Der bisher aufregendste Blockbuster des Jahres: So gut ist der Fantasy-Horror Blood & Sinners von Ryan Coogler

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Wie fühlt es sich an, einen Freifahrtschein auf Blockbuster-Level einzulösen? Nach Mickey 17 erwartet uns dieses Jahr bereits der zweite Hollywood-Film, in dem ein Künstler seiner Vision freien Lauf lassen durfte: Blood & Sinners. Der wilde Genre-Mix von Ryan Coogler führt uns tief in den Süden der USA, wo zwei Zwillingsbrüder, die Tod und Verderben hinter sich lassen wollen, dem Teufel höchstpersönlich begegnen.
Coogler hat sich in den vergangenen Jahren vor allem als Regisseur der Black Panther-Filme einen Namen gemacht, nachdem er zuvor mit Creed die Rocky-Reihe zu neuem Leben erweckte. Doch wer ist dieser Ryan Coogler außerhalb bestehender Franchise-Grenzen? Mit Blood & Sinners beweist er sich als aufregender Filmemacher, der Blockbuster-Kino abseits vertrauter Bilder neu denken will.
Ryan Cooglers Fantasy-Horror-Epos Blood & Sinners wartet mit einer spannenden Prämisse auf
Mississippi, 1932: Eigentlich wollten Smoke und Stack (beide gespielt von Michael B. Jordan) nie wieder in ihre Heimat zurückkehren. Als Soldaten haben sie im Ersten Weltkrieg gedient. Danach sind sie in die Unterwelt von Chicago eingestiegen. Jeder im Delta weiß um den Ruf der Zwillinge und dennoch hat niemand damit gerechnet, sie jemals wiederzusehen. Was wollen die Gangster aus der Großstadt auf dem Land?
Entgegen dem Blutvergießen, das sich im kryptischen wie unheilvollen Prolog des Films ankündigt, kommen Smoke und Stack zurück, um eine Juke-Bar zu eröffnen. Musik und Menschen wollen sie an einem Ort zusammenbringen, der zum Safe-Space für die Schwarze Community in Clarksdale wird –
zumindest so lange, bis drei ungebetene Gäste an die Tür klopfen und unbedingt hineingebeten werden wollen.
Anfangs sind da freundliche Worte, ein verschmitztes Grinsen und sogar die geteilte Begeisterung des Musizierens. Es dauert aber nicht lange, bis sich ein rotes Funkeln in den Augen bündelt, Speichel über die Lippen fließt und eine furchteinflößende Härte die Gesichtszüge der Fremden einnimmt. Der Grund, warum sie nicht einfach die Türschwelle übertreten und sich nehmen, was sie wollen? Sie sind Vampire.
Auf den Spuren von Quentin Tarantino: Blood & Sinners ist ein hypnotisierender Genre-Mix
Nachdem Robert Eggers Anfang des Jahres mit Nosferatu die wohl klassischste Version einer Vampirgeschichte erzählte und dabei auf zahlreiche ikonische Bilder des Genres zurückgriff, die sich filmhistorisch bis zu F.W. Murnaus gleichnamigen Klassiker von 1922 zurückverfolgen lassen, wartet Ryan Coogler mit einem Ansatz auf, der sich eher wie eine Kreuzung aus From Dusk Till Dawn und Django Unchained anfühlt.
Eingebettet in ein historisches Setting, die Jim-Crow-Ära, während der in den USA mittels Gesetz zwischen Schwarzen und weißen Menschen unterschieden wurde, entfaltet sich Blood & Sinners als virtuoser Balanceakt zwischen Prestige und Pulp. Fühlte sich Cooglers Inszenierung eben noch an, als bewegen wir uns durch ein oscarreifes Drama, lehnt er sich im nächsten Moment hemmungslos in die Genre-Elemente.
Blood & Sinners verwandelt sich von einem gemütlichen Hangout-Movie im Licht der untergehenden Sonne in einen schonungslosen Survival-Thriller, in dem literweise rot-braunes Kunstblut vergossen werden. Was den Film so stark macht, ist weniger, wie Coogler auf die Vampirenthüllung hinarbeitet, sondern wie er Genre-Trennlinien verschwimmen lässt und daraus eine hypnotisierende Atmosphäre zieht.
Das Beste an Blood & Sinners ist die Musik, die Ryan Coogler auf unglaubliche Weise einfängt
Als wichtigste verbündete Kraft auf dieser Reise erweist sich die Musik. Ab der ersten Minute erforscht Coogler markante Klänge und Rhythmen im Zusammenspiel mit bewegten Bildern. Noch bevor die erste Figur zur Gitarre greift und sich im Blues verliert, legt sich Ludwig Göranssons Score spielerisch unter einzelne Gesten, betont verschiedene Akzente und wird zum entscheidenden Teil der Geschichte.
Cooglers Verständnis von Musik und Film reicht weit über die klassische Funktion eines Soundtracks hinaus. Er orchestriert Blood & Sinners als ein Gesamtkunstwerk, in dem der Klang der Sprache genauso fesselt wie zehn Finger, die mit beachtlicher Geschwindigkeit über die Tasten fegen –
erst recht, wenn niemand Geringeres als Delroy Lindo (Da 5 Bloods) den angetrunkenen Pianisten in Höchstform gibt.
Immer tiefer zieht uns die Musik in die Welt von Blood & Sinners, bis Coogler sich in einem der verblüffendsten Kinomomente jüngerer Vergangenheit dazu entscheidet, die Grenzen von Raum und Zeit komplett aufzulösen. In einer unscheinbaren Scheune entfesselt er zu glühenden Farben, tanzenden Menschen und pulsierenden Sounds einen Streifzug durch die Musikgeschichte, der sich um keine Regeln schert.
In Blood & Sinners entfesselt Ryan Coogler für einen Moment seinen heimlichen Baz Luhrmann
Eine Einstellung ohne (sichtbare) Schnitte, die den Einfluss des Blues bis in die Gegenwart verfolgt und schreckt nicht davor zurück, ein DJ-Pult in den 1930ern Jahre aufzubauen. In diesem Moment fühlt sich Blood & Sinners an, als wäre man in Cooglers Version eines Baz Luhrmann-Films gelandet. Der Sprung zur audiovisuellen Ekstase von rauschhaften Filmerfahrungen wie Moulin Rouge und Elvis ist kein weiter mehr.
Mitreißend, verführerisch und elegant: Man spürt richtig, wie Coogler es kaum erwarten kann, sich nach mehreren Auftrags-Blockbustern in seiner eigenen Filmwelt auszutoben. Und das, ohne in Anmut oder Ehrfurcht zu erstarren. Er füllt die Juke-Bar mit Leben und reißt sie direkt wieder ein. Schöpfung und Zerstörung liegen nah beieinander, wenn Vampire vor der Tür stehen und die schützenden Wände Feuer fangen.
- Zum Weiterlesen: Die Filme, die Blood & Sinners inspiriert haben
Ryan Coogler hat hier wahrlich eine Symphonie des Grauens geschaffen, die auf der Oberfläche mit Rachefantasien und Gewaltexzessen liebäugelt. Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich jedoch erstaunlich viele besonnene Augenblicke voller Neugier, Hunger und Feingefühl, sowohl im Hinblick auf die Figuren – und wie sie in der Scheune zusammenfinden – als auch auf das Filmemachen selbst.
Blood & Sinners läuft ab dem 17. April 2025 in den deutschen Kinos.
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