#Die jungen Stars der Schwimm-WM
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„Die jungen Stars der Schwimm-WM“
In einem Rennen über 102 oder 103 Meter, womöglich sogar in einem Rennen über 101 Meter Brust wäre Anna Elendt in Budapest Weltmeisterin geworden. Aber beim Schwimmen geht es fünfzig Meter in die eine und fünfzig Meter in die andere Richtung, dann ist Schluss. Und deshalb war Anna Elendt, 20 Jahre alt, am Ende dieses Weltmeisterschaftsrennens zwar die schnellste Frau im Becken, aber nicht Weltmeisterin.
Die heißt Benedetta Pilato, geboren vor 17 Jahren in Tarent, Apulien. Fünf Hundertstelsekunden Vorsprung rettete Benedetta Pilato nach 1:05,93 Minuten vor Anna Elendt, neun vor der Litauerin Ruta Meilutyte, vierzehn vor der Amerikanerin Lily King.
Aussichten auf Erfolg bei Olympia
Anna Elendt trainiert in Texas, sie ist im April in San Antonio vier Zehntelsekunden schneller geschwommen als in Budapest, wo sie im Halbfinale in 1:05,62 Minuten die Schnellste von allen war. Aber Weltmeisterin wird man weder über 101 Meter Brust noch im WM-Halbfinale, und überhaupt war Anna Elendts strahlendem Gesicht während der Siegerehrung anzusehen, dass sie, die im Finale nach fünfzig Metern als Siebte gewendet hatte, Silber gewonnen und nicht etwa Gold verloren hatte: „Ich hab gesehen, dass sie rechts und links neben mir schon recht vorne waren nach der Wende. Da hab ich mir gesagt: Jetzt muss ich mich doch ein bisschen beeilen.“
Die Freude über das Ergebnis der Aufholjagd ist nachvollziehbar, nicht nur aus der subjektiven Perspektive: Als eine deutsche Schwimmerin zuletzt bei einer Weltmeisterschaft eine Medaille über 100 Meter Brust gewann, war das Land frisch wiedervereinigt. Jana Dörries aus Potsdam schwamm im Januar 1991 in Perth zu zwei Podestplätzen.
Wende nach der Wende: Anna Elendt kämpft sich auf Platz zwei vor.
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Bild: AP
Zudem war es für das deutsche Elite-Team bei dieser WM bereits die zweite Silbermedaille, damit hatten die Beckenschwimmer nach drei Finaltagen schon so viele Medaillen erschwommen wie bei der WM 2019 in Gwangju nach acht – am vierten, zur Halbzeit, übertrafen sie die Ausbeute, als Florian Wellbrock über 800 Meter zu Silber kraulte.
Anna Elendt und Lukas Märtens, der WM-Zweite über 400 Meter Freistil, ebenfalls zwanzig Jahre alt, sind die zwei prominentesten Gesichter unter den jungen und schnellen deutschen Schwimmern, die Aussichten auf Erfolg bei den Olympischen Spielen in Paris in drei Jahren haben. Zugleich aber steht auch schon fest, dass es anderswo in Europa noch jüngere und noch erfolgreichere Schwimmer gibt.
Silber für Deutschland: Lukas Märtens bei der WM in Budapest
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Bild: Reuters
Denn vor dem Teenager Benedetta Pilato war schon ein anderer Teenager zum Weltmeistertitel geschwommen, und wie. David Popovici, 17 Jahre alt, aus Bukarest schwamm über 200 Meter Freistil allen davon. Nach 1:43,21 war der Rumäne wieder am Beckenrand, so schnell hatten das weder Michael Phelps noch Ian Thorpe je geschafft, ohne Wunderanzug war nur der Franzose Yannick Agnel schneller, vor zehn Jahren. Und Popovici krabbelte anschließend an Land, dankte den Lieben daheim, die an ihn glaubten, und hatte ansonsten zu sagen, dass er noch nicht fertig sei. Es warteten noch die 100 Meter Freistil: „Der Job ist nicht erledigt.“ Das ist eine Ansage.
Märtens, drei Jahre älter als Popovici, kam gut zweieinhalb Sekunden später ins Ziel. Siebter. Er hatte nur den Australier hinter sich gelassen, der ihn über 400 Meter geschlagen hatte, Elijah Winnington. Trotzdem war Märtens nicht unzufrieden. Schon beim vergeblichen Versuch, sich über 800 Meter für das Finale zu qualifizieren, war offensichtlich, wie sehr die vier Freistilstarts in Budapest schlauchen. Niemand war mit einer besseren Zeit über dieses Strecke nach Budapest gekommen, im Vorlauf waren dann 14 Schwimmer schneller als Märtens. Aber auch sein Job ist längst nicht erledigt, am Wochenende warten die 1500 Meter.
Schwamm allen davon: David Popovici, ebenfalls erst 17 Jahre alt
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Bild: AP
Ansage? Sind nicht Märtens’ Art. Schon gar nicht Ansagen à la Popovici. Der Rumäne kraulte im Übrigen am Dienstagabend durch sein Halbfinale über 100 Meter, stilistisch und statistisch beeindruckend: Juniorenweltrekord, 47,13 Sekunden. Rafael Miroslaw, vier Jahre älter, aber deutsche Freistilsprinthoffnung, war im Vorlauf in 48,65 Sekunden als 19. ausgeschieden und war damit deutlich unter den Erwartungen von Bundestrainer Berkhahn geblieben, der jedem der zehn deutschen Starter in Budapest wenigstens die Qualifikation für das Halbfinale zugetraut hatte.
Und womöglich sollten die Deutschen bei der Evaluierung der WM-Woche ohnehin und beim Blick auf die Konkurrenz neben den rasend schnellen Teenagern auch die Vita der Litauerin Ruta Meilutyte in den Blick nehmen, die hinter Benedetta Pilato und Anna Elendt über 100 Meter Brust Dritte geworden war. Meilutyte ist im Jahr 1997 geboren, dem Jahr, in dem Jana Dörries ihre Karriere als Schwimmerin beendete. Sie ist 25, kein Alter im Leben, aber eines für reichlich Erfahrung zwischen den Beckenrändern.
Meilutyte war Olympiasiegerin 2012 in London, mit 14, bevor sie zwei Jahre später Siegerin bei Olympischen Jugendspielen wurde. Als sie 2016 in Rio de Janeiro leer ausging, flossen die Tränen. Aus dem Wunderkind wurde eine Sportlerin in einer Sinnkrise, trotz reichlich EM- und WM-Titeln. 2019 beendete sie ihre Karriere auch offiziell, nachdem sie dreimal zu Dopingkontrollen nicht angetroffen worden war, ausgerechnet sie, die stets offensiv den Betrug in ihrem Sport beklagt hatte.
Vergangenes Jahr versuchte sie sich, aus der Lust am Schwimmen, bei den litauischen Meisterschaften und war schnell. Es wurde nun ein spektakuläres Comeback daraus. Doch wer Ruta Meilutytes Twitter-Account folgt, merkt, was sie wirklich beschäftigt: Es ist das Leben im Schatten Wladimir Putins, und es ist der unbedingte Wille zur Freiheit. Im April schwamm Ruta Meilutyte in blutrot gefärbtem Wasser eines Teichs vor der russischen Botschaft in Vilnius, aus Protest gegen den mörderischen Krieg des Kremlherrn gegen seine Nachbarn. Durchschwimmen nannte sie ihre Aktion.
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