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#Der Griff ins volle Menschenleben

„Der Griff ins volle Menschenleben“

Womöglich war die Ausstellung im International Center of Photography in New York die größte Ehrung, die William Klein je erfahren hat. Für dreieinhalb Monate fächerte sie unter dem Titel „William Klein: YES“ bis vorgestern ein gewaltiges Werk aus Fotografien, Gemälden und Filmen aus den Jahren 1948 bis 2013 auf – und war dabei selbst nicht anders als gewaltig zu nennen.

Freddy Langer

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das „Reiseblatt“.

Das lag an der Menge der Arbeiten, mehr als dreihundert sollen es gewesen sein, die nach Lebensetappen, Orten und Genres sortiert waren. Vor allem aber lag es an der Art der Präsentation, die als ein Angriff auf den Besucher verstanden werden konnte, dem die Bilder von allen Wänden über sämtliche Stockwerke im teils riesigen Format Rahmen an Rahmen ohne einen Zentimeter freier Fläche förmlich um die Augen geschleudert wurden. Was ganz im Sinne William Kleins gewesen sein muss. Denn seine besten Bilder gleichen Sprengungen, für die er alle Konventionen hinter sich ließ, um den Alltag in den Großstädten der Welt gehörig durcheinander zu wirbeln.

Optische Kakophonien

Kleins Aufnahmen sind vollgepackt mit Gesichtern, Schildern und Hausfassaden sowie mit kleinen Szenen heiterer Momente und fragwürdiger Augenblicke, die sich im besten Fall wie in einer Collage überdecken und dennoch zusammenfügen. Dazu hat sich William Klein mit Kamera und Weitwinkelobjektiv in die Fluten der Passanten gestürzt, hat sich im Supermarkt zwischen einkaufende Hausfrauen geschoben oder durch die Reihen von Zuschauern in Stadien gedrängt. Jeder Flecken Bild enthält eine andere Information, soviel geschieht simultan, dass das Auge beim Betrachten nicht stillhalten kann. Es sind optische Kakophonien. Und William Klein wurde nie müde zu erklären, dass er seine Arbeiten als Umsetzung von Jazz verstehe und bei der Arbeit stets mit dessen Takten im Ohr unterwegs gewesen sei.

Aber es gibt eine zweite Anekdote, die er verbreitete, nämlich dass er zu Beginn seiner Karriere Henri Cartier-Bresson eine seiner gebrauchten Leicas abgekauft hatte. Ausgerechnet dem Fotografen also, der in seinen perfekten Kompositionen des „entscheidenden Augenblicks“ wie niemand sonst dem Leben und der Welt Momente von Harmonie entlockte und damit tröstend suggerierte, dass für den Lauf der Dinge eine größere, ordnende Macht ihre Hände im Spiel habe. Er wollte ihm zeigen, sagte Klein, welch andere, radikale Möglichkeit, die Welt abzubilden, ebenfalls in diesem Werkzeug stecke.

Unschärfen und Verzerrungen

Trost spenden seine Bilder vom undurchschaubaren Wirbel eines Mahlstroms eher selten. Zu Zeiten des Kalten Kriegs und der politischen Taktierereien mit der Atombombe zeigte er eine Welt außer Rand und Band – und fand für die Klagen der Beat-Poeten eine optische Entsprechung in Unschärfen und Verzerrungen, in harten Kontrasten und schräg verlaufenden Horizontlinien. Dabei bersten die Bilder mitunter vor Lebenskraft. „Life is Good & Good for you in New York – Trance Witness Revels“ hieß das Buch, das ihn 1956 auf Anhieb berühmt machte. Der Zeuge, der wie in Trance durch die Stadt gezogen war und sie in vollen Zügen genoss, war natürlich er selbst.

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