Allgemeines

#Coming-out: Ein Coming-out ist keine Frage der Bequemlichkeit

Billie Eilish glaubt nicht an Coming-outs. Gerade hat sie in einem Interview mit dem Magazin Variety erzählt, dass sie Frauen attraktiv fände. Sie sagte das ziemlich beiläufig, selbstverständlich. Bei einer Preisverleihung am Samstag ergänzte sie dann, sie dachte, es sei schon längst offensichtlich und dass sie nicht so wirklich an die Idee von Coming-out glaube. Warum müsse sie noch explizit darüber reden? Könnte sie nicht einfach existieren, so wie sie ist? 

Natürlich kann sie das, daran besteht kein Zweifel. Queeres Coming-out, also das öffentliche Bekanntmachen, dass jemand beispielsweise schwul, lesbisch, trans oder nicht binär ist, ist absolut keine Pflicht, und es gibt viele gute Gründe, warum Menschen diese Identitätsaspekte nicht teilen wollen. Queersein ist nichts Außergewöhnliches, nichts Neues und muss daher auch nicht extra offenbart werden – queere Menschen gab es schon immer, überall.

Wenn junge Menschen jetzt, mit mehr Sicherheit und Leichtigkeit, nicht mehr über ihre Queerness sprechen und Coming-out als überflüssig gilt, dann kann das ihr Recht sein. Aber es ist auch eine Gefahr. Denn für den Großteil der Welt ist queeres Leben alles andere als selbstverständlich. Wer die Möglichkeit hat, selbstverständlich queer zu leben, darf diese Realität nicht vergessen. 

Das Leben von queeren Menschen bleibt massiv bedroht – weltweit. Im Kleinen, wenn ein Markus Söder verkündet, inklusive Sprache an Schulen zu verbieten, und konservative Lobbys von Deutschland und Frankreich bis in die USA die große Angst der queerfeministischen Indoktrination schüren. Oder im Großen, wenn Deutschland Asylsuchende zwangsoutet, indem bei der Überprüfung des Fluchtgrundes ihre queere Identität mit Behörden im Heimatland geteilt wird. Oder wenn queeren Menschen kein Schutz gewährt wird, weil das Flüchtlingsamt argumentiert, sie könnten ihre Identität ja auch einfach geheim halten. Immer mehr Länder machen Queerness illegal, wie zuletzt Russland. Und im Iran, in Uganda oder in Ghana drohen queeren Menschen Haftstrafen bis zur Todesstrafe. In diesem Jahr sind bereits mehr als 320 Menschen weltweit ermordet worden, weil sie trans sind. 

Alles andere als selbstverständlich

Queerness ist eben nicht Normalität, sondern Überlebensfrage. Deshalb ist auch der Akt des Coming-out für viele Menschen etwas viel Größeres. Diese Entscheidung ist keine Frage, ob man darauf Lust hat oder nicht, sondern vor allem eine Frage von Sicherheit. Der Schritt, eventuell doch out zu sein, hängt häufig damit zusammen, sich bewusst aus der schmerzhaften Isolation hinauszubewegen, Teil einer Community zu werden, trotz aller Bedrohung und Gefahr. Eine solche Abwägung ist zutiefst politisch und alles andere als selbstverständlich. 

Wenn die Menschen, die gerade weniger bedroht sind, weniger Gewalt erleben und mehr Anpassungsmöglichkeiten haben, nicht mehr über queeres Leben sprechen wollen, entpolitisieren sie Queerness. Und das ist gefährlich. Wenn konservative und rechte Menschen wie Alice Weidel oder Jens Spahn davon sprechen, sie seien nicht queer, zielen sie auf genau diese Entpolitisierung ab. Für sie gibt es keinen Zusammenhang zwischen ihrem Leben und den Rechten anderer schwuler, lesbischer, trans oder nicht binärer Menschen. Für sie hat ihre Sexualität keine Auswirkung auf ihre Politik – ganz im Gegenteil, sie arbeiten ganz aktiv dafür, dass ein Leben entgegen den Normen noch stärker bedroht und kriminalisiert wird.

Ganz so weit wie die Politik von AfD und CDU muss es aber gar nicht gehen. Denn auch Billie Eilish und die Entwicklung, für die sie steht, sind eine Entpolitisierung. Für sie mag es keine großen Konsequenzen haben, über ihre Queerness zu sprechen – oder eben auch nicht. Aber gerade in einer Position, die momentan sicherer und weniger bedroht ist, sind wir es unseren queeren Geschwistern und Vorreiter:innen schuldig, den Blick auch über uns selbst hinaus zu erweitern. Und dafür zu kämpfen, irgendwann tatsächlich alle in einer befreiten Welt der queeren Selbstverständlichkeit zu leben. 

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Allgemeines kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!