#Dampf auf großer Spur
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„Dampf auf großer Spur“
Ein lauter Pfiff, das schmissige Kommando „Alles einsteigen und Türen schließen!“, dann zieht die Modelldampflok in grüner Länderbahnlackierung ihren Zug fauchend und im Takt der angestrengt arbeitenden Zylinder aus dem Bahnhof. Die Passagiere, Kinder wie Erwachsene, sind begeistert vom Erlebnis mit dem Flair einer Museumsbahn im Miniaturformat. Auch Klaus Weingärtner freut sich: „Endlich wieder Betrieb nach zwei Jahren Pause“, sagt der 67 Jahre alte Besitzer des Triebfahrzeugs und Abteilungsleiter Großbahn des Eisenbahnersportvereins im ehemaligen Mainzer Stadtteil Bischofsheim.
Am 1. Mai hat der Verein den Saisonbetrieb seiner Anlage (www.esv-grossbahn.de) eröffnet, die mehr als zwei Kilometer Gleise der Spurweite 5 Zoll (127 Millimeter) umfasst. Das Format des Fahrwegs gibt den Maßstab der Modelle vor: Die Schlepptenderlok mit vier angetriebenen Achsen ohne Vor- und Nachlaufachse (D-Kuppler) ist einer Güterzuglokomotive für die Vollbahn mit 1435 Millimeter Spurweite nachempfunden – so kommt der Maßstab von rund 1:11 zustande. Prinzipiell gilt, dass der Maßstab desto größer wird, je kleiner die Spur des Vorbilds ist. Im Fall der 5-Zoll-Anlage ist das beispielsweise ein Größenverhältnis von 1:6 bei Vorbildern mit Bosnischer Spurweite (30 Zoll) oder Feldbahnen.
Im Kleinen ganz originalgetreu ist der Betrieb: Die Lok wird mit Kohle befeuert, deren Wärmeenergie das Wasser im Kessel verdampfen lässt – der Dampf schließlich treibt die Zylinder an. Hinter dem Tender endet der detaillierte Modellbau. Denn statt realistischer Personenwagen ist für den öffentlichen Fahrtag mit Passagieren eine Garnitur robustes Rollmaterial in der Form kleiner Bänke mit weichem Sitzpolster angekuppelt: Bei diesen Größenverhältnissen sitzen die Fahrgäste quasi auf dem Dach der Wagen.
Faszinierender Blick auf realistisch arbeitende Technik
Auch andere Vereine mit Großbahnanlagen freuen sich über den Saisonstart. „Der Hunger nach dem Hobby ist groß, unter den Modellbauern genauso wie in der Öffentlichkeit“, sagt Thomas Adler. Der Zahnarzt aus Leverkusen ist Vorsitzender des Dampfbahn-Clubs Deutschland (DBC-D), der als Dachverband für das Hobby fungiert. 15 Vereine mit eigenen Anlagen sind dem Club angeschlossen. Gefahren wird dort auf den Spurweiten 3,5 Zoll (89 Millimeter), 5 Zoll (127 Millimeter), 7,25 Zoll (184 Millimeter) und 10,25 Zoll (260 Millimeter). Die Maßangaben sind auch ein Hinweis auf den Ursprung des Hobbys: „Es kommt von den Britischen Inseln“, sagt Adler mit Blick auf die Spurweiten.
Den Besuchern und Betrachtern bieten vor allem die Großmodelle der Dampfloks einen faszinierenden Blick auf realistisch arbeitende Technik, bis hin zur funktionsfähigen Heusinger-Steuerung. Sind die Loks erst einmal aufs Gleis gesetzt, fahren sie scheinbar mühelos. Vorher stellen die Maschinen aber für ihre Besitzer eine logistische Herausforderung dar. Denn auch ohne die Betriebsmittel Wasser und Kohle bringt eine Dampflok im Maßstab 1:11 rund 250 Kilogramm auf die Waage, sagt Ralph Wilhelm, Schriftführer der Bischofsheimer Großbahner. Deshalb gibt es auf dem Vereinsgelände eine ausgeklügelte Infrastruktur mit Hebebühnen und erhöht angeordneten Anheizgleisen samt Drehscheibe, um die Modelle rückenschonend für den Einsatz vorzubereiten.
Großbahnen
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Im Maßstab 1:11
Wenn der Verbandspräsident Zahnmediziner ist, haben dann andere in dem Hobby Aktive eine berufliche Beziehung zur realen Bahn? In Bischofsheim ist das jedenfalls nicht der Fall, obwohl die Gemeinde sozialhistorisch stark von der Eisenbahn geprägt ist: Hier befindet sich ein wichtiger Knotenpunkt an der Rhein-Main-Bahn, die Mitte des 19. Jahrhunderts von der damaligen Hessischen Ludwigsbahn zwischen Mainz und Aschaffenburg gebaut wurde und beide Städte mit der großherzoglich-hessischen Residenz Darmstadt verband. Doch Abteilungsleiter Weingärtner arbeitete vor seinem Ruhestand in einem Automobilunternehmen, Ralph Wilhelm ist Bestatter, und Hans Helmus, der an diesem Tag mit historischer Uniformmütze auf dem Kopf die Züge abfertigt, ist gelernter Buchbinder. Was sie verbindet, ist die Begeisterung für das technische System der Eisenbahn als Großbahnmodell – seien es Eigenkonstruktionen, Bausatz- oder Fertigmodelle.
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