#„Die Menschen sehnen sich nach realer Musik und Nähe“
„„Die Menschen sehnen sich nach realer Musik und Nähe““
Herr Fein, Ihre Antrittssaison, die zur Sommerpause endende und noch von Ihrem Amtsvorgänger Stephan Pauly geplante Spielzeit 2020/21, ist völlig unkalkulierbar verlaufen. Seit November ist das Haus geschlossen. Im September und Oktober gab es allerdings noch eine Reihe von Konzerten, die Sie kurzerhand neu geplant hatten. Wie haben Sie diese ersten Wochen erlebt?
Diese ersten Konzerte nach einer langen Phase des Lockdowns habe ich wie eine Befreiung erlebt. Die Kultur braucht ein Gegenüber, selbst in Kriegszeiten riss der Dialog mit dem Publikum nie ab. Von daher war und ist das Schweigen der Konzerthäuser eine schmerzhafte Ersterfahrung für alle Kulturschaffenden. Im letzten Herbst konnten wir dann in immerhin 80 Konzerten mit dem Publikum in Kontakt treten. Über alldem lag freilich der Schatten der Pandemie. Wir mussten Hygienekonzepte entwickeln und uns mit Themen auseinandersetzen, die uns allen völlig fremd waren. Das drohte alles zu überlagern. Umso schöner war es zu erleben, dass sich die Musik durch das Dickicht der Verordnungen immer ihren Weg zu den Zuhörern gebahnt hat. Das Publikum hat diese Musikerlebnisse sehr dankbar aufgenommen. Zugleich waren es wichtige Wochen für mich, um daraus Schlüsse zu ziehen für die kommende Saison 2021/22.
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Der Alten Oper sind durch die fehlenden Vermietungen in großem Stil Einnahmen weggebrochen und durch die neuen Planungen sowie die Rückabwicklung verkaufter Karten zusätzliche Kosten entstanden. Ist das durch die öffentlichen Zuschüsse überhaupt gedeckt? Wie stellt sich die finanzielle Situation aktuell dar?
Die finanzielle Situation ist für alle Konzerthäuser äußerst schwierig. Sie stellt auch die Alte Oper vor gewaltige Herausforderungen. Erfreulicherweise haben etliche Besucher, insbesondere aus dem Kreis der Freunde der Alten Oper und der Abonnenten, auf Ticketrückerstattungen verzichtet. Gleichwohl gibt es unter dem Strich der Einsparungen und der verlorengegangenen Einnahmen ein Defizit. In 2020 konnten wir dieses noch mit Restmitteln aufgefangen. Wir hoffen jetzt sehr darauf, dass das Wirtschaftsjahr 2021 die Situation nicht weiter verschärft. Da wird das zweite Halbjahr ganz entscheidend sein, vor allem die Frage, ab wann wir zum Normalbetrieb mit voller Saalauslastung zurückkehren können.
Sie haben die Unterstützung durch die Freunde und Abonnenten erwähnt. In Frankfurt gelten die Bürger als besonders engagiert. Was zeichnet die ehemalige Freie Reichsstadt aus? Und welche Rolle soll die Alte Oper in der heutigen, pluralistischen Gesellschaft spielen?
Das ist weit gefragt. Ich erlebe Frankfurt, selbst durch die Wolke der Pandemie, als eine sehr lebendige, dialogorientierte Stadt. Es gibt eine lange Tradition von bürgerschaftlichem Engagement, eine große Offenheit. Frankfurt ist durchlässig, heißt Menschen willkommen, ist dabei sehr international und befindet sich wie unsere Gesellschaft insgesamt in einem ungeheuren Transformationsprozess. Die Städte verändern sich gewaltig, und diese Veränderung wird durch Corona beschleunigt. Wir wollen an diesem Diskurs teilhaben und uns inspirieren lassen. Zugleich steht die Alte Oper für Tradition, für Exzellenz, für ein gutes Stück Frankfurt, für das Gute im Wahren sozusagen. Das sind gute Voraussetzungen, um auf eine diverse Stadt von der Programmatik her zu reagieren.
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