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#Bestäubung unter Wasser

„Bestäubung unter Wasser

Die meisten Blütenpflanzen an Land werden von Insekten bestäubt. Doch offenbar ist diese Art der Fortpflanzung nicht den Landpflanzen vorbehalten: Forscher haben nun entdeckt, dass kleine Meereskrebse bei der Befruchtung von Rotalgen helfen. Ähnlich wie Bienen tragen sie die Samenzellen der männlichen Pflanze zur weiblichen. Während Wissenschaftler lange davon ausgingen, dass sich die tiervermittelte Bestäubung erstmals vor rund 140 Millionen Jahren bei Landpflanzen entwickelt hat, legen die neuen Ergebnisse nahe, dass eine ähnliche Entwicklung schon Millionen Jahre zuvor im Wasser stattgefunden hat.

Die Bestäubung durch Tiere gilt als ein typisches Merkmal der Blütenpflanzen an Land: Insekten oder kleine Vögel fliegen auf Nahrungssuche von Blüte zu Blüte und verbreiten dabei die Pollen, die an ihnen hängen bleiben, weiter. Doch offenbar können Tiere auch eine Rolle für die Fortpflanzung von Meerespflanzen spielen. 2012 entdeckten Forscher, dass kleine Meerestiere, die im Seegras leben, dieses bestäuben. Bislang war jedoch unklar, ob es sich dabei um eine seltene Ausnahme handelt, oder ob die tiervermittelte Bestäubung auch für weitere Wasserpflanzen eine Rolle spielt.

Teamwork von Rotalge und Krebs

Ein Team um Emma Lavaut von der französischen Akademie der Wissenschaften hat nun ein weiteres Beispiel gefunden, bei dem Tiere für die Fortpflanzung von Meerespflanzen entscheidend sind: „In Experimenten mit der Rotalge Gracilaria gracilis und den Meereskrebsen Idotea balthica haben wir nachgewiesen, dass biotische Interaktionen den Fortpflanzungserfolg der Alge drastisch erhöhen“, berichten die Forscher. Die rötlichen Spaghetti ähnelnde Rotalge kommt in allen warmen Meeren vor und spielt in Asien eine wichtige Rolle als Lebensmittel und als Agar-Lieferant. Ähnlich wie die Pollen bei Blütenpflanzen können sich die Keimzellen von Gracilaria gracilis nicht aus eigenem Antrieb fortbewegen. Bislang ging man daher davon aus, dass sie passiv über Wasserströmungen verbreitet werden.

Um herauszufinden, inwieweit auch die kleinen Krebstiere, die typischerweise auf den Algen leben, eine Rolle spielen, platzierten Lavaut und ihre Kollegen jeweils eine männliche und eine weibliche Algenpflanze 15 Zentimeter voneinander entfernt in einem Aquarium – einmal mit, einmal ohne Idoteen. Das Ergebnis: „In Gegenwart von Idotea balthica war der Befruchtungserfolg etwa 20 mal höher“, so die Forscher. Auch in weiteren Versuchsansätzen, in denen sie Idoteen, die zuvor an einer männlichen Alge saßen, in ein Aquarium setzten, in dem sich nur eine weibliche Alge befand, funktionierte die Befruchtung. Unter dem Mikroskop wiesen Lavaut und ihre Kollegen nach, dass am Körper der Idoteen tatsächlich Spermien der Rotalge klebten, befestigt mit einem klebrigen Schleim.

Die Forscher vermuten, dass die Beziehung zwischen Rotalge und Meereskrebs für beide Beteiligten Vorteile hat: Die Idotea-Krebse können sich in den Algen vor Fressfeinden verstecken und ernähren sich überdies von winzigen Kieselalgen, die sich auf der Oberfläche der Rotalge absetzen. Die Rotalge wiederum profitiert von der „Bestäubung“ durch die Krebstiere und kann zudem wahrscheinlich besser wachsen, da die Idoteen sie von den Kieselalgenablagerungen befreien.

Frühe Erfindung der Evolution

Die neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die tiervermittelte Befruchtung schon deutlich eher entwickelt hat als bisher angenommen. Die Gattung, zu der die untersuchte Rotalge gehört, entstand vor rund einer Milliarde Jahre, die Krebstiere vor rund 600 Millionen Jahren. Demnach ist es möglich, dass schon Algen von Tieren bestäubt wurden, bevor sich vor rund 450 Millionen Jahren die ersten Landpflanzen entwickelten – und lange bevor vor rund 140 Millionen Jahren die Blütenpflanzen entstanden.

„Die Studie von Lavaut und Kollegen weitet das Konzept der Bestäubung von Landpflanzen auf Algen aus und führt es möglicherweise bis zur frühesten Evolution der wirbellosen Meerestiere zurück“, schreiben Jeff Ollerton und Zong-Xin Ren von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, die nicht an der Studie beteiligt waren, in einem Kommentar, der ebenfalls in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde.

Quelle: Emma Lavaut (Centre National de la Recherche Scientifique, CNRS) et al., Science, doi: 10.1126/science.abo6661

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