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#Schweflige Einschlags-Zeugen

„Schweflige Einschlags-Zeugen

Der Einschlag des Chicxulub-Asteroiden vor 66 Millionen Jahren löste ein weltweites Massenaussterben und eine globale Kälteperiode aus. Strittig war jedoch bisher, wie groß der Anteil der beim Einschlag freigesetzten Schwefelgase daran war. Jetzt geben Analysen von Schwefel-Isotopen in Ablagerungen aus der Zeit des Impakts näheren Aufschluss. Sie legen nahe, dass damals reichlich Schwefelgase bis in die Stratosphäre aufgestiegen sein müssen und dort Aerosole bildeten. Diese aus verdampftem Gestein des Einschlagsgebiets und aus Bränden stammenden Aerosole breiteten sich dann weltweit aus und sorgten für einen bis zu 30 Jahre anhaltenden Kühleffekt, wie das Team berichtet.

Vor rund 66 Millionen Jahren löste der Einschlag des Chicxulub-Asteroiden in Yucatan ein globales Massenaussterben aus – und den Untergang der Dinosaurier. Der Impakt setzte in Sekundenbruchteilen die Energie von zehn Millionen Hiroshima-Bomben frei und könnte schon in den ersten Stunden und Tagen alles Leben in weitem Umkreis vernichtet haben. Indizien zufolge löste der Einschlag in weiten Teilen der Welt ausgedehnte Brände und Tsunamis aus, außerdem setzte der Einschlag große Mengen an Kohlendioxid, Staub, Ruß und schwefelhaltigen Gasen frei. Vor allem letztere können Schwefelaerosole bilden, die Teile des Sonnenlichts reflektieren und so abkühlend auf das Erdklima wirken. „Diese Sulfat-induzierte Abkühlung, der schwefelhaltige saure Regen und die Abdimmung des für die Photosynthese verfügbaren Lichts wurden als primäre Ursachen des Massenaussterbens nach dem Einschlag vorgeschlagen“, erklären Christopher Junium von der Syracuse University in New York und seine Kollegen.

Spurensuche in Impakt-Ablagerungen

Strittig ist allerdings bisher, wie viel Schwefel während der Katastrophe am Ende der Kreidezeit freigesetzt wurde – die Spanne der Schätzungen reicht von 30 bis 540 Gigatonnen. Ebenso unklar ist, wie hoch diese Schwefelemissionen in der Atmosphäre aufstiegen. „Eine länger anhaltende Abkühlung findet nur statt, wenn die Aerosole sich in der Stratosphäre bilden, wo sie über Jahre bis Jahrzehnte verweilen können“, erklärt das Team. Steigen die schwefelhaltigen Gase hingegen nur bis in die untere Atmosphäre, die Troposphäre, auf, werden sie schnell durch Regen und andere Niederschläge wieder ausgewaschen und halten sich daher nur Tage bis Wochen. Modellsimulationen haben zwar bereits nahegelegt, dass Ausgasungen durch den Chicxulub-Einschlag in beträchtlichem Maße auch bis in die Stratosphäre gelangten, direkte Belege waren jedoch rar.

Junium und seine Kollegen haben deshalb einige vor, während und nach dem Einschlag gebildete Ablagerungen am Brasos River in Texas auf mögliche Spuren der impaktbedingten Schwefelemissionen untersucht. Diese Gesteinsformationen liegen rund 1300 Kilometer vom Einschlagsort auf Yucatan entfernt in einem Gebiet, das am Ende der Kreidezeit eine flache Meereslagune war. „Die Sedimente am Brasos River repräsentieren eine außergewöhnlich guterhaltene und kontinuierliche Schichtenfolge über die gesamte Kreidezeit-Paläogen-Grenze hinweg“, erklären die Forscher. Deutlich sind in den Gesteinsformationen die nach dem Einschlag niedergegangenen Gesteinsglas-Kügelchen, aber auch Tsunamispuren zu erkennen. Für ihre Studie unterzogen die Wissenschaftler Gesteinsproben einer Isotopenanalyse, bei der sie die relativen Anteile der Schwefel-Isotope 33S, 34S und 36S ermittelten.

Schwefel-Signatur des Einschlags

Die Analysen ergaben, dass in den nach dem Einschlag abgelagerten Sedimentschichten der Anteil des schwereren Schwefelisotops 34S gegenüber dem leichteren 33S erhöht war: „Die 34S-Anreicherung von im Mittel +7,6 Promille innerhalb der Ejekta-Materialien setzt sich deutlich von den Werten der umgebenden Schichten ab“, berichten Junium und seine Kollegen. Wie sie erklären, spricht das Isotopenverhältnis dafür, dass dieser Schwefel nicht aus biologischen und biogeochemischen Prozessen stammt, sondern primär aus den beim Einschlag verdampften Gesteinen im Umfeld des Chicxulub-Kraters. Einen weiteren Beitrag könnten Schwefelgase durch die ausgedehnten Brände nach dem Einschlag geliefert haben, so die Forscher. Aus der Präsenz dieser Schwefel-Signaturen schon unmittelbar nach dem Einschlag, aber auch weit darüber hinaus und der Entfernung des Brasos River zum Chicxulub-Krater schließen sie zudem, dass diese Schwefelgase über die Stratosphäre bis an diesen Ablagerungsort transportiert worden sein müssen.

„Die Schwefelisotopen-Signatur liefert uns den geochemischen Fingerabdruck von stratosphärischen Sulfat-Aerosolen, die aus dem beim Impakt freigesetzten Schwefeldioxid und/oder Biomasseverbrennung entstanden sind“, erklären die Wissenschaftler. Dies bestätigt damit die Ergebnisse von theoretischen Modellen und stützt die Annahme, dass der Chicxulub-Einschlag einen Aerosolschleier in der Stratosphäre erzeugte, der über Jahre hinweg das Sonnenlicht dimmte und das Klima abkühlte. „Wir schätzen, dass die Produktion der Schwefelaerosole und ihr Ausregnen rund 30 Jahre lang angehalten haben könnte und global verbreitet war“, schreiben Junium und seine Kollegen. Der Einschlag des Chicxulub-Asteroiden könnte demnach sogar eine längere Kälteperiode ausgelöst haben als bislang angenommen. „Unsere Daten liefern direkte Belege für die lange vermutete primäre Rolle von Sulfataerosolen für den Postimpaktwinter und das globale Massenaussterben“, so das Team.

Quelle: Christopher Junium (Syracuse University, New York) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2119194119

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