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#Der Tod steht ihr nicht so

Ihr ganzes erwachsenes Leben lang hat Karla (Iris Berben) unabhängig gelebt, im Sterben soll sich das nicht ändern. Als Rockstar-Fotografin war sie teil einer wilden Subkultur, ohne dazuzugehören, so war es ihr recht. Bindung ist Bürde, so sah es Klara immer. Nun schwächt der Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium ihre Autonomie, für sie ist die Abhängigkeit das Empörendste, nicht der nahe Tod. Sie räumt ihre Wohnung leer, um wenigstens ihre Sachen selbst wegzugeben. Einen Wunsch hat sie. Jemand soll ihr Fotoarchiv digitalisieren. Etwas Unsterblichkeit soll sein.

Fred (Godehard Giese) ist Karla als ehrenamtlicher Sterbebegleiter zugeteilt. Hauptberuflich plant er Ampelschaltungen und Verkehrsflüsse, im Moment arbeitet er an einer besonders schwierigen Kreuzung. Fred ist zurückhaltend und steif, wo Karla ausgesprochen und illusionsfrei ist, emotional ungelenk, wo sie offen den Lebensverlust bedauert.

Hinter der Kamera verstecke man sich nur, sagt sie

Hinter einer Fotokamera, so sagt sie Freds Teenagersohn Phil (Claude Heinrich), verstecke man sich bloß. Distanziere sich immerzu, weil man ein Medium künstlerischer Verarbeitung zwischen sich und die Welt halte. Phil hat den Digitalisierungsjob angenommen. Das Verhältnis zum Vater ist belastet, aber die junge Rona (Zoe Valks) und der schrullige Hausmeister Klaffki (Axel Werner) aus Karlas Haus haben es ihm angetan. Trotz oder weil er die eigenwillige Rona wegen ihrer bunten Aufmachung für eine Prostituierte hält.

Phil ist Halbwaise, seit seine Mutter an Brustkrebs starb und Vater Fred Trauer in sich verkapselte. Phil liebt Rilke und Peter Rühmkorf, imaginiert sich ein Krankenhaus lädierter Wörter mit einer Intensivstation, auf der die blödesten Floskeln kaum zu retten sind. Ein Künstler, konstatiert Karla, die mit Freds Ideen zum versöhnten Sterben nichts zu tun haben will. Stattdessen ermuntert sie Phil, beim Poetry-Slam über sie und ihr Sterben zu dichten.

Der Film „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“, dessen Drehbuch von Astrid Ruppert nach einem Roman von Susann Pásztor verfasst wurde, ist eine gut gemeinte elegische Betrachtung über das „gelungene Sterben“. Die Wirkung des Films schwächen allerdings ebenfalls gut gemeinte Handlungsmätzchen, Sidekicks und eine unerträgliche Klavierbegleitung. Regisseur Till Endemann und Kameramann Bjorn Haneld gestalten tapfer gegen die Klischeebeladung der Vorlage an, Iris Berben, Godehard Giese und Claude Heinrich ernüchtern den Emotionalisierungston dieser karfreitäglich eingetrübten Sterbebegleitung wohltuend, aber letztlich ist diese Produktion der Bavaria für die Degeto auch nur ein weiteres Produkt der Gleiten-wir-mal-unterhaltend-ins-Wochenende-Reihe der ARD, „Endlich Freitag im Ersten“.

„Und dann steht einer auf“ enthält manch christliche Botschaft zum Sterben, zur „richtigen“ Trauer und zum erfüllten Leben, ist aber kein eigentlich christlicher Film, sondern hält es mit inkludierender Universalhumanität. Nachdem Karla im Beisein ihres neuen Wahlverwandten verstorben ist, öffnet Fred das Fenster, damit sich Karlas Seele ins Freie schwingen kann. Oder wohin auch immer. Wer diesen Film sieht, wird danach möglicherweise ein wenig in Moll gestimmt sein. Um den Schlaf bringt er einen nicht.

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster, Karfreitag um 20.15 Uhr im Ersten.

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