Wissenschaft

#Dem Antrieb des Sonnenwindes auf der Spur

Wie pustet die Sonne so kräftig geladene Teilchen ins All? Für den mysteriösen Antrieb des Sonnenwindes könnten Mini-Plasmaströme verantwortlich sein, die Astronomen nun in einem koronalen Loch der Sonne entdeckt haben. Die Aufnahmen der ESA-Raumsonde Solar Orbiter zeigen, dass diese relativ kleinen und kurzlebigen Gebilde rasant ins All sausen und somit in der Summe den Sonnenwind hervorbringen könnten. Demnach wäre er eigentlich kein gleichmäßiger Teilchenstrom, sondern ein Fluss, der gleichsam aus vielen kleinen Bächen erzeugt wird, sagen die Wissenschaftler.

Sie schenkt uns Wärme und Licht – doch die Sonne gibt noch mehr von sich: Von ihr geht fortwährend ein Strom geladener Teilchen wie etwa Protonen und Elektronen aus. Die Stärke dieses sogenannten Sonnenwindes schwankt je nach der solaren Aktivität und kann zu regelrechten Stürmen aufbrausen. Die schnellsten Teilchen erreichen dabei Geschwindigkeiten von mehr als 500 Kilometern pro Sekunde. Was die Quellen des Sonnenwindes betrifft, haben frühere Forschungen bereits auf die sogenannten koronalen Löcher verwiesen, die besonders in der Nähe der Sonnenpole auftreten. In Aufnahmen der Sonnenkorona im ultravioletten Licht erscheinen diese Strukturen als dunkle Bereiche. Es wurde auch bereits zeigt, dass die Feldlinien des Sonnenmagnetfeldes in den koronalen Löchern nicht bogenförmig zurück zur Sonne weisen, sondern ins All ragen. Doch was genau passiert in diesen Quellen des Sonnenwinds?

„Heißer“ Blick auf den solaren Südpol

„Wie es der Sonne gelingt, den Sonnenwind mit hohen Geschwindigkeiten ins All zu beschleunigen, war bisher unklar“, sagt Erst-Autor Lakshmi Pradeep Chitta vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. Die neuen Einblicke hat nun die ESA-Raumsonde Solar Orbiter ermöglicht. Als sie am 30. März 2022 den sonnennächsten Punkt ihrer Mission erreichte, konnte sie ein koronales Loch am solaren Südpol in bisher unerreichter Detailschärfe und schneller Bildabfolge aufnehmen. „Die einzigartigen Bilder boten uns die Möglichkeit, genauer als je zuvor auf die Quellregionen des Sonnenwindes zu schauen und so die Prozesse besser als zuvor zu verstehen“, sagt Chitta.

Wie das Team berichtet, entdeckten sie in den Aufnahmen ein bisher unbekanntes Phänomen: Es waren viele kleine Ströme zu erkennen, die sich mit

Aufnahmen verschiedener Piko-Flare-Ströme. Die Ausmaße jedes Einzelbildes betragen 6000 Kilometer mal 6000 Kilometer. © ESA/Solar Orbiter/EUI; Science, Chitta et al.

Geschwindigkeiten von einigen hundert Kilometern pro Sekunde von der Sonne fortbewegten. Die Plasmagebilde besitzen dabei eine langgezogene oder Y-förmige Gestalt, sind nur etwa 100 Kilometer breit und sehr kurzlebig. Denn sie verblassen schon nach etwa 20 bis 100 Sekunden wieder, zeigten die Bildfolgen. Verursacht werden diese sogenannten Piko-Flare-Ströme wahrscheinlich durch lokale Umstrukturierungen des Sonnenmagnetfeldes, sagen die Wissenschaftler.

Die Summe macht’s

Für irdische Verhältnisse erscheint ihre geschätzte Energiemenge groß: Bei ihrer kurzen Existenz setzten sie Mengen frei, die etwa 10.000 Haushalte in Deutschland im Laufe eines Jahres verbrauchen. Doch im Vergleich zu anderen Auswürfen der Sonne ist dies bescheiden: Sie liefern etwa einen billionstel Teil der Energie, welche die größten Strahlungsausbrüche der Sonne freisetzen. Doch unterm Strich kommt ordentlich etwas zusammen, geht aus den Modellen der Forscher hervor: In der Summe stellen die Piko-Flare-Ströme wahrscheinlich einen Großteil der Energie bereit, die Sonnenwindteilchen so stark beschleunigt. „Die Ströme, die wir nun entdeckt haben, sind zwar klein und treten nur sporadisch auf. Sie sind aber offenbar ein häufiges Phänomen und in dem betrachteten koronalen Loch geradezu allgegenwärtig“, sagt Chitta.

Den Forschern zufolge könnte die Entdeckung nun die grundlegende Vorstellung vom Sonnenwind verändern. Denn bisher wird er trotz seiner Intensitätsschwankungen als ein homogener Teilchenstrom betrachtet. Aus den neuen Beobachtungen geht jetzt hingegen hervor, dass er zumindest zu Beginn unregelmäßig fluktuiert: Der Sonnenwind basiert offenbar auf vielen winzigen Strömen, die dann einen großen ergeben – ähnlich wie Flüsse sich aus einer Vielzahl kleiner Bäche und Nebenarme speisen. „Je genauer wir mit Solar Orbiter in die Korona der Sonne schauen, desto mehr erkennen wir, welch entscheidende Rolle kleinste Strukturen und Prozesse für das Verständnis unseres Sterns spielen“, sagt Co-Autor Hardi Peter vom MPS.

Die Wissenschaftler hoffen nun, im weiteren Verlauf der Solar Orbiter Mission noch mehr über die Piko-Flare-Ströme zu erfahren. Es könnten sich dafür auch bald noch bessere Blickwinkel ergeben. Denn in den kommenden Jahren wird die Sonde immer mehr in eine Umlaufbahn einschwenken, die eine bessere Sicht auf die Polregionen der Sonne ermöglicht und damit auf die koronalen Löcher samt ihrer spannenden Details.

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.ade5801

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