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#Deutsche Börse-Chef Theodor Weimer über Wirecard: Gier frisst Hirn

Deutsche Börse-Chef Theodor Weimer über Wirecard: Gier frisst Hirn

Herr Weimer, die Aktienrente hat es in den Koalitionsvertrag geschafft. Steht die Aktienkultur in Deutschland jetzt vor dem großen Durchbruch?

Daniel Mohr

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Inken Schönauer

Redakteurin in der Wirtschaft, verantwortlich für den Finanzmarkt.

Selten standen die Chancen besser. Aber jetzt muss auch geliefert werden. Die Tatsache, dass die Aktienrente im Koalitionsvertrag steht, heißt noch lange nicht, dass sie auch wirklich kommt.

Warum so pessimistisch?

Nein. Ich bin verhalten optimistisch. Die Politik kann und muss jetzt gestalten. Es geht um Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg aus unternehmerischer Tätigkeit. Beim Thema Rente haben diejenigen einen Vorteil, die ohnehin schon bessergestellt sind. Generell muss der Zugang zu Produktivkapital erleichtert werden. Das wird mit der anhaltenden Niedrigzinsphase und der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft zum Muss.

Haben Sie konkrete Ideen?

In Deutschland denken wir bei diesem Thema leider immer nur an Aktien. Wenn ich über Aktienkultur spreche, dann geht es mir aber um eine Teilhabe an allen Anlageklassen – beispielsweise auch um Private Equity. Das ist heute noch eine viel zu elitäre Assetklasse. Mit Private Equity lassen sich im aktuellen Umfeld doppelt so hohe Renditen erzielen wie mit Aktien. Wir sehen da derzeit 15 Prozent pro Jahr. Dieses Potential darf an Privatanlegern doch nicht vorbeiziehen. Es kann nicht sein, dass man in der Regel im Minimum 500 000 Euro mitbringen muss, um in Private Equity in­vestieren zu können.

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Es gibt ja schon ein paar Möglichkeiten für Privatanleger.

Ja, aber zu wenige. Das muss mehr werden. Ich setze dabei mittelfristig auch sehr auf die Digitalisierung oder Toke­nisierung. Damit wären ganz andere Möglichkeiten gegeben.

Immerhin beschäftigen sich die Leute in­zwischen mehr mit Börse. Neue Internetanbieter haben gerade junge Menschen für das Thema Börse begeistern können. Wenn wir an Gamestop denken, hat das eine ganz neue Öffentlichkeit. Ist das ein Fluch oder ein Segen?

Die jüngere Generation hat verstanden, dass mit dem Sparbuch nicht mehr viel zu verdienen ist. Das Mobiltelefon hat auch hier den Zugang zum Kapitalmarkt er­leichtert. Es ist inzwischen hip, an der Börse zu handeln. Früher wurde über Fußball geredet, heute über Aktienkurse.

Und dabei wird das Risiko vergessen, wie wir an Wirecard gesehen haben.

Nein. Die jüngere und besser ausgebil­dete Generation hat ein anderes Verhältnis zum Geld. Es wird nicht mehr primär ge­spart – es wird investiert. Damit ein­her geht ein anderes und durchaus gesundes Risikoverständnis. Zum Thema Stock-Picking kann ich als Börsenchef nur sagen: Strukturell ergibt das für den normalen Investor ein-fach keinen Sinn. Der Informationsnachteil gegenüber den institutionellen Anlegern ist einfach zu groß. Bei Wirecard fällt mir nur ein: Gier frisst Hirn. Das war über weite Strecken reine Spekulation.

Sind Privatanleger für ihr Geschäft überhaupt noch wichtig?

Ohne Frage: Für uns sind die institutionellen Investoren natürlich viel bedeutender für das Geschäft als die privaten. Aber wir sehen gerade in den USA, mit welcher Verve die RetailInvestoren in die Märkte drücken. Das wird auch bei uns ein struktureller Trend werden. Das, was früher der Bausparvertrag war, sollte heute ein Aktiensparplan oder ein monatliches ETF-Investment sein. Aber jenseits dieser Investments leben wir als Börse primär vom Auf und Ab der Märkte. Unser Zauberwort heißt Volatilität. An der verdienen wir.

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