#Energiewende in Großbritannien ist günstiger und effizienter als in Deutschland
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„Energiewende in Großbritannien ist günstiger und effizienter als in Deutschland“
Großbritannien, das Mutterland der Industriellen Revolution, verabschiedet sich von der Kohle – schneller als die meisten anderen großen Industrieländer. Die öffentliche Elektrizitätserzeugung, begonnen 1892 mit dem Holborn Viaduct in London, dem ersten Kohlekraftwerk der Welt, beruhte lange fast vollständig auf dem fossilen Rohstoff. Nun haben die Briten eine Vollbremsung gemacht. Der Anteil der Kohlekraftwerke, die vor zehn Jahren noch 40 Prozent des Stroms produzierten, ist auf 1,8 Prozent gefallen.
Das letzte Kohlekraftwerk soll 2024 für immer abgeschaltet werden, hat die Regierung Johnson nun beschlossen. Von den Industrieländern verzichten bislang nur kleinere wie Belgien, Schweden oder Österreich ganz auf Kohle. Frankreich erzeugt fast zwei Drittel seines Stroms mit Atomkraft und benötigt keine Kohlekraftwerke mehr; Deutschland wird laut dem Kohlekompromiss bis 2038 aussteigen. Andererseits bauen China, Indien und Indonesien Hunderte neue Kohlekraftwerke. Von einem generellen globalen Ausstieg aus der Kohle kann bislang keine Rede sein kann.
Viel Wind, viel Energie
In Großbritannien ist der Kohleausstieg nicht planwirtschaftlich, sondern durch Preissignale bewirkt worden. Die Regierung hat vor acht Jahren einen Aufschlag auf den EU-Emissionspreis eingeführt, der auf 18 Pfund (gut 20 Euro) stieg. Dadurch wurden Kohlekraftwerke unrentabel. Zum erheblichen Teil haben Gaskraftwerke, die viel weniger CO2 ausstoßen, die Stromproduktion übernommen; sie tragen mehr als ein Drittel zur Bedarfsdeckung bei.
Stark ausgebaut wurden die erneuerbaren Energien. 43 Prozent des Strombedarfs haben sie im vergangenen Jahr gedeckt. Vor allem Windräder (24 Prozent der Stromproduktion) sind ein starker Faktor mit riesigen Windparks in der Nordsee oder der Irischen See. An zweiter Stelle (12 Prozent) der Erneuerbaren liegt Biomasse. Solaranlagen spielen mit nur 4 Prozent eine eher kleine Rolle.
Die Briten haben den Ausbau der Erneuerbaren bemerkenswert gemeistert. Dabei wurden die staatlichen Subventionen weitgehend abgeschafft. Sie setzen mehr auf marktwirtschaftliche Verfahren, etwa mit Auktionen bei der Vergabe von Offshore-Windparks an den effizientesten und günstigsten Betreiber. Während die Deutschen für ihre Energiewende mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen hohen Preis zahlen (die EEG-Subvention kostet Verbraucher 26 Milliarden Euro im Jahr, der Strompreis ist mittlerweile der höchste der Welt), schafft Britannien es günstiger. Die Verbraucher zahlen nur halb so viele Subventionen, der Strompreis liegt im europäischen Mittelfeld.
Und noch ein Unterschied zwischen Deutschland und Großbritannien sticht ins Auge: Die britische Politik denkt gar nicht daran, aus der Kernkraft auszusteigen, sondern sieht sie als wichtigen Baustein für eine stabile und emissionsarme Stromversorgung. Dies ist zwischen den Konservativen und Labour Konsens. Die Grünen spielen auf der Insel nur eine marginale Rolle.
Keine ideologischen Scheuklappen
Kernkraftwerke decken aktuell etwas über 16 Prozent des Strombedarfs. Die 15 aktiven Atomreaktoren sind jedoch schon alt und werden – bis auf Sizewell B – in diesem Jahrzehnt vom Netz gehen. Mitte des Jahrzehnts fehlen damit einige Gigawatt Produktionskapazität. Erst danach wird Hinkley Point C die Lücke füllen. Allein dieses Großkraftwerk in der Grafschaft Somerset wird sieben Prozent des britischen Strombedarfs decken, die Kosten sind mit 22 bis 23 Milliarden Pfund aber ebenfalls gewaltig. In derselben Größenordnung liegt Sizewell C an der ostenglischen Küste, das im nächsten Jahrzehnt ans Netz gehen soll.
Die britische Energiepolitik ist technologieoffener als die deutsche. Es gibt keine ideologischen Scheuklappen. Die Regierung Johnson ist offen für den Bau von kleineren Nuklearreaktoren von Rolls Royce. Nahe Oxford wird von einer kanadischen Firma als Pilotprojekt ein Kernfusionsreaktor gebaut. 2025 soll der Demonstrationsreaktor laufen.
Großbritanniens CO2-Emissionen sind gegenüber 1990 schon um mehr als 40 Prozent gesunken – mehr als in Deutschland. Allerdings läuft auch die Regierung Johnson teilweise Gefahr, durch Überehrgeiz den Bogen zu überspannen. Schon 2030 dürfen keine Verbrennerautos mehr neu zugelassen werden, von 2035 auch keine Hybridfahrzeuge. Das wird ein teures Experiment. Vor dem UN-Klimagipfel COP26 in Glasgow will sich Großbritannien als Musterknabe präsentieren. Bei zu hohen Kosten dürfte die Akzeptanz in der Bevölkerung aber schwinden.
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