#Die zwei Freunde und der giftige Frosch
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„Die zwei Freunde und der giftige Frosch“
Der „Tatort“ aus Saarbrücken konnte einem eine Zeit lang ziemlich gleichgültig sein. Das ist vorbei. Mit den Kommissaren Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) kehrte der Ernst des Lebens 2020 zurück. Erst bekamen es die beiden mit Unternehmern zu tun, die in der NS-Zeit Zwangsarbeiter beschäftigt hatten, später mit einem Serienkiller, der mit Pfeil und Bogen unterwegs war, und nebenher rührte das Drehbuch von Hendrik Hölzemann die Chemie für das ungewöhnlich enge Verhältnis zwischen den Ermittlern an: Hölzer und Schürk waren schon in der Kindheit miteinander befreundet.
Das war nicht nur Behauptung, man konnte es sehen. Als sich die Männer nach dem unerwarteten Wiedersehen im Beruf mit „Ich hab dich vermisst“ umarmten, geriet das fast so gefühlvoll wie in den Winnetou-Filmen, wenn sich die „Blutsbrüder“ nach langer Abwesenheit trafen. Und es kam ja sogar eine „Shatterhand“ zum Einsatz: Adam Schürk beobachtete bei einer Busfahrt, wie ein Knirps von seinem Vater mit derben Worten zurechtgestutzt wurde, und brachte den Mann mit einem Faustschlag zum Schweigen. Beide Szenen verwiesen auf die Seelenverwundung, die Adam Schürk – kein Kommissar ohne Trauma – seinem sadistischen Vater (Torsten Michaelis) zu verdanken hat. Roland Schürk quälte und schlug den jungen Adam, wo er nur konnte – bis Leo Hölzer seinem Kumpel eines Tages zu Hilfe sprang und den Vater mit einem Spaten ins Koma schlug. Erst nach fünfzehn Jahren wachte Roland Schürk auf, um sich von seinem Sohn als Pflegefall den Rücken waschen zu lassen und irgendwann kichernd neben einem Psychopathen zu sitzen. Man wusste nicht, wer irrer ist.
Im Wohnzimmer leuchtet ein Terrarium
Es lohnt sich, all dies zu wissen, bevor man „Das Herz der Schlange“ einschaltet. Der dritte Fall dreht sich nämlich fast ausschließlich um die Abrechnung zwischen Vater und Sohn. Nicht auf den ersten Blick: Eine wohlhabende Hausbesitzerin, die einen schlechten Geschmack bei der Innenrichtung durch einen stilvollen Fuhrpark ausgleicht, überrascht Einbrecher, schlägt einen von ihnen bewusstlos und bezahlt dafür mit dem Leben. Aber auf den zweiten: Bei einem Abendessen, das Hölzer den Kollegen von der Kripo spendiert, wird Schürk per SMS in das Haus seiner Eltern gelockt. Der Vater begrüßt ihn allein, erzählt vom Auszug der Mutter und seinem Krebs, im Wohnzimmer leuchtet ein Terrarium mit Schlange und Giftfrosch, und schon passieren Dinge, die sich weder der Kommissar noch seine Kollegen und erst recht nicht wir Zuschauer erklären können. Fest steht: Adam Schürk taucht unter. Er landet auf der Fahndungsliste der Polizei, weil er seinen Vater umgebracht haben soll.
Mit diesem und anderen Einfällen bleibt der Drehbuchautor, der auch hier Hendrik Hölzemann heißt, dem Charakter der ersten Episoden um Schürk und Hölzer treu – das heißt auch: er trägt zu dick auf. Sein Versuch, den neuen Ermittlern eine erinnerungswürdige, horizontal durch drei Folgen erzählte Hintergrundgeschichte zu verpassen, gelingt trotzdem. Die Regie von Luzie Loose, die für den Coming-of-Age-Film „Schwimmen“ 2018 mit dem Hofer Goldpreis bedacht wurde und seither vor allem für die Serie „Druck“ gearbeitet hat, setzt die Story ihres ersten Thrillers mit sicherem Gespür für Tempo- und Tonwechsel um. Zeitweise hat es wirklich den Anschein, als wolle der Saarbrücker Tatort auf Dauer nur einen und nicht zwei Helden haben.
Auch das Durcheinander um den Einbruch mit Todesfolge ist spannend. Zwar präsentiert der Film früh einen promovierten Strippenzieher (Michael Rotschopf), der auf eine Überwachungskamera im Haus der Toten zugreifen kann und nach dem Einbruch dafür sorgt, dass ein Scherge den schwer verletzten Täter in der Klinik besucht (ohne Blumen). Doch wer das ist und wie es mit dem Vater-Sohn-Showdown zusammenhängt, das muss Leo Hölzer, der durch die Abwesenheit Adam Schürks etwas neben sich steht, erst noch gemeinsam mit Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) ergründen. Als Zuschauer verfolgt man das mit Vergnügen – erleichtert darüber, dass das Saarbrücker Duo bereits jetzt so deutliche Konturen besitzt. Nur die Dialog-Lautstärke dürfte manchem Zuschauer zu schaffen machen: Das leise Genuschel in „Das Herz der Schlange“ ist selbst für die feinsten Ohren oft schwer zu verstehen.
Der Tatort: Das Herz der Schlange läuft am Sonntag, 20.15 Uhr, im Ersten.
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