#Backen im Lastwagen
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„Backen im Lastwagen“
Als Konditorin kreiert Nanetta Ruf feine Torten, Kuchen und Kekse. Aber um ihren beruflichen Traum zu leben, braucht sie einen Lastwagenführerschein. Das mag auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, doch bei näherem Hinschauen wird daraus eine mutige Geschäftsidee. Die 29 Jahre alte Rockenbergerin will mit einem Lastwagen durch Hessen fahren, um auf Biohöfen die dort erzeugten Produkte an Ort und Stelle zu veredeln. Ihr Konzept namens KondiTOURei ist auf Betriebe zugeschnitten, die ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht selbst auf dem Hof verarbeiten können oder für die die Kosten für Produktionsräume und Personal höher wären als der Erlös.
Soll heißen: Der Hof liefert Milch, Obst oder Getreide oder alles zusammen, und Ruf macht ein Angebot für die Veredlung. Sie könne dann etwa Torten, Kuchen im Glas, Tartes und Törtchen, süße und herzhafte Aufstriche, Eingekochtes und Sirup bis hin zu Gewürzmischungen, Chutney und Pesto herstellen. Der Fantasie seien wenige Grenzen gesetzt – der Bauer liefere, sie verarbeite. Die fertigen Produkte könnten entweder im Hofladen, auf dem Wochenmarkt oder in jeder anderen Verkaufsstation angeboten werden. Mit diesem Konzept sei sie, soweit sie wisse, die erste am Markt, sagt Ruf.
Doch bis es so weit ist, muss sie noch einiges planen. So hat sie etwa die Arbeit an dem Aufbau für den Lastwagen im Blick, in dem ihre Küche untergebracht wird und der dann später auf das Fahrzeug aufgesetzt wird. Sie habe sich zuvor mit anderen unterhalten, die ebenfalls mobil Speisen zubereiteten, etwa in Foodtrucks. Aber das käme für sie nicht infrage, weil diese Trucks in der Regel zu klein seien. Auch von einem Lastwagen, auf dem eine Kücheneinheit fest installiert werde, halte sie nicht so viel. „Wenn mit dem Lkw etwas ist, dann könnte ich im Zweifel einige Wochen nicht zu meinen Kunden fahren“, sagt sie. Mithin verdiene sie in dieser Zeit auch kein Geld. Und das könne sie sich nicht leisten. Also habe sie sich für die separate, weitaus teurere Lösung entschieden. Jetzt müsse sie nur noch ein gebrauchtes Fahrzeug kaufen.
Ein Fahrzeugbauer aus Siegen übernimmt den Bau des Küchencontainers, eines Unikats. Am jeweiligen Einsatzort benötigt sie nur noch einen Starkstrom-, Wasser- und Abwasseranschluss, wie sie berichtet. Dann kann Ruf loslegen. „Damit werden regionale Wertschöpfungsketten gelebt und Ressourcen geschont. Wir vermeiden Transportwege der Rohstoffe, und für die Produktionsstätte werden keine Flächen versiegelt“, wirbt Ruf.
Keineswegs hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht
Der Weg zur Konditorin war für Ruf nicht unbedingt gradlinig, keineswegs habe sie hier ihr Hobby zum Beruf gemacht. „Ich habe früher nicht viel anderes als Marmorkuchen oder Streuselkuchen gebacken“, berichtet sie. Nach dem Abitur habe sie zuerst Geoökologie studiert. Das sei zwar sehr spannend gewesen, aber die beruflichen Perspektiven hätten sie entweder ins Büro oder ins Labor geführt. Keine Option für die junge Frau. Ihr Berufswunsch sollte drei Dinge umfassen: Er sollte kreativ sein, sie müsse ein Endprodukt sehen, und sie wolle etwas herstellen, was die Menschen wirklich brauchten.
Zuerst habe sie daran gedacht, Sattlerin oder Tischlerin zu lernen. Aber beide Optionen seien aus unterschiedlichen Gründen nicht infrage gekommen. Irgendwann kam die Idee der Konditorlehre. Zuerst habe sie sich den Dottenfelderhof in Bad Vilbel angeschaut und sei direkt angetan gewesen. Aber um ganz sicher zu sein, die Ausbildung wirklich wegen der Arbeit und nicht etwa wegen der schönen Atmosphäre und der netten Kollegen zu machen, habe sie sich noch andere Betriebe angeschaut. Aber am Ende habe festgestanden: Sie macht die Ausbildung auf dem Dottenfelderhof.
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In der Backstube des biologisch geführten Bauernhofs habe sie ihre Lehre abgeschlossen, anschließend ein Jahr gearbeitet, bevor sich ein Praktikum in einer französischen Patisserie anschloss. Später habe sie ihren Meister gemacht. Spätestens jetzt sei für sie klar gewesen, dass die Arbeit in einer klassischen Konditorei nicht das Richtige für sie wäre. „Ich möchte immer wieder etwas anderes machen und nicht immer den gleichen Kuchen backen, weil die Kunden ihn immer gleich gebacken haben wollen“, sagt sie. Selbständig zu arbeiten, kenne sie von zu Hause. Ihre Familie führt im Rosendorf Steinfurth eine Bio-Rosenschule. Ihr Bruder Manuel unterstütze sie unter anderem bei technischen Fragen.
Ruf muss ihren Plänen vertrauen
Lastwagenführerschein, Anlagen, Maschinen und alles andere kosten viel: Ruf muss ihren Plänen vertrauen, um auch das finanzielle Risiko einzugehen. Auf etwa 200.000 Euro beziffert sie die Anschaffungskosten. Da sind die etwas mehr als 10.000 Euro, die sie über die Crowdfunding-Plattform Startnext gesammelt hat, nur ein kleiner, aber willkommener Anschub. Es gebe einige Unterstützer, die recht tief in die Tasche gegriffen hätten, um ihren Traum zu verwirklichen.
Anfragen habe sie jetzt schon. Das seien im Moment noch Betriebe aus dem näheren Umkreis. Aber sie sei grundsätzlich bereit, auch weitere Wege zu fahren. Und wenn sich mehrere Betriebe in Norddeutschland fänden, würde sie auch dies erwägen. Ihr Betrieb sei EU-biozertifiziert. Daher spreche sie in erster Linie landwirtschaftliche Biobetriebe an. Aber auch das sei nicht in Stein gemeißelt.
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