#Der Liebling von Elizabeth Taylor
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„Der Liebling von Elizabeth Taylor“
Seine Mutter war ratlos: „Warum willst Du Dich eigentlich nur mit schönen Dingen und Menschen umgeben?“ So genau konnte das Valentino Clemente Ludovico Garavani nicht sagen. Aber er wusste: „Ich bin von Schönheit besessen.“ Der Junge, 1932 in Voghera in der Po-Ebene geboren, kümmerte sich nach der Schulzeit nur noch um die Verschönerung des Menschengeschlechts, ging nach Paris und machte eine unglaubliche Karriere als Modeschöpfer.
Unglaublich schon deshalb, weil sie eine so lange Zeitspanne umfasst. Er war noch immer ein Junge, als er 1949 ein Stipendium des Pariser Modeverbands bekam – in dem Wettbewerb, den 1954, als Preis des Internationalen Wollsekretariats, seine etwas jüngeren Kollegen Yves Saint Laurent und Karl Lagerfeld gewannen. Und schon war Valentino im Zentrum der Mode angekommen: der Haute Couture, der größten modischen Kunst, die zwar in den folgenden Jahrzehnten durch das Prêt-à-Porter weitgehend ersetzt wurde, aber nie verloren ging, auch weil es solche Modeschöpfer gab wie ihn.
Schöne Frauen, keine Püppchen
Die Couture-Ateliers der fünfziger Jahre waren die beste alte Schule. Fünf Jahre lang lernte er bei Jean Dessès, dann zwei Jahre lang bei Guy Laroche, wie man Entwürfe so genau zeichnet, dass die Näherinnen damit auch etwas anfangen können. Er lernte anzupassen und aufzupassen, lernte, die Frauen zu verstehen, die in den Ateliers außer nach einem Kleid auch nach Verständnis suchten, die immer stärker auch in andere Rollen wachsen wollten als nur die, einfach schön zu sein. Insofern schlug die Emanzipationsbewegung auch auf seine Ästhetik durch: Er wollte die Frauen schöner machen, aber Püppchen sollten sie nicht mehr sein.
Der italienische Modeschöpfer Valentino.
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Bild: dpa
Als er 1959 nach Rom zurückkehrte, hatte er Glück mit einer seiner ersten Kundinnen: Elizabeth Taylor suchte ein Kleid für die Premiere von „Spartacus“. „Ich würde gern ein Kleid von Ihnen tragen“, sagte die Diva zu dem jungen Modemacher, der ihr mit offenem Mund gegenüberstand. „Aber ich muss Ihnen sagen, ich habe schon ein Kleid von Dior. Wenn Ihres aber schöner ist, wenn es mir passt und gefällt, dann werde ich Ihres tragen.“ Also versuchte er alles – und sie trug wirklich sein hoch gegürtetes langes weißes Kleid mit dickem Federbesatz am Saum, das sich in Falten legte wie eine kannellierte römische Säule aus den Zeiten der Rebellion des Sklaven Spartakus.
Elizabeth Taylor blieb ihm treu bis in den Tod, Jacqueline Kennedy heiratete Aristoteles Onassis 1968 in einer elfenbeinfarbenen Spitzenbluse mit züchtigen Bischofsärmeln zu gleichfarbigem Faltenrock. Julia Roberts nahm in Valentino 2001 ihren Oscar entgegen. Und über seine großen Jahre erzählte Schauspielerin Marisa Berenson der F.A.Z. die denkwürdige Szene ihrer Hochzeit mit James Randall in Beverly Hills 1976: „Andy Warhol fotografierte dauernd die Hochzeitsvorbereitungen, mich im Bad mit meinen aufgerollten Haaren, einen Bademantel tragend, meine Perlenkette suchend, die wir in letzter Minute nicht finden konnten, weil wir sie so gut versteckt hatten. Bodyguards, Brautjungfern und die Verwandten meines Mannes im Schlafzimmer. Valentino bügelte mein Hochzeitskleid in meinem Bad. Und Andy drückte dauernd auf den Auslöser.“
Design mit Leichtigkeit
Die reichen Schönen und die schön Reichen waren seine Kragenweite. Er bewarf sie mit Blumenmotiven, als Drucke in Delfter Blau, als Stickereien oder Taftkokarden. Sogar Wasserfallvolants sehen bei ihm wie umgedrehte Blütenkelche aus, auch ein schmales Bustierkleid zum aufgeplusterten vielblättrigen Ballonrock.
„Sein Stil ist nüchtern und grafisch, ohne je kühl minimalistisch zu wirken“, schreibt die Modehistorikerin Pamela Golbin. Valentino befreite die Mode von aller Schwere, nahm Polster aus den Kleidern und gab den Damen – wie Giorgio Armani den Herren – ein Gefühl für die unergründliche Leichtigkeit des Designs.
Die unerträgliche Seichtigkeit des Seins war die Kehrseite. Posamententroddeln, aufgenähte Bordüren, Straußenfederfransen: Das wirkt dick aufgetragen, so blumig wie sein süßliches Parfum „Rock ’n’ Rose“. Noch schlimmer: Sein Ideal der grazilen römischen Adeligen verwirklichte er mit den dünnsten Models. Bis heute setzt die Marke damit falsche Maße und Maßstäbe.
Abschied von der Couture
Mit dem Wachstum seines Unternehmens gefiel er sich im wachsenden Wohlstand, mit großer Kunstsammlung, imposanter Villa am Holland Park und Designermöbeln im Überfluss. Aber auch die Begehrlichkeiten der Investoren wuchsen. Als er 1998 die Marke, die er mit seinem Lebensgefährten und Geschäftspartner Giancarlo Giammetti aufgebaut hatte, für rund 330 Millionen Dollar verkaufte, war das Ende vorauszusehen. Nach mehreren Eigentümerwechseln übernahm 2007 die britische Beteiligungsgesellschaft Permira, und schon war er raus: Am 23. Januar 2008 zeigte Valentino seine letzte Couture-Schau. Seine Nachfolgerin Alessandra Facchinetti hielt sich nicht einmal ein Jahr. Dann griff man doch auf Hausgewächse zurück: Maria Grazia Chiuri und Pierpaolo Piccioli, die sich seit 1999 um die Accessoires der Marke gekümmert hatten, wurden Chefdesigner; als Chiuri 2016 zu Dior ging, blieb Piccioli allein.
Für den Valentino-Stil spricht, dass sich Piccioli bis heute aus seinem Fundus bedient – einem großen Inventar an Ideen, von gefältelten Krepp-Korsagen über Volantrüschen und lange Abendkleider bis zum überraschenden Einsatz leuchtender Unifarben statt klassischem Valentino-Rot. In der aktuellen Kollektion für Frühjahr und Sommer durchbricht Piccioli die alten Codes mit dicken Boots oder Gladiatorensandalen – und schon ergibt das einen Look, der, obwohl von vorgestern, noch heute begeistern kann.
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