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#Das Musical, das nicht aus der Zeit fällt




Make love, not war: Das Rock-Musical „Hair“ ist gerade wieder im Deutschen Theater München zu sehen. An Aktualität hat die Story nicht eingebüßt.

Hair-liche Zeiten im Deutschen Theater: Das Kultmusical „Hair“ ist wieder in town. Die Zuschauer stark gemischt, auch erstaunlich viele Youngsters sind dabei, die das Lebensgefühl der Sixties nur aus Erzählungen kennen. Für die Grauschimmel unter den Premierenbesuchern bei vollem Haus war’s ein nostalgisches Wiedersehen, eine emotionale Begegnung mit der eigenen Vergangenheit, Motto: „Weißt du noch?“. Der deutschen Erstaufführung 1968 in München folgte ein öffentlicher Skandal, denn die Flower-Power-Kids spielten gegen jede Konvention, ja verkündeten auf der Bühne „Make love, not war“, standen für „Sex and drugs, peace and freedom“. Und praktizierten dies in einer (flugs amtlich verbotenen) Nacktszene. In der Neu-Inszenierung vom Salzburger Landestheater ist diese dezent reduziert auf einen einzigen knackigen Männerpo und wenige barbusige Girls, wie denn auch vieles im Vergleich zum Original und Milos Formans Verfilmung anders ist…

Damals protestierten die „Hippies“ gegen die Werte der Elterngeneration. Und gegen den Krieg. Damals war es Vietnam, doch heute spukt die Ukraine durch die Köpfe der Zuschauer, beschäftigt der Klimawandel, aber auch das Thema Rassismus und Diversity die Menschen. Und so modernisierte Regisseur Andreas Gergen die Geschichte, passte aktuelle Probleme geschmeidig der Gegenwart an. Die Aussteiger-Clique des „Tribe“ protestiert mit Parolen und Plakaten der Friday-for-Future-Bewegung, „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ oder „Wald statt Asphalt“. Vom Balkon aus hält ein bekannter Präsident seine Rede zur „Spezialoperation“, als Gegen-Demonstranten treten aggressive Querdenker und rechte Reichsbürger auf, ein Schlauchboot evoziert die Flüchtlings-Katastrophe. 

Die Songs von „Hair“ sind einfach unkaputtbar

Das ist löblich, doch es führt immer wieder zu Bruchstellen in der erzählerischen Logik, denn die deutsch gesprochenen Texte widersprechen den englischen Songs. Die allerdings sind unkaputtbar, denn Hits wie „Aquarius“, „Let the sunshine in“ und „Good morning, starshine“ rufen das Lebensgefühl jener Zeit wach. Von stimmstarken Darstellern werden sie kraftvoll intoniert, der Sound unter Michael Liebs musikalischer Leitung samt Band wird dynamisch angefeuert. 

Nein, das richtig leichte, harmlose Musical-Feeling bietet „Hair“ nicht, sind doch 55 Jahre Weltgeschichte mit dabei. Der eigentliche Plot ist dürftig, die Story von wenig Textschwere getrübt: Der bürgerliche Claude (smart: Daniel Eckert) gerät, mit dem Einberufungsbefehl in der Tasche, in den Tribe von Anführer Berger (auch tänzerisch grandios: Denis Riffel), dem PoC Hud (überzeugend: Savio Byrczak) und all den anderen Aussteigern, die mit LOVE, das als bespielbare Bühnen-Installation in Großbuchstaben dominiert, für Sex and Drugs (mit Hanfpflanzen-Deko), gegen das Establishment und für Peace kämpfen (hier mutiert zu „Frieden schaffen ohne Waffen“). Aber nach kurzer Zeit entscheidet er sich für den Kriegsdienst – und wird beim Einsatz in Vietnam getötet. Was anfänglich anmutet wie eine Halluzination im LSD-Rausch, wird bitterer Ernst, denn die Realität bricht ein mit Soldaten und ihren MG.

Nach anfänglicher Harmlosigkeit entsteht ein Sog

Jenseits vom ekstatischen Tanz der bekifften Hippies, die in abenteuerlichen Kostümen im wabernden Trockeneisnebel über die Bühne rocken, entwickelt die Aufführung nach anfänglicher Harmlosigkeit zunehmend einen Sog, der die Zuschauer mitreißt. Sind es die psychedelischen Lichteffekte, die den Drogenrausch der 70er visualisieren? Ist es die lebhaft wogende Massen-Choreografie? Oder der charismatische Appeal der Hauptfiguren? Egal, wo der Funke überspringt, „Hair“ hat noch immer Power – und kaum etwas von seiner Aktualität verloren.

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Weitere Vorstellungen im Deutschen Theater München bis zum 30. Juli.

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