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#Eine Frau im Gefecht

Eine Frau im Gefecht

In einer Stadt wie Düsseldorf, die eine technikaffine Elektro-Band wie Kraftwerk hervorgebracht hat, war es Mitte der siebziger Jahre für eine Studentin an der Kunstakademie vielleicht doch nicht so abwegig, den Computer zum Werkzeug des eigenen Schaffens zu erwählen. Isa Genzken war nach vorangegangenem Studium in Hamburg, Köln und Berlin 28 Jahre alt, als sie ein Jahr vor ihrem Abschluss in der Meisterklasse von Gerhard Richter mit einem Physiker der Universität Köln Programme zu schreiben begann. Nichts sollte bei der Herstellung ihrer sockellosen Holzskulpturen dem Zufall überlassen werden.

Der zeitliche Aufwand war enorm. Jedem Zentimeter der wohlgeformten Ellipsoide war eine mathematische Rechenleistung vorausgegangen, die ihr exakte Formstudien erlaubte. Genzken ließ die wahlweise an Speere, Kanus oder zu schmal geratene Surfbretter erinnernden, nur in einem einzigen Punkt auf dem Boden aufliegenden Objekte durch einen Modelltischler nachbauen. Erweitert um Hyperboloide, die mitunter durch kalkulierte Öffnungen einen Einblick in ihren weitverzweigten Bauch gewährten, fanden die Werkreihen bereits 1979 den Weg ins Museum.

Nichts war dem Zufall überlassen: Bodenskulptur von Isa Genzken


Nichts war dem Zufall überlassen: Bodenskulptur von Isa Genzken
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Bild: Neues Museum Nürnberg

Die frühe institutionelle Wahrnehmung im Haus Lange in Krefeld kam nicht von ungefähr. Bereits 1976 stellte Genzken als erste Frau solo bei Konrad Fischer aus, eine Galerie, die in Deutschland die amerikanische Concept und Minimal Art bekannt machte. Die Bodenskulpturen entstanden zwar in diesem Kontext, widersetzen sich aber in ihrer konstruktivistischen Farblichkeit und der flottierenden Narration der reinen Lehre des Minimalismus. Dazu passt, dass Genzken sie in Krefeld zusammen mit Werbeanzeigen zeigte und so mit der Appropriation-Serie „Hi-Fi“ für maximale Irritation sorgte. Angepriesen wurden auf den abfotografierten Motiven die neuesten Modelle von Plattenspielern und Stereoanlagen. Was manche damals noch als einen kulturkritischen Kommentar auf die Konsumindustrie deuteten, war affirmativ gemeint. Genzken war begeistert von der Modernität der Türme, die gerade massenhaft die Haushalte eroberten. Den gleichen Anspruch stellte sie an ihre Kunst. Sie sollte niemals auf der Stelle treten.

Genzken war begeistert von der Modernität der Türme, die massenhaft die Haushalte eroberten


Genzken war begeistert von der Modernität der Türme, die massenhaft die Haushalte eroberten
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Bild: Galerie Buchholz

Die Strategie ging bekanntlich auf. Alle zehn Jahre häutete sie sich fortan neu, um die Reduktion auf eine leicht erkennbare Marke zu verhindern. Ob Betonskulpturen, Architekturen aus Fundstücken oder gigantische Rosen im öffentlichen Raum, sie alle verbindet der Wille zum radikalen Wandel. Deshalb hat die Begegnung mit ihrem Frühwerk Züge der Unterweisung in einen Imperativ der Unberechenbarkeit. Rund ein Viertel der sechzig im Parterre des Museumsneubaus und in dem am Rhein gelegenen Museum Gegenwart gezeigten Werke waren noch nie ausgestellt. Der medial abwechslungsreiche Bogen der von Søren Grammel kompakt kuratierten Ausstellung, einer Kooperation mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, ist weit gespannt. Er reicht von dem frühen Film „Zwei Frauen im Gefecht“, in dem Genzken mit der Künstlerin Susan Grayson kollegial die Kleider tauscht, über digitalisierte Foto-Alben bis zu den acht Meter langen Computerausdrucken auf Endlospapier, die als Vorstufen der Ellipsoide dienten. Werke befreundeter Künstler wie Bruce Naumann oder Carl Andre gesellen sich dazu, um den diskursiven Horizont der siebziger Jahre zu markieren. Eine unerwartete Preziose auch das Künstlerbuch „Berlin 1973“, ein von Pappseiten flankierter Wälzer mit 78 Schwarzweißfotografien aus dem Westteil der Stadt, zwischen bröckelnden Altbaufassaden und dem brutalistischen Charme von Neubau-Solos.

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