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#Ein Wirken im Einerseits-Andererseits

Ein Wirken im Einerseits-Andererseits

Wer in den neunziger Jahren Betriebswirtschaftslehre studiert hat, durfte sich an ein paar Managern abarbeiten, die zu jener Zeit die Schlagzeilen beherrschten. Abarbeiten deshalb, weil sie zwar jeder kannte, ihre Methoden berüchtigt waren, sie zu Vorbildern aber nicht recht taugen wollten. Manche sagten damals, letztlich werde von ihnen immer nur der Stoff des ersten Semesters abgearbeitet: Knallhart sanieren, Personal abbauen, fusionieren, wieder Personal abbauen, im Zweifel danach mit hoher Abfindung zum nächsten Unternehmen ziehen. Karl-Josef „Kajo“ Neukirchen gehörte zu diesen Namen, Gerhard Cromme auch. Natürlich ist man den Menschen damit nicht gerecht geworden; in allen Fällen nicht, auch nicht bei Cromme und Neukirchen.

Carsten Knop

„Er war ein Mann mit zwei Gesichtern – sobald er die Pforte der von ihm geführten Unternehmen passierte, wurde sein Blick härter, konnte seine Chef-Miene Angst einflößend werden. Doch wenn es abends Richtung eigene vier Wände ging, legte er das Chef-Dasein ab, konnte er binnen weniger Minuten der entspannte und zugleich muntere Familienvater, Freund und witzige Plauderer sein“, erinnert sich sein enger Weggefährte, der Kommunikationsprofi Lutz Dreesbach, der ihn über Jahrzehnte hinweg begleitete und Neukirchen freundschaftlich verbunden war. So ist es wohl häufiger beim Blick auf diese „harten Sanierer“, die Wahrheit ist facettenreicher als das öffentliche Bild.

„Übernahme? Die werden mich noch kennenlernen!“

Aber es ist ja auch in weiten Teilen die eigene Entscheidung der Betroffenen, wie dieses öffentlich Bild aussehen soll. Erst recht, wenn man im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, hatte man früh Gelegenheit, sich ausführlich damit auseinanderzusetzen, wie diese Manager nach außen gesehen werden wollten: Denn Anfang der neunziger Jahre hatte Cromme in seiner damaligen Rolle als Chef von Krupp begonnen, Aktien des Dortmunder Stahlkonzerns Hoesch aufzukaufen.

Und dort war Neukirchen zu jener Zeit Vorstandsvorsitzender, als Nachfolger des an die Spitze der Treuhand gewechselten Detlef Karsten Rohwedder, der später einem Attentat von RAF-Terroristen zum Opfer fallen sollte. Was aus dieser Übernahme letztlich wurde, kann man in Dortmund bis heute besichtigen – und es zeigt, wie ambivalent man das Wirken dieser Manager beurteilen kann.

Harald Fiedler (links), DGB Vors. Frankfurt, und Kajo Neukirchen beim IHK-Neujahrsempfang der Frankfurter IHK am 18.01.2002


Harald Fiedler (links), DGB Vors. Frankfurt, und Kajo Neukirchen beim IHK-Neujahrsempfang der Frankfurter IHK am 18.01.2002
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Bild: Frank Röth

Vieles prallte von Neukirchen ab, manches fraß er in sich hinein. Nichts überstürzen, kommt Zeit, kommt Rat. So handelte Neukirchen auch nach dem Gespräch in den Räumen der Deutschen Bank in Düsseldorf, als ihm sein Hoesch-Aufsichtsratsvorsitzender und der damalige Chef der Deutschen Bank die Übernahme des Stahlherstellers durch die Krupp Stahl AG offenbarten.

An seinen Schreibtisch zurückgekehrt, genehmigte sich Neukirchen erst einmal eine Zigarre, mit der man ihn übrigens häufig antreffen konnte, ehe er sich mit einem Besucher aus seiner Heimatstadt Bonn zwei Stunden über die Vor- und Nachteile der damaligen Hauptstadt austauschte. Erst dann kam er zur Sache. „Übernahme? Die werden mich noch kennenlernen!“ Nur: Viel zu machen war da längst nicht mehr, Cromme hatte die Trümpfe längst in der Hand.

Neukirchen hat auch viele Karrieren ermöglicht

Man kann sich auf die Seite derer stellen, die sagen, dass hier erfolgreich Strukturwandel betrieben wurde, dass in Dortmund nun eine mittelständische, viel wettbewerbsfähigere Wirtschaft das Sagen hat. Und dass es gut ist, dass Stahl hier längst weitgehend Geschichte ist; weiter westlich im Ruhrgebiet sieht das ja noch ganz anders aus. Man kann aber auch argumentieren, dass trotz des von Neukirchen erarbeiteten Zukunftskonzepts mit dem klangvollen Namen „Hoesch 2000“ einige Phantasielosigkeit geherrscht hat und Neukirchen unter alldem nicht wirklich leiden musste.

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