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#Corona bringt sie noch näher zusammen

Corona bringt sie noch näher zusammen

Wenn es eine Fernsehserie meisterhaft versteht, mit den Gefühlen ihres Publikums zu spielen – wer als Zuschauer nicht wenigstens eine Träne im Knopfloch trägt, ist wirklich hartgesotten –, dann die amerikanische Familiensaga „This Is Us – Das ist Leben“. In seiner fünften Staffel angekommen, hat das Opus magnum von Dan Fogelman eine weitere herausragende Qualität entwickelt: Konsequent wie keine andere fiktionale Produktion integriert die in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft spielende Serie die Corona-Pandemie in die Erzählung.

Ursula Scheer

Nun könnte man sagen: Gut, sie hat im Präsens auch keine andere Wahl. Doch wird hier der Alltag mit dem Virus nicht nur abgehandelt, sondern so intensiv durchlitten wie all die anderen Katastrophen im Leben und Sterben der vom Schicksal wahrhaft überproportional heimgesuchten Pearsons.

Diesem Clan, geboren daraus, dass Rebecca (Mandy Moore) und Jack (Milo Ventimiglia) 1980 Drillinge bekommen, ein Kind verlieren und einen anderen Säugling adoptieren, ist nichts Tragisches fremd. Ein abgebranntes Haus und der vorzeitige Tod des Vaters, Alkoholismus, Adipositas, Drogenmissbrauch, Kindstod, Behinderung, Identitätskrisen, Depression, Coming-outs, Rassismuserfahrungen, häusliche Gewalt, die langen Schatten von Vietnam, gescheiterte Karrieren – all das ist sind nur Ausschnitte aus dem Spektrum der Seelennöte.

Im gegenwärtigen Erzählstrang ist Fogelman bemüht, aktuelle Geschehnisse einzuflechten, um ein authentisches Gefühl für das Hier und Jetzt zu vermitteln. Dass der Tod des von einem Polizisten auf offener Straße erstickten Afroamerikaners George Floyd und die Black-Lives-Matter-Bewegung die Geschwister Kevin, Kate und Randall (Justin Hartley, Chrissy Metz und Sterling K. Brown) mit voller Wucht treffen würde, war abzusehen: Der adoptierte Randall kam als schwarzes Kind in eine weiße Mittelklassefamilie und ist im Trio der „big three“ ein Solitär. Nun treibt ihn die Frage nach der eigenen Zugehörigkeit in noch dramatischerer Weise um als bisher.

Kevin, inzwischen zum Hollywood-Star aufgestiegen, muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass er Zwillinge – ja, die Geschichte wiederholt sich gern in „This is Us“ – mit seiner eher zufälligen Liebschaft Madison erwartet. In deren Rolle macht Fogelmans Ehefrau Caitlin Thompson gerade eine reichlich unglaubwürdig herbeigeschriebene Charakterwandlung vom hyperaktiven Nervenbündel zur Idealpartnerin durch. Es gibt eben Hoffnung auf Besserung für alle. Auch für Kate: Sie setzt alles daran, ein Kind zu adoptieren, während der als Frühchen blind geborene Sohn im Kleinstkindalter inzwischen offenbar derart pflegeleicht ist, dass er immerzu schläft oder bei der Nanny ist und deshalb nie ins Bild kommt.

Ohne die Covid-19-Krise wäre das ziemlich viel „history repeating“ mit überzogenen Herzschmerzgeschichten. Außer auf eine Neuauflage der „big three“ im Miniformat – Kevins und Kates Babys – liefe es auf wenig Originelles hinaus. Auch dass die Serie die Präsidentenwahl 2020 derart weiträumig umkreist, dass sie schlichtweg nicht vorkommt, ist kein Ruhmesblatt. Aber wer wollte in einem gespaltenen Land schon die Hälfte der Zuschauer verlieren? Der Sender NBC jedenfalls nicht.

Das Virus aber reißt es raus. Was mit linkischem Händedesinfizieren und Maskentragen begann, hat sich zu einer ausgefeilten Dramaturgie entfaltet: Da wird zum Schnelltest gegriffen und sich in Quarantäne begeben, bevor man einander auf einen Besuch treffen kann; da haben die Seniorin Rebecca und ihr zweiter Ehemann sich in das Ferienhaus im Wald zurückgezogen; da stehen Jobs auf der Kippe. Die nun von allen exzessiv genutzten Mittel, sich per Telefon, Textnachrichten und Zoom-Konferenzen miteinander zu vernetzen, setzt Fogelman in der zweiten Hälfte der Staffel als Treiber der Handlung ein.

Ohne einen missglückten Streaming-Auftritt des Lokalpolitikers Randall würde dieser wohl nie die Wahrheit über seine biologische Mutter herausfinden. Ohne den pandemiebedingten Zwang, außerhalb des Krankenhauses auf die Geburt seiner Adoptivtochter zu warten, würde Kates Mann Toby (Chris Sullivan) nicht den älteren Herrn treffen, dessen Erinnerungen zum Namensbestandteil einer zukünftigen Pearson werden. Und ohne die neue Selbstverständlichkeit im Umgang mit Videotelefonie würde es völlig überzogen wirken, wie Randall und seine Frau der auf sich gestellten Madison per Zoom durch die ersten Wehen mit Mund-Nasen-Schutz helfen, bis hoffentlich irgendwann Kevin auftaucht.

Das Hohelied auf den Segen der technisch machbaren Nähe auf Distanz singt auch eine Nebenhandlung, die einen Pionier des Internets feiert. So gelingt es Fogelman in der Zeit des „social distancing“, sein Herzensanliegen – dass alle mit allen verbunden sind – auf neue Weise sinnfällig zu machen. Damit rettet er „This Is Us“ nicht nur in die sechste Staffel, sondern schafft tatsächlich so etwas wie ein Dokument unserer Zeit.

This Is Us ist auf Amazon Prime abrufbar.

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