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Die Kritiker: Polizeiruf 110 – Spiel gegen den Ball

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Kreisliga oder Champions League? Der neue «Polizeiruf 110» aus dem deutsch-polnischen Grenzgebiet verortet sich schnell ziemlich klar.

Stab

Darsteller: André Kaczmarczyk, Gisa Flake, Hanno Koffler, Adrian Topol, Robert Gonera, Klaudiusz Kaufmann
Musik: Philipp Schaeper und Christopher Colaço
Kamera: Katharina Bühler
Drehbuch: Michael Fetter Nathansky, Daniel Bickermann und Christian Werner (auch Regie)

Es beginnt mit einem LKW, einer Leiche und einer vagen Hoffnung, dass das alles irgendwohin führt. Doch schon nach den ersten zehn Minuten «Polizeiruf 110 – Spiel gegen den Ball» wird klar: Dieser Fall geht nicht nach vorne, sondern seitlich weg. Und zwar ins Niemandsland zwischen Krimi, Sozialdrama und Fußballplatzmetapher, die nie wirklich zündet. Der ganze Film ist wie ein verunglückter Elfmeter im Provinzregen – ambitioniert angesetzt, aber der Ball fliegt hoch über den Zaun, und man fragt sich: Wer soll das fangen?

Christian Werner inszeniert diesen «Polizeiruf» so, als habe man ihm drei Genres in die Hand gedrückt – Krimi, Coming-of-Age und Sportdrama – und er hätte sie alle gleichzeitig umklammern wollen, bis ihm alles durch die Finger glitscht. Das ist kein Spiel gegen den Ball, das ist ein Spiel gegen den Plot, gegen das Timing, gegen das eigene Drehbuch.

Dieses Drehbuch wirkt derweil, als sei es, so viel Polemik muss sein, gegen Ende der Nachspielzeit wie die Elfmeterliste hektisch auf dem Zettel eines Assistenztrainers notiert worden: Eine überforderte Mutter, Geschäftsführerin einer Spedition und Fußballclubpräsidentin, wird ermordet. Das klingt erst einmal nach einem Allerweltsstoff mit einem kleinen Twist: Frau als Fußball- und Lkw-Fahrerchefin. Aber dann: Joggingrunde, LKW-Leiche, Public Viewing. Der Plot stolpert über seine eigenen Hinweise wie ein Kreisklasse-Libero über die Seitenlinie. Es fehlt nicht an Figuren, aber an Tiefe. Jeder hat ein Motiv, aber keiner hat ein Innenleben. Die Dialoge klingen dann oft wie Google Translate zwischen Deutsch, Krimi und Phrasen-Fußball.

Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und Alexandra Luschke (Gisa Flake) sind dabei wohl das seltsamste Ermittlerpaar seit der Erfindung von Teamarbeit. Er: blass, wortkarg, diffus. Sie: robust, aber auch nicht unbedingt mit dem inneren Leuchten gesegnet, das diese trübe Szenerie gebraucht hätte. Zwischen den beiden entwickelt sich keinerlei Dynamik, außer jener des stillen Einverständnisses, dass auch sie nicht ganz verstehen, was hier eigentlich los ist.

Und dann der Fußball. Oder das, was der Film dafür hält. Ein anklagendes Porträt der prekären Nachwuchsförderung im Grenzgebiet? Eine Milieustudie über Hoffnung und Härte im Schatten des Vereinsheims? Leider nein. Stattdessen: Jugendspieler, die wirken, als hätten sie noch nie einen Ball gesehen. Ein Trainer, der wie eine Mischung aus Motivationscoach und Altlast daherkommt. Und ein großes Spiel, das nie gespielt wird – wie der eigentliche Krimi.

Der Mord ist dann zwar der Auslöser von allem, aber er ist nicht das Zentrum des Geschehens. Das Zentrum ist ein 13-jähriger Junge, Marco, dessen Mutter getötet wurde und der nun schweigt. Der Film will uns sein Schweigen als tiefe psychologische Spannung verkaufen, aber es wirkt eher, als hätten die Autoren nicht so recht gewusst, was sie ihm hätten zu sagen geben sollen. Jeder Subplot (der Co-Trainer! Die Sozialarbeiterin! Die polnischen Kollegen!) wird angerissen, aber keiner wird zu Ende geführt. Alles bleibt Skizze.

Und so zieht dieser «Polizeiruf 110» vorbei wie ein EM-Spiel ohne Spannung – man sitzt da, wartet auf etwas, das nie kommt, und merkt irgendwann, dass man längst angefangen hat, aufs Handy zu schauen. Was bleibt? Ein Fall ohne Fallhöhe. Ein Film ohne Rhythmus. Ein Plot ohne Punch. Der ganze «Polizeiruf 110 – Spiel gegen den Ball» fühlt sich an wie ein schlecht gelaunter Sonntag im November, an dem man eigentlich nur einkaufen wollte und dann in einem Provinzstadion gelandet ist, ohne WLAN und ohne Hoffnung. Nichts gegen Regionalfußball. Aber wenn selbst der Mord nebensächlich wirkt, dann war’s vielleicht einfach nur ein Spiel gegen die Zeit. Und das hat der Film eindeutig verloren.

Der Film «Polizeiruf 110 – Spiel gegen den Ball» wird am Sonntag, den 22. Juni um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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