#Erster chimärer Affe geboren
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Aus embryonalen Stammzellen haben Forschende erstmals einen chimären Affen erzeugt, dessen Körper aus den Zellen von zwei genetisch unterschiedlichen Individuen bestand. Der chimäre Affe wurde lebend geboren und überlebte zehn Tage, bevor er wegen Atemproblemen eingeschläfert wurde. Bei weiteren Versuchen integrierten sich die hinzugefügten Stammzellen nicht in den Organismus oder die Schwangerschaft der Leihmutter endete mit einer Fehlgeburt. Zukünftig wollen die Forschenden das Verfahren verbessern, um weitere Einsichten in die Möglichkeiten der Gentechnik zu gewinnen und lebensfähige Chimären für die medizinische Forschung zu entwickeln.
Chimären sind Organismen, die aus genetisch unterschiedlichen Zellen bestehen – entweder von der gleichen Art oder von unterschiedlichen Arten. Bei Mäusen und Ratten ist es Forschenden bereits gelungen, chimäre Individuen zu erzeugen, bei denen eine befruchtete Eizelle mit pluripotenten Stammzellen eines Tieres der gleichen Art kombiniert wurde. Diese Versuche gelten als Beweis dafür, dass pluripotente Stammzellen in der Lage sind, sich zu den verschiedenen Geweben eines lebensfähigen Organismus zu entwickeln. In anderen Spezies sind Versuche zur Erzeugung von Chimären allerdings bislang fehlgeschlagen – unter anderem, weil es schwierig ist, die pluripotenten Stammzellen genau auf das Entwicklungsstadium des Wirtsembryos abzustimmen.
Grün fluoreszierende Stammzellen
Einem Team um Jing Cao von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai ist es nun erstmals gelungen, einen lebensfähigen chimären Affen zu erzeugen. „Dies ist ein lang ersehntes Ziel in diesem Bereich“, sagt Caos Kollege Zhen Liu. „Diese Forschung hat nicht nur Auswirkungen auf das Verständnis der naiven Pluripotenz bei anderen Primaten, einschließlich des Menschen, sondern auch auf die Gentechnik und den Artenschutz. Insbesondere könnte uns diese Arbeit dabei helfen, präzisere Affenmodelle für die Untersuchung neurologischer Krankheiten sowie für andere biomedizinische Studien zu entwickeln.“
Zur Erzeugung der Chimären entnahm das Team zunächst Stammzellen aus sieben Tage alten Blastozysten-Embryos von Langschwanzmakaken. Um später nachverfolgen zu können, inwieweit diese Zellen in einen neuen Organismus integriert werden, fügten die Forschenden ein Gen für ein grün fluoreszierendes Protein ein. Anschließend injizierten sie die Stammzellen in vier bis fünf Tage alte Langschwanzmakaken-Embryos im Morula-Stadium. In diesem Stadium beginnen die Zellen, die aus der befruchteten Eizelle entstanden sind, sich in eine innere und eine äußere Zellmasse zu differenzieren.
Niedrige Erfolgsquote
Die auf diese Weise erzeugten chimären Embryos kultivierten Cao und sein Team zunächst unter verschiedenen Bedingungen im Labor, wobei sie feststellten, dass sich die hinzugefügten Stammzellen abhängig von den äußeren Bedingungen unterschiedlich gut vermehren konnten. Andererseits sorgten Bedingungen, die günstig für die Vermehrung der Stammzellen waren, dafür, dass die Embryos häufiger bereits in einem frühen Entwicklungsstadium abstarben. Im Laufe mehrerer Versuche fanden die Forschenden eine Balance zwischen Vermehrung der injizierten Stammzellen und Überleben des frühen Embryos.
Mit diesem Verfahren erzeugte das Team 91 Blastozysten, von denen 74 grün fluoreszierten, also einen ausreichenden Anteil an transferierten Stammzellen aufwiesen. Diese chimären Blastozysten pflanzten die Forschenden 40 Makaken-Leihmüttern ein, von denen zwölf tatsächlich schwanger wurden. Nur in zwei Fällen entstand daraus allerdings ein chimärer Embryo. Einer davon wurde nach etwa der Hälfte der üblichen Tragzeit tot geboren, einer termingerecht und lebend. Bei fünf weiteren lebend geborenen Affen hatten sich die transferierten Stammzellen nicht weiter vermehrt. „Auffällig war die hohe Rate an Fehlgeburten bei unseren Chimären-Experimenten“, berichten die Forschenden. „Diese betraf auch Embryos, bei denen sich die injizierten Stammzellen nicht vermehrt haben. Womöglich hatte auch das Absterben dieser Stammzellen einen negativen Effekt auf den Embryo.“
Chimäre Zellen in allen Geweben
Bei dem lebend geborenen chimären Makaken hatten sich die grün markierten Stammzellen im ganzen Körper verbreitet. So wiesen seine Haut und seine Augen eine grünliche Färbung auf, und auch in inneren Organen wie Gehirn, Herz, Niere, Leber, Hoden und Magen-Darm-Trakt stellten die Forschenden fest, dass je nach Gewebe 21 bis 92 Prozent der Zellen auf die injizierten Stammzellen zurückgingen. „In dieser Studie haben wir den eindeutigen Beweis erbracht, dass naive pluripotente Stammzellen von Affen die Fähigkeit besitzen, sich in vivo in all die verschiedenen Gewebe zu differenzieren, aus denen ein Affenkörper besteht“, sagt Caos Kollege Miguel Esteban. „Diese Studie vertieft unser Verständnis des Entwicklungspotenzials pluripotenter Stammzellen bei Primaten.“
Der Gesundheitszustand des chimären Affen war allerdings schlecht. „Nachdem er zehn Tage überlebt hatte, fiel seine Körpertemperatur stark ab und er entwickelte ein Atemversagen“, berichten die Forschenden. „Deshalb wurde er von einem Tierarzt für eine detaillierte Analyse eingeschläfert.“ Weitere Untersuchungen enthüllten zwar keine klare Ursache, zeigten aber, dass die ursprünglichen und die injizierten Zellen unterschiedliche epigenetische Veränderungen bei der DNA-Methylierung aufwiesen. „Obwohl wir nicht den Schluss ziehen können, dass unterschiedliche DNA-Methylierungsniveaus die Ursache für die Fehlgeburten und den schlechten Gesundheitszustand der chimären Affen waren, ist dies eine reale Möglichkeit“, schreiben die Forschenden. n zukünftigen Arbeiten wollen sie genauer untersuchen, welche Mechanismen dem Überleben von Embryonen zugrunde liegen, um auf dieser Basis das Verfahren zu optimieren und die Effizienz der Chimärenerzeugung zu verbessern.
Quelle: Jing Cao (Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Shanghai, China) et al., Cell, doi: 10.1016/j.cell.2023.10.005
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