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#Ein rätselhafter Angeklagter

Ein rätselhafter Angeklagter

Die meisten amerikanischen Strafverteidiger würden einem Angeklagten davon abraten, im eigenen Mordprozess auszusagen. Der fünfte Zusatzartikel der Verfassung garantiert das Recht, sich in einem Prozess nicht selbst zu belasten. Auch bleiben frühere Verbrechen durch das Schweigen oft verborgen. Für Robert Durst, einen der rätselhaftesten Angeklagten der jüngeren amerikanischen Rechtsgeschichte, scheinen die üblichen Warnungen jedoch keine Rolle zu spielen. Der 78 Jahre alte Sohn des verstorbenen New Yorker Immobilieninvestors Seymour Durst, der sich wegen der Ermordung seiner früheren Freundin Susan Berman vor einem kalifornischen Gericht verantworten muss, gibt sich vor Gericht redselig bis geschwätzig.

Als Durst am Mittwoch in seinem Rollstuhl in den Gerichtssaal in Inglewood bei Los Angeles geschoben wurde, ließ er die Geschworenen an früheren Rauschgiftexzessen, Gewaltausbrüchen und seiner Ehe mit Kathleen McCormack teilhaben. Die Medizinstudentin war Anfang 1982 unter bis heute ungeklärten Umständen verschwunden und später für tot erklärt worden. Laut Staatsanwaltschaft steht McCormacks Verschwinden in Verbindung mit dem Mord an Berman. Wie die Anklage im Eröffnungsplädoyer skizzierte, soll Durst seine ehemalige Kommilitonin Berman Ende 2000 in ihrem Haus am Benedict Canyon in Los Angeles durch einen Kopfschuss getötet haben. Die Journalistin und Tochter des ukrainisch-amerikanischen Mafioso David Berman hatte damals angeblich gedroht, der Staatsanwaltschaft Beweise zu überlassen, die Durst als Mörder seiner Ehefrau entlarvten.

„Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe“

Durst zeichnete dagegen das Bild einer glücklichen, wenn auch von Auseinandersetzungen überschatteten Ehe. Dass die Neunundzwanzigjährige vor ihrem Verschwinden einen Scheidungsanwalt mandatiert hatte, gab der Angeklagte am Mittwoch zu, habe ihn überrascht. Nach einigen gemeinsamen Tagen in einem Wochenendhaus bei New York habe er „Kathie“ am 31. Januar 1982 zum Zug gebracht. „Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe“, beteuerte er nun vor Gericht.

Im Jahr 2003 war Durst in Texas schon wegen des Mordes an seinem Nachbarn Morris Black angeklagt worden. Der New Yorker gab zu, den Seemann beim Streit um eine Pistole erschossen zu haben. Obwohl Durst schilderte, wie er Blacks Leichnam zerstückelte und im Golf von Mexiko versenkte, sprachen ihn die Geschworenen damals frei. Sein Verteidiger Dick DeGuerin hatte immer wieder auf das angebliche Asperger-Syndrom des Angeklagten verwiesen.

Dass der Milliardenerbe fast 40 Jahre nach McCormacks Verschwinden und mehr als 20 Jahre nach Bermans Ermordung nun wieder vor Gericht steht, verdankt er seinem Geltungsdrang. Nach der Premiere des Filmdramas „All Good Things“, dessen Handlung sich an Dursts Lebensgeschichte orientierte, suchte er 2010 selbst Kontakt zu Regisseur Andrew Jarecki. Als der Filmemacher einige Jahre später die Dokumentation „The Jinx – Der Unglücksbringer“ über die Mordvorwürfe drehte, erklärte sich Durst zu Interviews vor der Kamera bereit. Während der Dreharbeiten zu „The Jinx“ 2015 hatte er versehentlich ein Mikrofon, das er am Körper trug, angelassen und beim Gang zur Toilette die Sätze „Was zum Teufel ich getan habe? Sie alle umgebracht natürlich“ geflüstert.

Um weitere unbedachte Äußerungen seines Mandanten zu verhindern, drang Dursts Anwalt DeGuerin nach der Anklage vor sechs Jahren mit Blick auf dessen Gesundheit wiederholt auf eine Verschiebung des Mordprozesses. Der Achtundsiebzigjährige litt angeblich an Blasenkrebs und Harnwegsinfekten, wurde aber für prozessfähig erklärt. Über den Grund für Dursts Auskunftsfreude wird derweil heftig debattiert. Beobachter schließen nicht aus, dass sein Verteidiger auf die Empathie der Geschworenen für einen Angeklagten im Rollstuhl setzt. Andere vermuten, dass sich der Jurist auf das Talent seines Mandanten für blumige Erzählungen verlässt. Auch in der Causa Black hatte DeGuerin Durst 2003 in den Zeugenstand geholt – und die Jury davon überzeugt, den Angeklagten trotz des Blutbads an dem getöteten Seemann freizusprechen. Ob die Strategie ein weiteres Mal aufgeht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

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