#Der souveräne Sprengmeister
Inhaltsverzeichnis
„Der souveräne Sprengmeister“
Der Bombenentschärfer
Als am Mittwoch kurz nach Mitternacht der Knopf gedrückt wurde und die Bombe explodierte, stand Dieter Schwetzler zwei Straßen weiter hinter den Häusern und konnte nur noch hoffen. Er spürte, wie die Erde bebte, hörte das Grollen. Die Sprengkraft, die sich in die Erde entlud. Dann hörte er es pfeifen, etwas flog an ihm vorbei. Ein Bombensplitter, vermutet er. So stellt man sich die Arbeit eines Bombenentschärfers vor. Immer nah dran. Und nach getaner Arbeit sieht man das Leben dann wieder ein bisschen gelassener.
Wobei Schwetzler ohnehin ein Mensch ist, der die Ruhe in sich trägt. Der 64 Jahre alte gebürtige Westfale hat inzwischen so viele Bomben entschärft, dass er sie kaum noch zählen kann. Die im Nordend gehörte auf jeden Fall zu den schwierigeren Exemplaren. Dagegen war die Riesenbombe auf dem Uni Campus Westend vor vier Jahren fast „harmlos“. Die war zwar groß, aber drohte nicht, bei der kleinsten Erschütterung zu explodieren. „Einfach ist so eine Bombenentschärfung oder, wie in diesem Fall eine Sprengung, nie“, sagt der Feuerwerker, der seinen Tag immer um halb sieben Uhr morgens beginnt. „Der Nervenkitzel ist immer da.“ Angst? Die habe er nicht. „Das verdrängt man, wenn man an der Bombe steht. Allerdings habe ich sehr großen Respekt.“ Sein Handwerk hat Schwetzler bei der Bundeswehr gelernt. Als er – als Wehrpflichtiger – seinen Dienst antrat, suchte man dringend Feuerwerker. So kam der Vierundsechzigjährige in die Abteilung für Abwurfmunition. Frankfurt ist inzwischen so eine Art zweites Zuhause geworden. Weil in der Stadt so viel gebaut wird, werden viele Bomben gefunden, die Schwetzler mit seinem Team dann entschärfen – oder eben sprengen – muss. 2010 kam er schließlich zum Regierungspräsidium Darmstadt. Seit 2017 leitet er den Kampfmittelräumdienst.
In der Nacht zum Donnerstag steht er am Krater, den die Sprengung der 500-Kilo-Bombe an der Schwarzburgstraße hinterlassen hat und beantwortet geduldig die Fragen von Journalisten. Dann sucht er für einen Moment die Ruhe und hält sich abseits. Atmet tief durch. Zeit für den Feierabend, weit nach Mitternacht. Wer weiß, wann er wieder nach Frankfurt gerufen wird. (isk.)
Anwohner müssen ihre Häuser verlassen.
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Bild: dpa
Die Geflohenen
„Mensch“, sagt Ingo Henning, „da haben wir ja mal auf einer Bombe gesessen.“ Ohne es zu wissen natürlich. Früher, sagt der Rentner, sei am Glauburgbunker nämlich mal ein Spanier gewesen, da habe es draußen Tische und sehr gute Tapas gegeben. Nun jedoch ist der Spanier weg, und Ingo Henning muss mit seiner Frau auf einer schmaler Holzbank in der Eissporthalle sitzen. Die beiden Rentner vom Matthias-Beltz-Platz gehören zu einigen hundert Anwohnern, die im Laufe des Abends in das Evakuierungszentrum gekommen sind, die letzte Zuflucht für all jene Bombenflüchtlinge, die so schnell nirgendwo anders unterkommen konnten.
Die meisten in der Halle sind älter, mehrere gehbehindert, auch ein paar Migrantenfamilien sind zu sehen. Sie alle haben sich in der ganzen Halle verteilt, sitzen auf Bierbänken, liegen mit Handtasche und Dackel auf einem der rund 50 Feldbetten oder haben sich, mit mindesten 1,50 Meter Abstand, auf einem der mehr als 3000 Sitzplätze eingerichtet. Und warten auf den großen Knall. Ein Mann mit Maske auf der Glatze und Kaugummi im Mund hat sich lieber an die harte Seitenwand gesetzt, rechts vom ihm steht sein Rollkoffer, links steckt das Ladekabel des Handys in der Steckdose. „Ich war klug, ich habe mir diesen Platz gleich gesichert“, sagt er stolz. Die Steckdose teile er aber natürlich gern, das sei doch klar. In dieser Lage rücken eben alle, trotz Sicherheitsabstand, zusammen.
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