Die Kultur öffnet ihre Pforten

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Eigentlich müsste man sich klonen. Anders ist das nicht zu schaffen: jede der mehr als 40 Kultureinrichtungen zu besuchen, die für die „Nacht der Museen“ in diesem Jahr ihre Türen öffnen. Die Möglichkeiten für die rund 40.000 erwarteten Besucher sind schier unendlich – die Zeit aber ist klar begrenzt. Am Samstagabend von 19 Uhr an bis 2 Uhr in der Nacht öffnen die Museen, Institute und Vereine ihre Pforten.
Von Ausstellungen und Konzerten über Performances und Gespräche bis hin zu Führungen und Partys. Das größte und dichteste Angebot gibt es wie immer in der Frankfurter Innenstadt. Dort ist also, egal ob man einem festen Plan folgt oder sich treiben lassen möchte, ein guter Punkt, um zu starten.
Dragqueens, Glitzer und Peep
Ein Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Fotografie. Im Fotografie Forum lässt sich etwa die erste umfassende Ausstellung zum Werk des deutschen Dokumentarfotografen Michael Kerstgens erleben, die tiefe Einblicke in sein mehr als 40 Jahre währendes Schaffen liefert. Zu sehen sind bei „Out of Control“ Langzeit-Fotoessays aus Deutschland, Russland und Großbritannien, in Schwarz-Weiß und in Farbe. Insgesamt mehr als 100 Arbeiten, die sich vor allem dem Wandel von Orten und Menschen widmen und auch gesellschaftliche Umbrüche widerspiegeln.
Mit Umbrüchen beschäftigen sich auch die Fotografien von Carl Friedrich Mylius, vor allem mit denen Frankfurts. Von der Zeil, dem Eschenheimer Turm über den Römer bis hin zum Mainufer hielt Mylius die Architektur der Stadt vor mehr als 150 Jahren fest und hat damit zu dem beigetragen, was Frankfurt heute über sich selbst weiß. Mit rund 80 seiner Arbeiten widmet das Städel dem Wegbereiter der Architekturfotografie die erste große Einzelausstellung. Im gleichen Haus ist zudem Annegret Soltaus Schau „Unzensiert – Eine Retrospektive“ zu sehen. Sie zeigt feministische Body Art, bei der die Künstlerin „den Körper, ihr eigenes Selbst als Austragungsort für die Verhandlung von gesellschaftlichen Strukturen“ nutzt, wie die Leiterin der Sammlung Gegenwartskunst, Svenja Grosser, sagt.
Gleich nebenan wartet das Museumsufer mit weiteren Angeboten auf, darunter die Ausstellung „Apropos Sex“ im Museum für Kommunikation, die sich mit der Sexualität, den Empfindungswelten und der Selbstbestimmtheit des Einzelnen auseinandersetzt. Außerdem kündigt das Museum mit Dragqueens, Glitzer und Peep eine schrill-bunte Nacht an.
Wer verborgene Orte erkunden möchte, kommt bei einer Führung durch das Fischergewölbe an der Nordseite der Alten Brücke auf seine Kosten. Sie gilt als der Flughafen des Mittelalters, war sie doch lange Zeit die einzige steinerne Brücke am Unterlauf des Mains und damit Verkehrsmittelpunkt. Die Inhaberin der Kulturothek, Sabine Mannel, führt durch das Gewölbe, das früher die Fischer für ihre Kähne genutzt haben sollen. Taschenlampe und feste Schuhe sind ein Muss!
14 Meter langes Kollosalgemälde
Wer lieber hoch hinaus möchte, kann auf die Dachterrasse „Belvederchen“ der Goldenen Waage gehen oder an den nächtlichen Aufstiegen zum Domturm teilnehmen. An dessen Spitze ist um kurz vor Mitternacht eine der vielen Performances zu sehen: die Geschichten in der Türmerstube, dargeboten vom Theater Willy Praml.
Erstmals in Frankfurt zu sehen ist das Kolossalgemälde des Oscarpreisträgers, Bühnenbildners und Film-Designers Hein Heckroth, das vor eineinhalb Jahren durch Zufall vor der Vernichtung gerettet worden und nun im Massif E ausgestellt ist. Das Gemälde ist knapp 14 Meter lang und fünf Meter hoch.
Das Kriminalmuseum ist einen Besuch für alle wert, die sich für das akribische Aufdecken von Verbrechen interessieren. Ermittler nehmen die Besucher mit an den Tatort eines aktuellen Falls, der im Museum zum Leben erwacht. Außerdem kann man Einsatzfahrzeuge begutachten und Polizeihunde in Aktion erleben.

Für Nachtschwärmer bietet der Abend allerlei Musik, von Electro im Jüdischen Museum, im DFF, im Massif E, im Garten des Liebieghauses oder im MOMEM über Jazz im Caricatura Museum (bis 22 Uhr), im Museum Angewandte Kunst, im Zoo, im Geldmuseum und in der EZB zu Indierock im Fotografie Forum oder Hip-Hop im Architekturmuseum (bis 22 Uhr). Klassischer Musik können Besucher etwa im Hindemith-Kabinett oder beim Konzert des blinden Pianisten Edvin Duric im Dialogmuseum lauschen.
Buslinien wurden eingedampft
Reduziert haben die Veranstalter die eingerichteten Buslinien. Waren im vergangenen Jahr noch fünf ihre Rundtouren durch Frankfurt, Offenbach und Eschborn gefahren, bleiben davon in diesem Jahr nur die Linien 1 und 5 erhalten. Die Linie 1 fährt alle zehn Minuten eine Rundtour durch die Innenstadt. Die Linie 5 führt alle 15 Minuten von der Ludwig-Erhard-Anlage über die Theodor-Heuss-Allee nach Eschborn und wieder zurück.
Die weiteren Linien des vergangenen Jahres werden durch den öffentlichen Nahverkehr des RMV abgedeckt. Für diese Angebote gelten die Museumsufer-Card und das Kultur- und Freizeitticket nicht, deren Inhaber bei der Nacht der Museen aber freien Eintritt haben. Im Nacht-der-Museen-Ticket ist das RMV-Ticket enthalten. Während der Sperrung des S-Bahn-Tunnels ist zwischen Frankfurt und Offenbach ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Informationen dazu und zum Programm gibt es auf nacht.museumsufer.de.
■ Nacht der Museen 10. Mai, 19 Uhr bis 2 Uhr, Tickets bei allen teilnehmenden Museen, in der Tourist-Info am Römerberg und im My Zeil Ticketshop
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