Wissenschaft

#Leuchtende Botschafterin der Weichtiere

Sie erzeugt ihr eigenes Rampenlicht: Eine leuchtende Landschnecke aus Thailand wurde jetzt zum „Internationalen Weichtier des Jahres 2024“ gekürt. Neben der Rolle als Botschafterin der Mollusken wird der Gewinnerin des öffentlichen Wettbewerbs nun auch ein Forschungsprojekt gewidmet: Die Entschlüsselung ihrer Erbinformation soll Einblicke in die Prozesse ermöglichen, die hinter der Biolumineszenz bei Weichtieren stecken.

Der Titel soll auf die Bedeutung der oft wenig beachteten Vertreter der Mollusken und auf ihre Bedrohung aufmerksam machen: Zum vierten Mal haben die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die internationale Gesellschaft für Molluskenforschung den internationalen Wettbewerb zur Wahl des „Internationalen Weichtiers des Jahres“ organisiert. Zunächst wurden im vergangenen Jahr erneut Wissenschaftler und auch Laien dazu aufgerufen, eine Schnecken-, Muschel- oder Kopffüßer-Art für den Titel zu nominieren. Aus den Vorschlägen wählte anschließend ein Experten-Kuratorium zunächst fünf Finalisten aus, über die dann öffentlich abgestimmt werden konnte. Jetzt hat die Senckenberg Gesellschaft das Ergebnis der Onlinewahl präsentiert, an der über 6000 Personen teilgenommen haben.

Konkurrenten buchstäblich in den Schatten gestellt

Die Siegerin ist die kleine Landschnecke Phuphania crossei aus den Tropenwäldern Thailands. Sie wurde von Arthit Pholyotha von der Chulalongkorn University in Bangkok nominiert und konnte sich gegen zwei weitere Schnecken-Arten, eine Muschel und einen Tintenfisch durchsetzen.

Phuphania crossei wirkt zunächst unscheinbar – doch sie ist eine von nur wenigen Landschnecken-Arten, die leuchten können. © Arthit Pholyotha

Auf den ersten Blick wirkt sie mit ihrem bräunlich gezeichneten Häuschen und dem gelblichen Körper eigentlich unscheinbar. Doch Phuphania crossei konnte ihre teils spektakulär aussehenden Konkurrenten offenbar durch ihre Strahlkraft in den Schatten stellen: Die Schnecke erzeugt in bestimmten Zellen ihres Fußes und Mantels ein grünliches Leuchten, das sogar bei Tageslicht erkennbar ist. Sie kann es permanent erstrahlen lassen oder aber ausschalten. Das Fachwort heißt dabei Biolumineszenz: Diese Form der Lichterzeugung auf biochemischem Wege ist von verschieden Lebewesen aus unterschiedlichen Tiergruppen bekannt – das berühmteste Beispiel ist wohl das Glühwürmchen.

„Wir kennen einige Weichtiere, die leuchten können, wie zum Beispiel einige Tintenfische oder Nacktschnecken. Die meisten Arten mit dieser Eigenschaft leben jedoch im Meer. Daher ist eine leuchtende Landschnecke etwas Besonderes. Dass Phuphania crossei zu diesen wenigen Arten zählt, haben wir erst 2023 entdeckt, als wir sie genauer erforscht haben“, berichtet Pholyotha. In ihrer Veröffentlichung über die Schnecke berichten der Weichtierforscher und seine Kollegen zudem, dass diese Art neben der Lichterzeugung auch eine weitere schimmernde Besonderheit hervorbringt: Durch die Bestrahlung mit ultraviolettem Licht wird die Schnecke zusätzlich zu einem Fluoreszenz-Leuchten angeregt. Pholyotha und sein Team würden nun gern genauer erforschen, welche evolutionären Vorteile diese Tiere durch die aufwendigen Investitionen in die Lichteffekte gewinnen.

Genomsequenzierung für die leuchtende Titelträgerin

Außerdem interessieren sie sich für die genetischen Grundlagen der Biolumineszenz bei den Mollusken. Deshalb freut sich Pholyotha nun auch besonders über den Titelgewinn seiner Kandidatin, denn er ist mit einem zusätzlichen Preis verbunden: Der leuchtenden Botschafterin der Weichtiere wird nun eine vollständige Sequenzierung ihres Genoms durch das LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik in Frankfurt am Main gewährt. „Da sich die Biolumineszenz unabhängig voneinander in mehreren Abstammungslinien von Lebewesen entwickelt hat, kann die Aufschlüsselung des Genoms von Phuphania crossei dazu beitragen, die geheimnisvolle Welt der leuchtenden Weichtiere zu verstehen, die im Meer, im Süßwasser oder an Land leben“, erklärt Jurymitglied Carola Greve vom LOEWE-Zentrum. „Die umfassende Genomsequenzierung dieser Schneckenart wird Einblick in die Prozesse geben, die hinter der Biolumineszenz stehen.“

Abschließend hebt Julia Sigwart vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt aber auch erneut die übergeordnete Bedeutung des Wettbewerbs und des Titels „Internationales Weichtier des Jahres“ hervor: „Auch in diesem Jahr haben sich wieder so viele Interessierte aus der ganzen Welt beteiligt, darüber freuen wir uns sehr. Gemeinsam können wir mit dieser Initiative wieder auf die große Artenvielfalt der Weichtiere aufmerksam machen und in der Öffentlichkeit Begeisterung für ihre Eigenschaften wecken. Dies ist auch wichtig, um zum Schutz dieser häufig unterschätzten Organismen und ihrer Ökosysteme beizutragen“, sagt Sigwart.

Auch die Vorbereitungen zum Wettbewerb für das „Internationale Weichtier des Jahres 2025“ haben bereits begonnen, berichtet das Senckenberg Forschungsinstitut: Nominierungen sind ab sofort unter https://tbg.senckenberg.de/de/mollusc-of-the-year-nominations/ möglich.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!