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#Der große Streit um die grüne Inflation

Der große Streit um die grüne Inflation

Die Deutsche Bank hat jetzt eine Studie vorgelegt, in der sie eindrucksvoll vor Augen führt, wie stark es die Energiepreise sind, die im Moment die Inflation befeuern und das Leben der Verbraucher teurer und teurer machen. Sie weist auf das Risiko hin, das aktuell dadurch besteht, dass Deutschland mehr als 50 Prozent seines Erdgases und mehr ein Drittel seines Rohöls aus Russland importiert. Zudem spricht sie von einem Energiepreisschock, der durch die synchrone Erholung der Wirtschaft überall auf der Welt bei einem gleichzeitig nur moderat wachsenden Energieangebot und Logistikproblemen an vielen Stellen entstehe. Sie nennt aber auch einen Faktor, der auf all das noch obendrauf komme: die „Greenflation“.

Diese „klimapolitisch bedingte Energiepreisinflation“ solle nicht unterschätzt werden, schreiben die Bankanalysten. Sie schwäche das Argument, dass der aktuell zu beobachtende allgemeine Preisanstieg nur vorübergehend sei. Ähnlich hatte unlängst EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel argumentiert: Sie hatte eingeräumt, dass die Notenbanken womöglich ihre traditionelle Vorgehensweise ändern müssten, für die Ausrichtung ihrer Geldpolitik durch Energiepreisschwankungen einfach „hindurchzusehen“ – wenn der Energiepreisanstieg durch die Klimapolitik zunehmend strukturelle Komponenten bekomme.

Wie viel Greenflation steckt in der Inflationsrate?

Schon in der aktuellen hohen Inflationsrate stecke allerhand „Greenfla­tion“, schreibt die Deutsche Bank. Sie beruft sich unter anderem auf Berechnungen der Bundesbank. Der voriges Jahr eingeführte CO2-Preis habe rund 0,3 Prozentpunkte zur Inflationsrate beigetragen. Zusammen mit der Verknappung der Zertifikate im Emissionshandel geht der Berenberg-Ökonom Holger Schmieding von 0,5 Prozentpunkten aus, die schon in der aktuellen Inflationsrate steckten. Und der Ökonom Volker Wieland sagt sogar, laut Berechnungen des Sachverständigenrats dürften direkte und indirekte Preiseffekte mehr als einen Prozentpunkt zur Verbraucherpreisinflation 2021 beigetragen haben.

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Die Bankökonomen heben dabei hervor, es gebe viele indirekte Folgen der Klimapolitik. Auch Verbote, Grenzwerte und Quoten könnten auf Anbieterseite die Preise treiben. „Zum Beispiel führen die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden kurz- und mittelfristig zu höheren Kosten für Hauseigentümer und Mieter, wenn diese Anforderungen nur durch umfangreiche Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen erfüllt werden können.“ Wenn außerdem bestimmte Technologien verboten würden, seien alternative Technologien zunächst wahrscheinlich teurer – sonst wären sie wahrscheinlich bereits eingesetzt worden –, was die Inflation weiter anheize. Auch Subventionen für klimafreundliche Technologien hätten Preiseffekte, da die Nachfrage nach solchen Technologien in der Regel schneller steige als das Angebot. „Darüber hinaus erfordert der Weg zu einer klimafreundlichen Wirtschaft enorme private und öffentliche Investitionen in neue Infrastrukturen“, heißt es in der Studie. „Diese klimarelevanten Investitionsgüter konkurrieren um die ohnehin begrenzten Produktionskapazitäten“, schreiben die Bankanalysten und verweisen auf den Fachkräftemangel. Das verschärfe den Preisdruck etwa in den Sektoren Investitionsgüter, Bau und Handwerk.

Ist es eigentlich eine fossile Inflation?

Unumstritten ist dieser Blick auf die „Greenflation“ allerdings nicht. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace etwa wirbt für eine gänzlich andere Sichtweise. „Meine zentrale These ist: Der perspektivische Preistreiber wird die Offenlegung der Externalitäten der Nutzung von fossilen Energieträgern sein“, sagt Greenpeace-Finanzfachmann Mauricio Vargas. Soll heißen: Es gibt jetzt schon sogenannte externe Kosten der fossilen Energieträger – Belastungen für die Umwelt, die reale Kosten darstellen, aber vom Verbraucher noch nicht unmittelbar am Preis für Benzin oder Heizöl abgelesen werden können. „Dieses scheinbare Free Lunch kommt zum Ende, weil die Gesellschaften nicht mehr bereit sind, die Sozialisierung der externen Kosten zu akzeptieren“, sagt Vargas. Wenn diese Kosten über einen CO2-Preis dem Verbraucher angelastet würden, entstehe keine neue, „grüne Inflation“. Es handele sich vielmehr um eine Offenlegung bereits vorhandener, dann aber internalisierter Kosten der fossilen Energien – also eine bislang verdeckte „fossile Inflation“.

Diese Kosten wiederum könnten durch den Einsatz erneuerbarer Energien verringert werden. „Grüne Technologien, insbesondere Erneuerbare, haben eher deflatorische Wirkung, da sie Kosten reduzieren“, meint Vargas. Es sei also genau umgekehrt wie häufig behauptet: Nicht die Klimapolitik treibe die Kosten in die Höhe und mache das Leben für die Verbraucher immer teurer – sondern sie senke die Kosten, wenn man alle Kosten auch für die Umwelt miteinbeziehe, und mache das Leben so letztlich für die Menschen günstiger.

Hinzu komme nach Einschätzung des Greenpeace-Finanzfachmanns: Die Chancen auf eine preisdämpfende Wirkung der grünen Transformation würden unterschätzt. Es werde von den Anhängern der „Greenflation“-Theorie nicht ausreichend gesehen, wie stark Lerneffekte bei erneuerbaren Energien, aber auch bei Speichertechniken im Zeitablauf die Kosten senken könnten, meint Vargas: „Diese Lerneffekte legen nahe, dass in den nächsten Jahren E-Autos günstiger betrieben werden könnten als ihre Verbrenner-Pendants.“

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