle noch ein paar Jahre Sport treiben auf diesem Niveau und dann vielleicht Trainer werden, am besten Bundestrainer, schließlich habe in Deutschland niemand weiter geworfen als er. „Vielleicht bin ich der richtige für diesen Job.“ Für die Sportpolitik bringt er einen guten Bekannten aus Berlin ins Spiel: „Robert Harting wäre der Beste, DOSB-Präsident zu werden. Die Verbände sind überaltert, und Robert ist jung genug, einen Draht zu den Sportlerinnen und Sportlern und zur Politik zu haben.“ Als der Diskus-Olympiasieger noch sportlich aktiv war, habe er ihn eindrucksvoll gefunden: „Er war der deutsche Athlet.“ Harting vertritt mit seiner Agentur die Interessen von Vetter; Arbeit und Familie ließen ein solches Engagement nicht zu, sagt er.

Den Umgang mit der Öffentlichkeit musste Johannes Vetter, offensichtlich, 2017 noch lernen. Wie steht es heute mit dem Ruhm? „Könnte besser sein“, findet er. „Man muss schon so weit werfen wie ich, um von den Zeitungen und vom Fernsehen beachtet zu werden, wenn man nicht Fußball spielt.“ Mal schauen, was er sagt, wenn er Olympiasieger ist.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!