Wissenschaft

Dicke Luft in der Kletterhalle

Indoorklettern und Bouldern erfreuen sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Spezielle Schuhe, die Kletterer für diesen Sport benutzen, setzen jedoch durch Abrieb bedenkliche Chemikalien frei, wie Forschende nun herausgefunden haben. Diese Stoffe können in die oberen Atemwege oder die Lunge gelangen und dem Körper schaden. Betreiber von Kletterhallen sollten zukünftig versuchen, die Luftqualität ihrer Hallen zu verbessern.

Der Deutsche Alpenverein schätzt, dass in Deutschland mehr als eine Million Menschen regelmäßig klettern gehen. Viele nutzen dafür Indoor-Kletterhallen, um sich wetterunabhängig im freien Klettern und Bouldern zu üben. Im Oktober 2023 gab es 566 künstliche Kletteranlagen in Deutschland. Um einen sicheren Halt zu bewahren und ihre Füße zu schützen, tragen Kletterer spezielle Schuhe. Eine spezielle Gummisohle verleiht ihnen einen besonders guten Halt – genug „Grip“, um nicht von den Griffen abzurutschen.

Vom Griff in die Lunge

Die Sohlen der Kletterschuhe enthalten ähnliche Gummimischungen wie Autoreifen, aber auch verschiedene Zusatzstoffe, die in Verdacht stehen, dem Menschen und der Umwelt zu schaden. „Die Sohlen von Kletterschuhen sind Hochleistungsprodukte, genau wie Autoreifen”, erklärt Erstautorin Anya Sherman von der Universität Wien. „Additive sind spezifische Chemikalien, die diese Materialien widerstandsfähiger und haltbarer machen, sie sind wesentlich für deren Funktion.“

Die gute Haftreibung führt jedoch auch dazu, dass sich die weiche Sohle mit der Zeit abreibt und winzige Partikel abgibt. Die Gummipartikel setzen sich dann auf den Haltegriffen an Kletterwänden ab. „Wir kannten die schwarzen Rückstände auf den Griffen in Kletterhallen, den Abrieb der Schuhsohlen“, erklärt Sherman. „Kletterer wischen diesen für besseren Halt weg und wirbeln ihn dadurch in die Luft.“ Wie viel dieses Abriebs tatsächlich in der Luft von Kletterhallen steckt, haben Sherman und ihr Team nun analysiert.

Dazu sammelten sie Proben von Staub auf dem Boden, dem Abrieb auf den Griffen in fünf Kletterhallen in Wien und insgesamt vier weiteren in der Schweiz, Frankreich und Spanien sowie von 30 Schuhsohlen gängiger Hersteller. Anschließend analysierten sie die Menge an Gummiabrieb in den Proben. Zusätzlich ahmten die Forschenden mit einem Impinger, einem Partikelmessgerät, die menschliche Atmung nach, um zu überprüfen, wie viele Zusatzstoffe aus den Gummisohlen in die Atemwege von Kletterern und Mitarbeitern gelangen.

Höhere Stoffkonzentration als an einer vielbefahrenen Straße

Die Analysen zeigen: Menschen in den Kletterhallen inhalieren im Vergleich zu Straßenarbeitern in den smogbelasteten chinesischen Megastädten das bis zu 7,8-Fache an Gummizusatzstoffen. Zusätzlich nehmen sie eine um zwei Größenordnungen größere Menge Benzothiazol auf als selbst die Arbeiter an spanischen Industriestandorten. Gummihersteller setzen das Benzothiazol ein, um die Vulkanisierung des Gummis zu beschleunigen. In einer gut besuchten Kletterhalle fanden Sherman und ihr Team 3070 Mikrogramm Aerosolpartikel pro Kubikmeter. Im Vergleich dazu enthielt die Luft einer weniger gut besuchten Kletterhalle gerade mal 180 Mikrogramm Aerosolpartikel pro Kubikmeter.

Die Forschenden gehen davon aus, dass auch die Belüftung und die Bauart der Hallen eine Rolle spielen wie viele Partikel in der Luft verbleiben. Ihrer Ansicht nach wäre es daher wichtig, die Luftqualität in den Hallen zu verbessern. Mit einer optimierten Lüftung und regelmäßiger Reinigung der Halle könnten die Betreiber die Konzentration der Schwebteilchen in der Luft bereits verringern. Kletterer könnten Stoßzeiten vermeiden und Kletterschuhe, die weniger Additive enthalten, kaufen, um eine möglicherweise schädliche Belastung zu verhindern, so das Forschungsteam.

Quelle: Universität Wien; Fachartikel: ACS ES&T Air, doi: 10.1021/acsestair.5c00017

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