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#Er wäre so gern das Opfer

„Er wäre so gern das Opfer“

Käpt’n Köln (Guido Renner) versucht wirklich alles, um seine Gäste in Stimmung zu bringen. Noch bevor sich die „Agrippina“ vom Anleger an der Hohenzollernbrücke gelöst hat, dröhnt eine dieser kölschen Selbstverherrlichungshymnen aus den Lautsprechern, von denen die „schönste Stadt der Welt“ nicht genug kriegen kann, und ein launiges Witzchen („Liebe Passagierende“) legt „Hachmut“ am Mikro noch obendrauf.

Es zieht nicht, jedenfalls nicht bei Daniel Huberty (Stephan Kampwirth), einem drahtigen Ex-Mathelehrer, der mittler­weile auch ein drahtiger Ex-Ehemann und Ex-Nachhilfeschule-Besitzer ist. Während andere Gäste an Deck beweisen, dass Kölsch die einzige Sprache der Welt ist, die man singen und trinken kann, hat der Sonnenbrillenträger schlechte Laune für zwei. Er denkt an den Ruf, der ihm seit zehn Jahren anhängt, den Zusammenbruch seines früheren Lebens und Jana, vor allem die.

2012 wurde Huberty zu anderthalb Jahre Gefängnis verurteilt; er hatte die 14 Jahre alte Schülerin Jana Künitz missbraucht. Nun soll die Menschheit erfahren: Die Liebe war doch echt und das Urteil eine üble Verschwörung! Sagt Huberty. Er bringt die „Agrippina“ mit einer Pistole und einer Bombendrohung in seine Gewalt und verlangt, dass man ihm endlich zuhöre.

Fünf Verantwortliche für seinen Niedergang

Für uns ist das netter als für die Passagiere an Bord. „Hubertys Rache“, geschrieben von Eva und Volker A. Zahn, die für den Gymnasiasten-Thriller „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“ 2009 mit einem Grimme-Preis bedacht wurden, erweist sich als Kammerstück, das auch ohne Rheinpan­orama, ja, sogar ohne Kommissare funktionieren würde: Der Geiselnehmer hat eine Kamera im Schiff aufgebaut. Er will fünf Menschen vorführen, die er für seinen Niedergang verantwortlich macht, schickt eine entsprechende Liste nach draußen, und so braust bald ein Zubringerboot über den Rhein. Nur die Staatsanwältin Svenja Poulsen (Christina Große), die Huberty während seines Verfahrens besonders erzürnte, muss von der hektisch ermittelnden Kölner Polizei nicht erst kontaktiert werden. Poulsen ist mit ihrer Tochter Amelie (Anna Bachmann) bereits an Bord und stellt fest, dass die Diskussion über Amelies Schulabschluss keineswegs der nervenaufreibendste Part des Ausflugs gewesen ist.


Trailer
:

Tatort: „Hubertys Rache“


Video: ARD, Bild: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas

„Hubertys Rache“ ist der 84. Fall für Max Ballauf (Klaus Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), und auch die Krimi-Liste des Ehepaars Zahn ist lang – beides merkt man der Produktion mitunter an. Nicht einmal die Kamera weicht vom Gewohnten ab. Aber Geiseldramen sind ja per se fesselnd, weil alle Beteiligten psychisch auf Kante genäht sind, und die Altherren-Weisheiten zum Zustand der Welt ungeahnt aktuell: „Heutzutage denkt jeder, er hätte das Recht durchzudrehen, nur weil er sich gekränkt fühlt.“ Bei den Dreharbeiten war das Gemurmel von Freddy noch als Kommentar zu den Wutbürgern im Land gemeint. Bei der Ausstrahlung denkt man sofort an einen Wutpräsidenten. Daniel Huberty, der sich wie alle Pädagogen in der Lage sieht, „komplizierte Sachverhalte differenziert zu erfassen“, bezeichnet die Geiselnahme unterdessen als „Aktion“ zu seiner „öffentlichen Rehabilitierung“. Ob er im Fall der Fälle wirklich seine Waffen benutzen würde, bleibt durch das gedrosselte Spiel von Stephan Kampwirth lang in der Schwebe. Die Polizei muss schon deshalb davon ausgehen, weil Huberty schon vor seiner „Aktion“ am Tod eines Schiffstechnikers schuld war.

Aber Huberty ist als Typ „eher sanft“. So will er erscheinen, und so erklärt es zunächst auch das Opfer von einst, die mittlerweile volljährige Jana Künitz (Mathilde Bundschuh). Sie lebt zum Zeitpunkt der Bootsentführung lieber mit einem Hund als einem Partner auf einem Campingplatz in Rheinnähe, und selbstverständlich mündet dieser gemächlich eskalierende „Tatort“ (Regie: Marcus Weiler) in einem Gespräch zwischen ihr und dem Mann, der seine „Schutzbefohlene“ erfolgreich umgarnte und schließlich missbrauchte.

Auch schauspielerisch ist die Begegnung von Täter und Opfer der Höhepunkt von „Hubertys Rache“. Mathilde Bundschuh spielt Jana mit Raum für die echten Gefühle, die es zwischen dem Mädchen und dem beliebten Mathe-Physik-Lehrer einst gab. Und doch unterstreicht sie mit ihrem immer härter werdenden Blick, mit immer unmissverständlicheren Worten den Schrecken der Erfahrung: „Wenn ich an deinen Geruch denke, wird mir heute noch schlecht.“ Dieser Auftritt hallt nach.

Der Tatort: Hubertys Rache läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.

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