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#Die Namensgeber in den Dreck gezogen

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Die wenigen Minuten, die Thomas Gutmann an diesem Abend zur Sache spricht, reichen. „Ich habe seit 2011 viel erlebt“, sagt der Grünen-Politiker und Ortsvorsteher im Frankfurter Westend, der seit zwölf Jahren im Ortsbeirat sitzt. „Aber alles, was wir rund um den Mitscherlichplatz erleben, da fragt man sich: Warum macht man das hier alles?“ In der Stadtregierung herrsche, wenn es um den Platz gehe, „eine derartige Ignoranz“ gegenüber dem Willen des Ortsbeirats, dass einem nicht mehr viel einfalle. „Ich halte es für einen neuen absoluten Tiefpunkt von dem, was wir in unserer Arbeit hier täglich erleben.“

Gutmanns Worten vorausgegangen waren die Ausführungen von Wolfgang Leuschner, der für die Initiative Mitscherlichplatz gesprochen hatte: „Wie konnte die Stadt das alles akzeptieren?“, hatte er gefragt und gesagt: „Hier wird zukünftig genau das mit Füßen getreten, wofür die Mitscherlichs standen und stehen und wofür sie hier geehrt werden sollten.“ Beendet hatte er seine Rede damit, dem Ortsbeirat für die gute Zusammenarbeit zu danken, ihn zu bitten, dem Mitscherlichplatz seinen Namen abzuerkennen und hierfür einen neuen Ort zu suchen. Die Kooperation mit der Stadt sei gescheitert.

Doch dann begann der Ärger

Wer den dreieckigen Mitscherlichplatz im Westend südlich des Unicampus besucht, der kann erahnen, weshalb Leuschner den Platz als „Schandfleck“ bezeichnet. Ein paar Schritte reichen, um das kleine Gelände abzulaufen. Hinter dem Kiosk stehen Baucontainer, der unfertige Doppelturm „160 Park View“ ragt knapp 100 Meter in die Höhe. Unter den Kastanienbäumen stehen Mülltonnen, auf dem Boden drum herum liegt Abfall. Weiter hinten ein Hundeverbotschild, ein Hundebesitzer lässt sein Tier direkt daneben sein Geschäft verrichten. Mitten auf dem Platz, vor dem leer stehenden Wasserhäuschen, parkt an diesem Nachmittag ein SUV aus Hamburg. Neben dem Kiosk liegen alte Aktenordner verstreut, an einer rot-weißen Bake lehnen Reifen. Eine Frau schaut sich am Rand des Platzes die Infotafeln an, die darüber informieren, dass dieser Ort dem Psychoanalytiker-Ehepaar Margarete und Alexander Mitscherlich gewidmet ist.

Infotafeln erinnern an die Mitscherlichs: Die Initiative hat auch dort ein Schild befestigt, mit der Bitte, dem Platz seinen Namen aberkennen zu lassen.


Infotafeln erinnern an die Mitscherlichs: Die Initiative hat auch dort ein Schild befestigt, mit der Bitte, dem Platz seinen Namen aberkennen zu lassen.
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Bild: Michael Braunschädel

Der Mitscherlichplatz trägt seinen Namen seit 2015, der Ortsbeirat und die Initiative wollten dort an die beiden Wissenschaftler erinnern, die viele Jahre im Westend gelebt und gearbeitet hatten und die Aufarbeitung der NS-Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich geprägt haben. Immer wieder waren Umgestaltungen des Platzes geplant, er sollte kulturell genutzt werden, ein öffentlicher Raum für Studenten und Anwohner.

Doch dann begann der Ärger. Der Platz hat sich seit der Übernahme des angrenzenden Baus durch den Projektentwickler RFR im Jahr 2016 laut Initiative wegen des Bauzauns und der Container halbiert. Er werde inzwischen als Lagerplatz missbraucht, moniert Initiative-Sprecher Leuschner. Hauptsächlich dreht sich der Streit um den Kiosk, der zurzeit wegen einer ausstehenden Abwasserkanalsanierung nicht genutzt wird. Das Grundstück, auf dem er steht, gehört der Stadt, den Kiosk selbst hat die Kommune vor einigen Jahren dem Investor verkauft, der das angrenzende Hotel baut. „Da hat die Stadt es auf die Spitze getrieben“, sagt Leuschner. Der Verkauf sei am Ortsbeirat und der Initiative vorbei beschlossen worden. Seine Sorge ist, dass der jetzige Eigentümer aus dem Kiosk keinen Begegnungsort, sondern eine schicke Bar macht.

Für die Nutzung des Teilgrundstückes, auf dem der Kiosk steht, hat die Stadt einen ursprünglich im März 2024 endenden Mietvertrag mit dem Kioskeigentümer geschlossen. Auf eine Anregung des Ortsbeirats im Juli 2021, diesen Vertrag nicht zu verlängern, den Kiosk zurückzukaufen und das Gebäude an „geeignete“ Bewerber zu verpachten, hat die Stadt mehr als zwei Jahre später noch nicht geantwortet. Aus Medienberichten weiß der Ortsbeirat inzwischen: Der Mietvertrag wurde verlängert, da der Hotelbetreiber angekündigt hat, die Sanierung des Abwasserkanals am Kiosk zu übernehmen. „Es gibt hier eindeutige Anträge des Ortsbeirats, und die Stadt verkauft sich selbst für 150.000 Euro für eine defekte Latrine“, klagt Gutmann.

Leuschner beunruhigen zudem Pläne, wonach eine sieben Meter breite Zufahrtsstraße zum Hotel über Teile des Platzes führen könnte. Nachfragen, was die Stadt zu den Vorwürfen sagt, weshalb sie dem Ortsbeirat bisher nicht geantwortet hat und was es mit den Plänen auf sich hat, ließ das städtische Baudezernat unbeantwortet. Es teilt lediglich mit, dass es sich für eine „attraktive Gestaltung des Mitscherlichplatzes unter besonderer Würdigung der Namensgeber des Platzes“ ausspreche und ein „gut funktionierender“ Kiosk als Treffpunkt dienen könne. Zu Fragen der Platzgestaltung verweist es an das Umwelt- und das Mobilitätsdezernat.

Neben dem leerstehende Kiosk auf dem Mitscherlichplatz liegt allerlei Müll.


Neben dem leerstehende Kiosk auf dem Mitscherlichplatz liegt allerlei Müll.
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Bild: Michael Braunschädel

Im Ortsbeirat werden an diesem Abend Vorschläge gemacht, welcher Platz künftig den Namen der Mitscherlichs tragen könnte. Axel Kaufmann von der CDU etwa hält den Spielplatz an der Ecke von Eppsteiner Straße und Wiesenau für geeignet. Leuschner bringt eine, wie er selbst sagt, „schwierige Idee“ ein: Ob nicht der Simon-Bolivar-Platz eine Ecke weiter den Namen mit dem Mitscherlichplatz tauschen könnte? Gutmann will die Vorschläge prüfen: „Wir nehmen uns zwei, drei Monate Zeit, und dann bringen wir das auf den Weg.“

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