#CO₂-Armut könnte Lebensfreundlichkeit aufdecken
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Auf welchen Exoplaneten könnte es tatsächlich Ozeane geben? Um erdähnliche Welten im All zu identifizieren, könnte man die Kohlendioxidgehalte ihrer Atmosphären mit denen ihrer Nachbarplaneten vergleichen, sagen Astronomen. Ihre Studie verdeutlicht, dass ein Planet mit auffallend wenig CO₂ in der Gashülle darauf schließen lässt, dass es auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser oder sogar Leben geben könnte. Denn der geringe Gehalt kann auf die Bindung des Gases in Meeren oder in umfangreicher Biomasse zurückzuführen sein. Atmosphärische CO₂-Befunde in fernen Planetensystemen könnten somit die vielversprechendsten Kandidaten für genauere Untersuchungen in den Fokus rücken, sagen die Forscher.
Ein Blick vom Weltall aus verdeutlicht, was unseren Heimatplaneten auszeichnet: Blau schimmernde Ozeane – die Erdoberfläche ist von flüssigem Wasser geprägt. Im Hinblick auf die mittlerweile über 5000 entdeckten Exoplaneten im All drängt sich dabei geradezu die Frage auf, ob sich unter ihnen weitere blaue Juwelen befinden. Auf derart wasserreichen Exoplaneten könnten sich zudem Lebensformen entwickelt haben, wie wir sie kennen. Bei der Suche nach erdähnlichen Planeten konzentrieren sich Astronomen grundsätzlich auf Himmelskörper in der sogenannten habitablen Zone um ferne Sterne. Dabei handelt es sich um einen Bereich, in dem ein kreisender Planet ein Strahlungsniveau abbekommt, bei dem die Entstehung von flüssigem Wasser auf seiner Oberfläche theoretisch möglich ist.
Möglich – doch gibt es tatsächlich Wasser?
Ob das lebensfreundliche Nass wirklich da ist, bleibt aber unklar. Denn mit den derzeitigen Möglichkeiten der Astronomie lassen sich Wasserflächen bei Exoplaneten nicht erkennen. Deshalb sind indirekte Informationsquellen gefragt. Zu ihrer Idee kamen die Astronomen um Amaury Triaud von der University of Birmingham nun bei einem vergleichenden Blick auf die Gesteinsplaneten in unserem Sonnensystem. Venus, Erde und Mars weisen einige Ähnlichkeiten auf und kreisen in einem Bereich mit gemäßigter Einstrahlung um die Sonne. Die Erde ist aber der einzige Planet in dem Trio, der heute noch Gewässer beherbergt. Ein weiterer deutlicher Unterschied ist der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre. Bei uns sind es nur geringe Mengen – bei Mars und Venus bildet das Gas hingegen über 95 Prozent der Atmosphäre.
„Wir gehen davon aus, dass diese drei Planeten auf ähnliche Weise entstanden sind, und wenn wir jetzt einen mit viel weniger Kohlendioxid sehen, muss es also irgendwohin gegangen sein“, sagt Triaud. Dabei zeichnet sich klar ab: Der intensive Wasserkreislauf auf der Erde hat der Atmosphäre das CO₂ entzogen. Im Laufe der Erdgeschichte haben die Ozeane demnach etwa die Menge geschluckt, die heute in der Atmosphäre der Venus vorliegt. „Auf der Erde wurde ein Großteil des atmosphärischen Kohlendioxids im Laufe geologischer Zeitskalen in Meerwasser und Gestein gespeichert, was über Milliarden von Jahren zur Regulierung des Klimas und der Lebensfreundlichkeit beigetragen hat“, sagt Co-Autor Frieder Klein von der Woods Hole Oceanographic Institution.
Ein deutlicher Hinweis
Im Rahmen ihrer Studie trugen die Forscher nun die relevanten chemischen, geologischen und biologischen Einflussfaktoren zusammen und analysierten die Prozesse, die im Fall der Erde mit der CO₂-Reduktion verbunden sind. Anhand von Modellsimulationen analysierten sie zudem, inwieweit andere Ursachen für eine atmosphärische Kohlendioxid-Armut bei Planeten verantwortlich sein könnten. „Wir untersuchten die Wahrscheinlichkeit falsch-positiver Signale und stellten fest, dass alle, die wir uns vorstellen konnten, unwahrscheinlich erscheinen“, schreiben die Wissenschaftler. Das Team kommt deshalb zu dem Schluss, dass CO₂-Armut bei einem Exoplaneten im Vergleich zu seinen Nachbarn ein deutliches Signal für flüssige Ozeane oder sogar Leben auf seiner Oberfläche darstellt.
Den Forschern zufolge lässt sich dies nun in eine konkrete Strategie für die Suche nach erdähnlichen Planeten umsetzen. Am besten würden sich dafür Systeme eignen, von denen bereits mehrere Kandidaten bekannt sind: etwa gleich große und benachbarte Gesteinsplaneten – analog zu Venus, Erde und Mars. Der erste Schritt besteht dann im grundsätzlichen Nachweis von Atmosphären durch Untersuchungen des durch sie scheinenden Lichts beim Transit vor dem Stern. Sobald Astronomen feststellen, dass mehrere Planeten in einem System Atmosphären beherbergen, können sie mit der Messung ihres Kohlendioxidgehalts fortfahren. „Kohlendioxid ist ein sehr starker Absorber im Infrarotbereich und lässt sich in der Atmosphäre von Exoplaneten nachweisen“, erklärt Co-Autor Julien de Wit vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) der NASA hat diese Fähigkeit bereits gezeigt.
Lebenswelten auf der Spur
Wenn sich eine CO₂-Armut abzeichnet, wäre dies dann ein deutlicher Hinweis darauf, dass es auf der Oberfläche eines Exoplaneten erhebliche Mengen flüssigen Wassers gibt. Das allein deutet aber noch nicht auf Leben hin. Um wiederum darauf Hinweise zu erhalten, schlägt das Team vor, bei den identifizierten Kandidaten anschließend gezielt nach dem Vorhandensein einer anderen Substanz in der Atmosphäre zu suchen: Das JWST könnte auch das aus drei Sauerstoffatomen bestehende Ozon nachweisen. Dabei handelt es sich um einen indirekten Beleg für Sauerstoff, der in seiner zweiatomigen Form bisher nur schwer spektroskopisch erfasst werden kann. Der konkrete Gedanke ist dabei: Bestimmte Alien-Organismen könnten bei Photosynthese-Prozessen Sauerstoff abgeben, der sich mit den Photonen der Sternenstrahlung in Ozon umwandelt. „Wenn wir Ozon sehen, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass es mit dem Kohlendioxidverbrauch von Leben zusammenhängt“, sagt Triaud. „Es müsste sich dann auch um eine Biomasse im Planetenmaßstab handeln, die eine große Menge Kohlenstoff verarbeiten kann.“
Für die Anwendung ihres Verfahrens haben die Wissenschaftler auch bereits ein geeignetes System im Visier: Die sieben bekannten Planeten, die den hellen Stern TRAPPIST-1 umkreisen, der nur 40 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. „Es handelt sich um eines der Systeme, bei denen wir mit dem JWST terrestrische Atmosphärenstudien durchführen konnten“, sagt de Wit. „Jetzt haben wir einen Ablaufplan für die Suche nach lebensfreundlichen Planeten. Wenn wir alle zusammenarbeiten, könnten in den nächsten Jahren bahnbrechende Entdeckungen gemacht werden“, so der Wissenschaftler abschließend.
Quelle: Massachusetts Institute of Technology, University of Birmingham, Fachartikel: Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-023-02157-9
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