Nachrichten

#Keine Vereinigten Staaten von Amerika: Das Land ist gespalten

Inhaltsverzeichnis

Keine Vereinigten Staaten von Amerika: Das Land ist gespalten

Es ist wohl kein Zufall, dass sich auch im Rückblick nicht mehr eindeutig bestimmen lässt, ob die Lawrences republikanisch oder demokratisch wählten. Die Familie, die in ihrem blassblau gestrichenen Holzhaus in der von Gärten gesäumten Holland Street in Pasadena den Inbegriff amerikanischer Mittelschicht verkörperte, war typisch für die späten siebziger Jahre – in deren Mischung aus dem Festhalten an traditionellen Werten bei gleichzeitig akutem Reformbedürfnis. Mike Nichols, Regisseur von Filmen wie „Reifeprüfung“ und „Silkwood“, war einer der Produzenten der Serie „Family“, die unter dem Titel „Eine amerikanische Familie“ Anfang der achtziger Jahre auch nach Deutschland kam und den Ehrgeiz hatte, ein zeitgenössisches Bild der traditionellen amerikanischen Familie zu entwerfen.

Sandra Kegel

Sandra Kegel

Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.

Da war vor allem Kate, die stets patente Mutter, die nicht berufstätig war, aber trotzdem den ganzen Tag am Telefon hing, um den Alltag für alle anderen Familienmitglieder zu organisieren, inklusive Doug, der sämtliche häuslichen Entscheidungen jenseits der Kanzlei blind an seine Frau delegierte. Für alle in der Familie hatte sie ein offenes Ohr, insbesondere für Buddy, ihre jüngste Tochter, die so hinreißend gespielt wurde von Kristy McNichol. Auf den ersten Augenschein hin würde Kate heute womöglich als eine jener typischen Vorstadtamerikanerinnen durchgehen, von denen dieser Tage wieder so viel die Rede ist mit ihren rot-republikanischen T-Shirts.

Heute kaum noch vorstellbar

Allein, im Laufe der Jahre wurde auch Kate ihres Housewife-Daseins überdrüssig, so dass sie noch einmal die Universität besuchte, und spätestens, als ihre älteste Tochter als alleinerziehende Mutter zurück ins Elternhaus zog, war in diesem Suburbia-Idyll die Vertreterin einer Generation präsent, die mit den tradierten Werten der Elterngeneration gebrochen hatte. Also doch eine demokratisch geprägte Familie?

Der „New Yorker“ ließ Künstler wie Shepard Fairey Sticker fürs Wahljahr entwerfen


Der „New Yorker“ ließ Künstler wie Shepard Fairey Sticker fürs Wahljahr entwerfen
:


Bild: New York Magazin/Shepard Fairey

Angesichts der gesellschaftlichen Bruchlinien im Amerika der Gegenwart ist eine fehlende Trennschärfe hinsichtlich der Wahlgewohnheiten wie bei den Lawrences heutzutage tatsächlich kaum noch vorstellbar. Republikaner und Demokraten stehen sich unversöhnlich gegenüber. Sie denken nicht nur anders, sie leben auch anders, sie haben sich in ihre jeweiligen Echokammern zurückgezogen, in denen selbst die Wahl von Restaurants, Autos, Fernsehsendungen und Sportarten nicht mehr zufällig ist, sondern vielmehr Ausweis dessen, wozu man gehört. War es für zwei Drittel der Amerikaner in den siebziger Jahren noch einerlei, mit wessen Partei der künftige Schwiegersohn sympathisierte, so kann dieser Tage eine Enterbung durchaus die Folge sein, sollte die politische Farbe nicht passen. Nach jüngsten Meinungsumfragen stimmen einundachtzig Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner der Aussage zu, dass ihr Heimatland geteilter sei als je zuvor. Neunundsiebzig Prozent meinen, schuld daran seien die Politiker. Und kaum jemand kann sich wirklich vorstellen, dass die Gesellschaft wieder zusammenfindet, auch wenn Joe Biden die Wahl gewinnen sollte.

Wie sich spätestens seit den neunziger Jahren mit ihren Kulturkriegen gegen Abtreibung und Homosexualität und dem Versuch der Republikaner, dem demokratischen Präsidenten wegen seiner Affäre mit einer Praktikantin des Amtes zu entheben, das politische Klima dramatisch verändert und verschärft hat, das beschreibt der Politikwissenschaftler Torben Lütjen in seiner luziden Studie „Amerika im Kalten Bürgerkrieg“, die aus den zahlreichen Publikationen, die anlässlich der anstehenden Präsidentenwahl erschienen sind, durch gedankliche Klarheit und Anschaulichkeit hervorsticht.

Auf Clinton folgte George W. Bush, auf diesen Obama, und stets glaubte man nach deren Abgang, dass die Spaltung nunmehr ihren Höhepunkt erreicht hätte. Die Hoffnung aber, die sich an Obamas Wahlsieg knüpfte, dass nunmehr eine Rückkehr zur konsensorientierten Normalität möglich wäre, sollte sich, wie Lütjen rekonstruiert, als Trugschluss erweisen. Denn während die einen tatsächlich glaubten, Versöhnung wäre nunmehr möglich, verstanden die anderen Obamas Aufruf, von nun an gebe es keine getrennten, sondern nur noch „Vereinigte Staaten von Amerika“, als „Kriegserklärung“.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!