Wissenschaft

#Bakterielle Verwandte der Mitochondrien identifiziert

Vor mehr als 1,6 Milliarden Jahren gingen die Vorläufer unserer Zellen eine Symbiose mit Bakterien ein, die seither eine unverzichtbare Rolle für den Zellstoffwechsel spielen: die Mitochondrien entstanden. Eine Studie hat nun heute lebende Meeresbakterien identifiziert, die wahrscheinlich Nachkommen der damaligen Urbakterien sind. Damit ergänzen die neuen Erkenntnisse einen wichtigen Puzzlestein in der seit Jahrzehnten geführten Debatte um die Ursprünge der Mitochondrien.

Die Mitochondrien gelten als Kraftwerke unserer Zelle. Aus Zucker und Sauerstoff gewinnen sie bei der Zellatmung Energie, die sie unseren Zellen zur Verfügung stellen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Vorläufer der Mitochondrien, die sogenannte Protomitochondrien, vor rund 1,6 bis 1,8 Milliarden Jahren per Endosymbiose in andere Zellen aufgenommen wurden. Ein Hinweis darauf ist, dass die Mitochondrien bis heute eine eigene DNA haben und von einer Doppelmembran umgeben sind. Erst durch die Symbiose mit den ursprünglich bakteriellen Kraftwerken konnten sich die Eukaryoten, also die Zellen mit Zellkern, zu ihrer heutigen Form entwickeln und so die Grundlage für die Entstehung aller komplexen Organismen bilden, von Algen bis hin zu Menschen.

Liste von Stoffwechselmerkmalen

„Der genaue bakterielle Ursprung der Mitochondrien und damit auch der Ursprung des aeroben Stoffwechsels unserer Zellen ist trotz der umfangreichen genomischen Informationen, die heute zur Verfügung stehen, nach wie vor umstritten“, erklärt ein Team um Otto Geiger von der Autonomen Universität Mexiko in Cuernavaca. „Wir haben mehrere Ansätze kombiniert, um die wahrscheinlichsten lebenden Verwandten der Urbakterien zu bestimmen, aus denen die Mitochondrien entstanden sind.“ Frühere Forschungen hatten bereits ergeben, dass es sich bei den Vorfahren der Mitochondrien wahrscheinlich um sogenannte Alphaproteobakterien handelte. Auf welche Linie dieser großen Gruppe von Bakterien sie zurückgehen, war allerdings bislang umstritten.

Geiger und sein Team haben für ihre Untersuchung spezifische Merkmale festgelegt, die potenzielle Kandidaten aufweisen müssten. Dazu zählt nicht nur die Fähigkeit, Sauerstoff zu verstoffwechseln, die grundlegend für den aeroben Stoffwechsel unserer Zellen ist, sondern auch die Fähigkeit, bestimmte Fettstoffe, sogenannte Lipide, herzustellen. „Eines dieser Merkmale betrifft die Enzyme, die am Stoffwechsel von Cardiolipin beteiligt sind, einem typischen Lipid der Prokaryonten, das nur in den Mitochondrienmembranen eukaryontischer Zellen vorkommt“, erklären Geiger und sein Team. „Der Leitgedanke unserer Strategie ist, dass bei der Entstehung der ersten eukaryontischen Zelle eine genomische Übertragung von Stoffwechselmerkmalen von einem Bakterium stattfand, das heute überlebende Nachkommen haben könnte.“

Ähnliche ökologische Nische wie im Ur-Ozean

Mit Hilfe phylogenetischer Daten analysierten die Forschenden, welche Alphaproteobakterien die von ihnen festgelegten Kriterien erfüllen. Eine Gruppe von parasitisch lebenden Bakterien, die früher als mögliche Verwandte der Mitochondrien vorgeschlagen wurden, die parasitisch lebenden sogenannten Rickettsiales, schieden dabei aus, da ihnen die entsprechenden Stoffwechselmerkmale fehlen. „Unser neuer Ansatz weist darauf hin, dass der Vorfahre der Protomitochondrien wahrscheinlich mit marinen Alphaproteobakterien verwandt war, die bisher nicht für die Evolution der Mitochondrien in Betracht gezogen wurden“, schreibt das Forschungsteam.

So ergab sich die höchste Übereinstimmung mit Bakterien der Gattung Iodidimonadales, die erst 2016 erstmals beschrieben wurde. Diese Meeresbakterien sind sowohl zu aerobem als auch zu anaerobem Stoffwechsel in der Lage und kommen vor allem in ökologischen Nischen vor, in denen die Sauerstoffkonzentration des Wassers stark schwankt. „Diese Umwelt könnte den Bedingungen ähneln, die in den Ozeanen zu der Zeit, als sich die Protomitochondrien entwickelten, vorherrschten“, erklären Geiger und sein Team. „Unsere Erkenntnisse passen also zu dem sich abzeichnenden Bild, dass ein Bakterium, das seinen Stoffwechsel je nach Umweltbedingungen mit oder ohne Sauerstoff gestalten konnte, der wahrscheinlichste Vorfahr der Protomitochondrien war.“

Quelle: Otto Geiger (Center for Genomic Sciences, UNAM Campus de Morelos, Cuernavaca, Mexico) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adh0066

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