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#Der Zeitreisende

Der Zeitreisende

Der Schauspieler Geoffrey Rush wird siebzig Jahre alt, aber wenn wir seine letzte große Rolle richtig verstanden haben – was nicht ganz sicher ist, nicht wegen Rush, sondern wegen der Rolle –, dann ist diese Altersangabe eine Aussage von solcher Relativität, dass man ihm genau so gut auch gestern hätte gratulieren können oder vor drei Jahren, eigentlich immer.

Rush hat, in der ersten Staffel der von Noah Pink und Ken Biller entwickelten National-Geographic-Serie „Genius“, Albert Einstein gespielt, was in jeder Hinsicht verblüffend war. Es geht nämlich los mit Sex im Arbeitszimmer, damit gleich sichtbar wird, dass dieser Einstein kein körperloser Geist und auch kein freundlicher Kobold ist. Sondern ein Mann mit menschlichen Leidenschaften. Und danach ist auch der Kopf wieder gut durchblutet, und obwohl Rush dem echten Einstein überhaupt nicht ähnlich sieht, glaubt man ihm jedes Wort über die Gekrümmtheit des Raums, die Relativität der Zeit und die Geschwindigkeit des Lichts, auch wenn man es nur halb versteht.

Er meidet die Gegenwart

Was vielleicht auch daran liegt, dass Geoffrey Rush selbst ein Zeitreisender ist. In der Gegenwart, so hört und liest man, versucht er ein unspektakuläres Leben zu führen, in Melbourne mit seiner Frau, der Schauspielerin Jane Menelaus – ein Leben, dessen Unauffälligkeit vor vier Jahren unterbrochen wurde, als eine Kollegin ihm vorwarf, er habe sie sexuell bedrängt. Wogegen Rush sich aber mit einer Verleumdungsklage wehrte. Den Prozess gewann er; die Zeitung, die das Gerücht von der Verfehlung verbreitet hatte, musste ihm fast drei Millionen Dollar zahlen.

In seinen Rollen meidet er, so gut es eben nur geht, die Gegenwart – und meistens sieht es so aus, als brauchte sein Spiel genau das, einen fremden Kontext, eine Gesellschaft, die nach ganz anderen Regeln funktioniert als die Erfahrungswirklichkeit – damit er dann, mit seiner Präsenz und seiner Präzision, die ungeheure Distanz zum Publikum überwinden kann.

Das wirkliche Leben wird überschätzt

Als Marquis de Sade, in Philip Kaufmans „Quills“, waren es diese Umwege, übers Frankreich der Kaiserzeit, durch die Irrenanstalt von Charenton und ein paar klare, pornographische Sätze, die anschaulich machten, was für eine zeitgemäße Figur dieser Donatien Alphonse François de Sade ist, für die, die es wissen wollen. Und in Shekhar Kapurs „Elizabeth“, dem Drama um Englands Königin, spürte man noch intensiver, dass man die Art, wie Rush hier Elizabeths Wächter und Berater Francis Walsingham spielt und verkörpert, fast schon übergriffig nennen muss, so verführerisch lockt der Abgrund in diesem Mann.

Geoffrey Rush, geboren in einer australischen Kleinstadt, aufgewachsen in der Nähe von Brisbane, war zwanzig Jahre alt, als sein Talent entdeckt wurde; und seither hat er wenig anderes getan als zu spielen, auf dem Theater, im Kino und im Fernsehen – und womöglich ist ja Rush der beste Zeuge für die These, dass das wirkliche Leben überschätzt sei. Und dass man die wahrhaft erschütternden Erfahrungen beim Lesen von Dramen und Drehbüchern und dann beim Lernen der Rollen macht.

Hector Barbossa, der Pirat, den Rush in der „Fluch der Karibik“-Serie spielt, war eben in einem früheren Leben Leo Trotzki und der seelenkranke Pianist David Helfgott (wofür Rush einen Oscar gewann). Auf wie viele Jahre so einer zurückblickt, möchte man gar nicht nachzählen müssen. Man darf Geoffrey Rush hoffentlich trotzdem heute alles Gute zum Siebzigsten wünschen.

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