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#Die Zweifel an Netanjahu wachsen

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Rund hundert Tage ist die sechste Regierung unter der Führung von Benjamin Netanjahu im Amt – und in Umfragen erlebt sie einen Absturz. Immer mehr Israelis meinen, die Regierung habe die Sicherheitslage nicht im Griff; in einer Umfrage, die „Kanal 13“ am Wochenende durchführen ließ, sagten das sechzig Prozent der Befragten. Ungewöhnlich und besorgniserregend für Netanjahu ist aber, dass auch seine persönlichen Zustimmungswerte leiden. Mehr als zwei Drittel der Befragten bewerteten seine Amtsführung als „schlecht“. Gegen die Oppositionspolitiker Jair Lapid und Benny Gantz zog Netanjahu im direkten Vergleich jeweils den Kürzeren. Der Aufschwung insbesondere des früheren Verteidigungsministers Gantz ist auffallend. Würde jetzt gewählt, wäre seine „Nationale Einheitspartei“ ausweislich der Umfrage die stärkste Kraft. Ein Indiz, dass viele sich Ruhe und einen Kurs der konservativen Mitte wünschen.

Christian Meier

Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

Umfragen sind Momentaufnahmen. Dieser Tage sind viele Israelis besorgt über die Fähigkeit des Landes zur Abschreckung. Dass militante Gruppen im Gazastreifen Raketen abfeuern, ist keine absolute Seltenheit; dass Israel aus Libanon oder wie am Samstag aus Syrien beschossen wird, hingegen schon. Die Armee reagierte mit Beschuss der sechs in Richtung der Golanhöhen abgefeuerten Raketen. Eine syrisch-palästinensische Gruppe namens „Al-Quds-Brigade“ reklamierte die Attacke für sich. Sie bezeichnete den Raketenbeschuss als Reaktion auf Israels „Aggressionen gegen die Al-Aqsa-Moschee“ in Jerusalem.

Dort bleibt die Situation angespannt. Aber es gab vorerst keine Eskalationen mehr wie noch in der vergangenen Woche. Die Polizei ließ es am Wochenende zu, dass Palästinenser in der Moschee übernachteten. Noch während sie sich dort verbarrikadierten, wurden tagsüber jüdische Besucher von einem Polizeiaufgebot auf das Plateau gebracht. Laut offiziellen Angaben hatten bis Montagvormittag mehr als 2200 Juden den Ort der früheren jüdischen Tempel besucht, fast sechzig Prozent mehr als während der Pessach-Tage im Vorjahr.

Lapid nennt Ben-Gvir „Tiktok-Clown“

Offen war am Montag noch, ob das Gelände wie üblich in den letzten zehn Tagen des Ramadans für Nichtmuslime gesperrt wird. Das wäre von Mittwoch an – dem letzten Pessach-Tag. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, der als religiöser Zionist selbst wiederholt das Al-Aqsa-Plateau besuchte, hat Medienberichten zufolge gegen eine Schließung am Mittwoch argumentiert. Ein Abweichen vom Usus wäre in den Augen vieler Muslime indessen eine Provokation.

Jair Lapid rief Netanjahu am Sonntagabend dazu auf, Ben-Gvir sämtliche Befugnisse hinsichtlich des Al-Aqsa-Plateaus zu entziehen. „Der Tempelberg während des Ramadans ist der brisanteste Ort auf der Welt“, sagte Lapid. „Er kann nicht von einem Tiktok-Clown verwaltet werden, der das Vertrauen der Polizei und der Truppe vor Ort verloren hat.“ Der Oppositionsführer hatte zuvor ein Sicherheitsbriefing von Netanjahu erhalten. Im Anschluss sagte er, er sei zu dem Treffen „besorgt gekommen und habe es noch besorgter verlassen“. Netanjahus Likud-Partei gab zurück, während Israel an drei Fronten kämpfe, suche Lapid die Situation politisch auszuschlachten.

Aber auch im Likud herrscht Unruhe. Die Justizreform, die von manchen in der Partei sowie von den rechten Koalitionspartnern verfochten wird, hat die politische Spaltung im Land vertieft und Zustimmung gekostet. Netanjahus Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant nach dessen Kritik an der Reform wurde gemeinhin als Fehler gewertet; aus diesem Grund wurde die Ankündigung auch nie förmlich vollzogen. Am Montagabend verkündete der Ministerpräsident in einer Pressekonferenz, dass Gallant im Amt bleiben dürfe. Bei einigen entstand zudem der Eindruck, Netanjahu habe die Zügel nicht in der Hand. Angesichts der Verschlechterung der Sicherheitslage sehen sie sich bestätigt.

Druck auf den Ministerpräsidenten kommt auch von den Partnern in der Koalition. Manche fordern ein aggressiveres Vorgehen, etwa Ben-Gvir. Er und sein ideologischer Partner, Finanzminister Bezalel Smotrich, hatten ihren Wählern versprochen, mit harter Hand gegen palästinensischen Terrorismus vorzugehen. Jeder Anschlag setzt sie nun unter Zugzwang. Am Freitagabend rammte ein palästinensischer Israeli in Tel Aviv acht Personen mit dem Auto. Ein 35 Jahre alter italienischer Tourist wurde getötet. Zuvor hatte es eine Schussattacke im Jordantal gegeben. Zwei 20 und 15 Jahre alte Schwestern starben sofort; ihre 48 Jahre alte Mutter erlag drei Tage später ihren Verletzungen. Die Täter waren bis Montag nicht gefasst.

Kritik rief hervor, dass ein Armeebataillon von der Suche nach den Tätern abgezogen wurde, um Tausende Siedler bei einem Marsch im nördlichen Westjordanland zu begleiten. Mehrere Minister, unter ihnen Ben-Gvir und Smotrich, sowie Abgeordnete nahmen an der Wanderung zu einem illegal errichteten „Außenposten“ teil, der 2021 geräumt wurde, und forderten dessen Wiederbesiedlung. Palästinensische Demonstranten wurden von Sicherheitskräften mit Tränengas beschossen. Ben-Gvir sagte, man marschiere „in die Zukunft“. Smot­rich versprach, zusätzlich zu den etwa 500.000 Siedlern im Westjordanland werde man „eine weitere halbe Million Juden bringen“.

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