#Das Sanssouci der Kommunisten
Inhaltsverzeichnis
„Das Sanssouci der Kommunisten“
Das beste Exponat im „Minsk“, Potsdams neuestem Museum, einem Haus, das bis vor kurzem, lang nachdem die Gastronomie dichtgemacht hatte und der Bau langsam zur Ruine wurde, „Café Minsk“ hieß, jetzt aber mit vollem Namen „Das Minsk“ genannt werden soll, damit die Marke sich auch einprägt – das beste Exponat hier sind die verglasten Wände, durch welche man, weil das Haus am Hügel steht, einen freien Blick über halb Potsdam hat. Der Himmel, auch wenn er nicht bedeckt ist, erinnert an das melancholische Grau von Lotte Laserstein. Die Nikolaikirche ragt so selbstbewusst aus den Dächern heraus, als wollte sie schon darauf weisen, dass demnächst auch der Turm der Garnisonkirche sich wie ein Mittelfinger hier ausstrecken wird. Im Vordergrund steht ein Schwimmbad, dahinter gleich der Hauptbahnhof – und beides sind Gebäude von so banaler Eckigkeit, so trostloser ästhetischer Anspruchslosigkeit, so plump und zugleich unverschämt, dass, wenn man sie nur als perfekte Ausdrucksformen des Kapitalismus betrachtete, man die kapitalistischen Verhältnisse sofort umstürzen müsste.
Haben Häuser eine Ideologie?
Was Unsinn ist – aber nach dieser Methode, nur in die andere Richtung gewissermaßen, hat man in Potsdam über die Bauten des Sozialismus geurteilt. Was unter dessen Herrschaft gebaut wurde, kann nur Ausdruck der falschen Ideologie sein, unfrei, menschenverachtend, brutal. So sahen das zwar nicht alle in Potsdam; aber die, die es so sahen, haben sich durchgesetzt. Selbst Olaf Scholz, Sozialdemokrat und damals noch Kanzlerkandidat, sprach im Wahlkampf von Potsdams Mitte, die wiedergewonnen werden müsse nach der sozialistischen Barbarei. Und so wachsen jetzt, wo der elegante Bau der Fachhochschule niedergerissen wurde, die ersten Häuser im preußischen Pseudobarock. Der Staudenhof, ein moderner Wohnblock an prominenter Stelle, wird nicht mehr lange stehen. Das Rechenzentrum, schlicht, modernistisch, mit einem wundervollen Mosaik im Erdgeschoss, ist dem Wiederaufbau der Garnisonkirche im Weg.
Durch die gläsernen Wände schaut man auf die Bausünden des Kapitalismus
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Bild: Picture Alliance
Insofern ist es eine gute Nachricht, dass Hasso Plattner das „Minsk“ gerettet hat. Ausgerechnet Plattner, der einer der reichsten und mächtigsten Männer Potsdams ist. Und den man, bis er die Ruine des „Minsk“ kaufte, zu den Leuten gerechnet hätte, die sich Potsdam als ein neubarockes Prussialand erträumen. Das Barberini, den Nachbau eines Barockpalais, das selbst schon ein Nachbau war, hat er allein finanziert; seine Stiftung betreibt darin ein Museum. Bevor daraus allerdings etwas wurde, hatte Plattner den Plan, eine Kunsthalle neben den Lustgarten zu stellen. Dem hätte allerdings ein Hotelhochhaus aus DDR-Zeiten im Weg gestanden. Als der Widerstand gegen dessen Abriss unüberhörbar wurde, gab Plattner die Pläne auf, und es sah aus, als sei er damals ein wenig beleidigt mit seiner Lieblingsstadt gewesen.
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