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#Willkommen in der Realität

Willkommen in der Realität

Um zu wissen, wie die Realität aussieht, braucht es Zahlen und Statistiken. Zum Beispiel diese: Der Nobelpreis für Literatur wird seit über hundert Jahren vergeben, gewonnen hat ihn eine einzige schwarze Frau, Toni Morrison. Vor fast dreißig Jahren. Tja, wenn es eben keine andere gab?, ist dann gern zu hören, meist von denen, die es aufgrund von Hautfarbe und Geschlecht deutlich leichter haben im Literaturbetrieb. Der britischen Schriftstellerin Bernardine Evaristo ist viel daran gelegen, diesen Zustand zu ändern. Als eine der wenigen schwarzen Professorinnen in Großbritannien und, ganz besonders, mit ihren Büchern. In ihren neuesten Roman „Mädchen, Frau etc.“, der jetzt in deutscher Übersetzung erschienen ist, habe sie deshalb „so viele schwarze Frauen wie möglich“ hineinschreiben wollen, sagte Evaristo in einem Interview. Zwölf sind es geworden, viele davon lesbisch, eine wird sich im Verlauf der Geschichte nicht mehr als Frau identifizieren.

Anna Vollmer

Bernardine Evaristo wurde 1959 in London als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren. Schon in den achtziger Jahren begann sie zu schreiben, zunächst Theaterstücke, später Romane und Lyrik. Seit Jahren unterrichtet sie kreatives Schreiben an der Brunel University London. Doch obwohl „Mädchen, Frau etc.“ ihr achtes Buch ist, war sie auch in Großbritannien nicht sonderlich bekannt, bis sie 2019 den renommierten Booker Prize gewann. Nicht allein, sondern gemeinsam mit Margaret Atwood, die den Preis für „Die Zeuginnen“ bekam, was viele zu der Frage veranlasste, warum die erste schwarze Frau in der fünfzigjährigen Geschichte des Preises sich diesen nun auch noch teilen müsse. Evaristo war das egal, sagte sie in der BBC-Sendung „Desert Island Discs“: „Ich wollte diesen Preis unbedingt, und ich wäre kein bisschen glücklicher, wenn ich ihn allein bekommen hätte.“

Viele Figuren und ein ungewöhnlicher Stil

Zu erzählen, worum es in „Mädchen, Frau etc.“ geht, ist nicht ganz einfach, denn es geht um ziemlich viel. Der Roman ist ein breites Kaleidoskop der britischen Gesellschaft, in dem neben den zwölf Hauptfiguren auch noch eine ganze Reihe anderer Charaktere vorkommt. Jeder der zwölf Figuren ist ein eigener Abschnitt des Romans gewidmet, wobei sie in den jeweils anderen Abschnitten auch immer wieder als Nebenfiguren auftauchen. So lernt man beim Lesen nicht nur die Innensicht der Protagonistinnen kennen, sondern erfährt auch, was andere über sie denken. Was bedeutet, viele der Schlüsse, die man aus der bisherigen Erzählung gezogen hat, noch einmal geraderücken zu müssen.

Bernardine Evaristo: „Mädchen, Frau etc.“. Roman. Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen Verlag, 512 Seiten, 25 Euro


Bernardine Evaristo: „Mädchen, Frau etc.“. Roman. Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen Verlag, 512 Seiten, 25 Euro
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Bild: Tropen Verlag

Evaristo hat ihren Stil selbst „fusion fiction“ getauft. Nur am Ende jedes Kapitels macht sie einen Punkt, die Sätze dazwischen sind durch Absätze und Kommata getrennt, manchmal auch wortweise, was an Lyrik erinnert, die es aber nicht ist. So heißt es über Dominique, eine zu diesem Zeitpunkt junge, lesbische Theatermacherin:

„ein, zwei Mal versuchte sie es mit Jungs
ihnen gefiel es
sie ertrug es“

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